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IWF-Lagarde weist Golfstaaten auf ihr großes strukturelles Problem hin

FMW-Redaktion

Oft angesprochen wurde es schon von vielen Seiten. Heute aber spricht die alte und neue IWF-Chefin Christine Lagarde in Abu Dhabi vor einem Steuerforum, und hat ihren Redeinhalt schon vor ab veröffentlicht unter dem Titel „Revenue Mobilization and International Taxation: Key Ingredients of 21st-Century Economies“. Es geht ihr im Text ganz klar darum gerade den (noch) reichen Golfstaaten wie Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten ins Gewissen zu reden, dass sie endlich mal Steuern einführen sollen wie alle anderen Länder auf diesem Planeten auch (so unsere Schnellzusammenfassung in Klartext).

IWF Christine-Lagarde
IWF-Präsidentin Christine Lagarde. Foto: MEDEF / Wikipedia (CC BY-SA 2.0)

Durch den Ölpreisverfall von 2/3 in den letzten 1 1/2 Jahren wurden die Schwächen der Golfstaaten gnadenlos aufgedeckt. Das Haushaltsdefizit von Saudi-Arabien sprengt aktuell alle vorstellbaren Grenzen. Jetzt werden Ausgaben gekürzt wie Öl- und Stromsubventionen fürs Volk, und auch Anleiheschulden nimmt man auf – das ist kurzfristig einfacher als langfristig angelegte Gelder in Aktien o.ä. mal eben auf die Schnelle zu Cash zu machen. Aber dauerhaft, so macht es Lagarde heute auch klar, kommen die Golfstaaten nicht umhin überhaupt endlich mal Steuern einzuführen. Bevor sie zu ihren Vorschlägen kommt, nennt sie eine erschütternde Zahl für die MENA-Staaten (naher Osten und Nordafrika). Die ölexportierenden Länder dieser Region hätten in 2015 Haushaltseinbußen von 340 Milliarden US-Dollar durch den niedrigen Ölpreis erlitten, was 20% ihres addierten BIP entspreche.

„Not only have oil prices fallen by around two-thirds from their most recent peak, but supply and demand-side factors suggest that they are likely to stay low for an extended period. The size and likely persistence of this external shock means that all oil exporters will have to adjust by reducing spending and increasing revenue. Of course, the fiscal adjustment needs vary from country to country. For instance, thanks to their prudent polices, most members of the Gulf Cooperation Council (GCC) are now in a position where they can pace their adjustment over several years and thus limit the impact on growth.“

Wie könnten die Golfstaaten langfristig gegensteuern: Christine Lagarde schlägt vor, dass die Länder in der Region anfangen eine kleine Mehrwertsteuer einzuführen, und zwar alle auf einem ähnlichen oder gleichen Niveau. Ebenso solle man sein Augenmerk auf Gewinnsteuern für Unternehmen legen. Auch sollten diese Staaten anfangen Steuerbehörden aufzubauen, die dann in der Lage sein sollten Einkommensteuern für die Bürger dieser Länder einzuführen. Da mögen wir sagen: Oha, wie schrecklich, demnächst müssen dort sogar Steuern bezahlt werden? Zitat Lagarde:

• Start by putting in place a simple system that initially focuses on VAT—ideally, a harmonized regional VAT. Even at a low single-digit rate, such a tax could raise up to 2 percent of GDP.
• Add to this a greater emphasis on corporate income taxes, as well as property and excise taxes.
• And continue to invest in building tax administration capacity that could eventually allow for the introduction of personal income taxes.

In Kuwait hätte der IWF schon erfolgreich Unterstützungsarbeit geleistet bei vorbereitenden Studien für die Einführung von Steuern, so Lagarde. Kommt es nicht nur in Kuwait, sondern auch in den VAE, Saudi-Arabien und Co tatsächlich zu einer breiten Besteuerung wie im Rest der Welt, so entsteht in der Region ein Paradoxon. Dubai z.B. ist quasi schon pleite – kein Öl mehr, man hängt ab vom reichen Nachbarn Abu Dhabi. In Dubai logieren viele Firmen in Freihandelszonen, mit langen Steuerbefreiungen. Wenn Dubai und Co. wie auch immer Unternehmens, Verbrauchs- oder Einkommensteuern einführen, entfällt ja ihr großer Standortvorteil gegenüber USA, Europa und Asien. Also wo ist der Mittelweg? Erstmal ganz klein anfangen mit 1, 2 oder 3% Mehrwertsteuer? Und auch erstmal anfangen mit nur ein ganz klein wenig Unternehmenssteuern, damit es anfangs nicht so weh tut?



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2 Kommentare

  1. https://www.unzensuriert.at/content/0020026-Sabatina-James-im-ZDF-Zwangsverheiratete-Frau-las-Markus-Lanz-und-Ulrich-Kienzle-die
    a) Warum will man bei den islamischen Staaten keine Demokratie einführen? Da stimmt doch was nicht? Warum nur im Irak und Syrien? nur Steuern einführen?
    b) Pakistan und SaudiArabien ist viel schlimmer als das liberale Syrien oder die Ukraine. Dort könnte man doch mal einmarschieren und Menschenrechte reinbomben.
    https://www.unzensuriert.at/content/0020026-Sabatina-James-im-ZDF-Zwangsverheiratete-Frau-las-Markus-Lanz-und-Ulrich-Kienzle-die

  2. Das Reinbomben ist natürlich nur ironisch gemeint. Gegenüber diesen teuflischen „Menschheitsbeglückern“.

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