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Chinesische Firmenkäufe in Deutschland: Jetzt geht es erst so richtig los

Wir haben das Thema schon mehrfach in unseren Artikeln angesprochen. Die zunehmenden Aufkäufe deutscher Unternehmen durch Chinesen wären kein Problem, wenn erstens keine chinesischen Staatsfirmen...

FMW-Redaktion

Wir haben das Thema schon mehrfach in unseren Artikeln angesprochen. Die zunehmenden Aufkäufe deutscher Unternehmen durch Chinesen wären kein Problem, wenn erstens keine chinesischen Staatsfirmen kaufen würden, zweitens keine gesamtstaatliche Strategie dahinter stehen würde (gewollter Technologietransfer), und drittens wenn ausländische Unternehmen in China genau so einfach chinesische Firmen kaufen dürften (Gegenseitiger freier Marktzugang). Eine heute veröffentlichte umfassende Studie zu dem Thema durch die Unternehmensberatung Ernst & Young (E&Y) versucht die (eingebildeten?) Ängste von Technologie- und Arbeitsplatztransfer zu entkräften.

Die meisten chinesischen Käufer würden langfristige und strategische Ansätze verfolgen, so E&Y. Davon würden Käufer und Gekaufte gleichermaßen profitieren. Bei den in Deutschland bevorzugten Kaufzielen aus dem Bereich Hochtechnologie sei eine Verlagerung nach China sowieso unmöglich, weil es einen sehr hochwertigen Prozess gäbe bestehend aus Produktion, Management, IT und Logistik, den man nicht einfach so verlagern könne. Auch seien die Verlässlichkeit, die geringe Streikbereitschaft und das hohe Ausbildungsniveau der Arbeiter in Deutschland Hinderungsgründe für eine Verlagerung bzw. Pluspunkte für den Standort Deutschland. Diese Argumente, so sagen wir mal, sind logisch nachvollziehbar.

Aber hat man das selbe nicht auch in den 60er und 70er-Jahren gesagt, als die Werften in Europa de facto plattgemacht wurden? Für den Bau von Containerschiffen sind ja schließlich auch Fachkenntnisse notwendig! Heute stehen die Werften in Südkorea und zunehmend auch China. Südkorea war auch mal ein bettelarmes Land mit ungebildeten Arbeitern, und liegt heute 1:1 auf dem deutschen Niveau. Und gerade der große Plan der KP in Peking ist ja öffentlich bekannt, dass man in großem Umfang Spitzentechnologie aus dem Ausland nach China transferieren möchte, um weltweit technologisch führend zu werden. Von daher sind diese Beschwichtigungen zwar logisch nachvollziehbar, aber nur recht oberflächliche Argumente, die langfristig gegen eine Verlagerung von Know How und Arbeitsplätzen sprechen.

Die Chinesen würden hier zukaufen mangels Wachstumsperspektiven in China, so E&Y. Und das Wachstum der Zukäufe explodiert gerade zu. Wurden 2015 noch 39 deutsche Firmen durch Chinesen gekauft, waren es in den ersten 6 Monaten 2016 schon 37. Noch deutlicher ist das Wachstum aber am Gesamtvolumen der Transaktionen abzulesen. Kauften Chinesen im Gesamtjahr 2015 deutsche Firmen für einen Wert von 526 Millionen Euro (2014 waren es 2,5 Milliarden), so waren es im 1. Halbjahr 2016 bereits 10,8 Milliarden Euro. Gerade jetzt bieten sich gute Chancen für Industrieunternehmen aus China, weil viele angelsächsische Private Equity-Firmen, die vor Jahren deutsche Mittelständler aufgekauft hatten, jetzt gerne Kasse machen wollen – umso besser wenn man Chinesen findet, die nicht so genau auf den Euro gucken, und bereit sind saftige Aufschläge zu zahlen (siehe Kursaufschlag bei Kuka, wo selbst die Ankeraktionäre nicht Nein sagen konnten).

China 1
Grafik: E&Y

China 3
Grafik: E&Y

china 5
Grafik: E&Y

In der zweiten Grafik ist der große Balken bei Investitionen in der Schweiz darauf zurückzuführen, dass dort die große Syngenta-Übernahme im Wert von 40 Milliarden Euro bereits eingerechnet ist. Im dritten Chart sieht man: Noch sind die USA als größter Firmenaufkäufer in Deutschland aktiv. Die Chinesen holen aber gut auf. Und das soll erst der Anfang sein. So zitieren wir mal an dieser Stelle E&Y im Original, wo man es wohl gut zu wissen scheint:

„Das starke Interesse der Chinesen an Industrieunternehmen kommt vor allem Deutschland zugute. Anders als in anderen Ländern kam es hier nie zur Deindustrialisierung. Die deutsche Industrie ist heute stark und attraktiv wie nirgendwo sonst in Europa“, sagt Kron. Er rechnet damit, dass in diesem Jahr noch einige bekannte Unternehmen von chinesischen Firmen übernommen werden. „Deutschland verfügt über viele interessante Targets.“ Das Interesse richte sich nicht nur auf die Technologie- und Maschinenbauunternehmen, sondern inzwischen auch auf andere Bereiche: „Auch Kliniken, Altenheime, Pharma- oder Biotechnologieunternehmen sind zuletzt in den Fokus chinesischer Investoren geraten.“ „Wir haben zurzeit ein paar große Projekte in der Pipeline. Das heißt, dass wir noch in diesem Jahr einige bekannte Namen hören werden, die in chinesische Händen gehen werden.“ fügt Sun hinzu.



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