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KI und Big Tech kaschieren die Risse im Aktienmarkt Aktienmärkte: Beunruhigendes Aktiensignal für das US-Wachstum

Die Rally der US-Aktienmärkte in diesem Jahr ist beeindruckend, zumindest, wenn man auf den Technologiesektor schaut. Der Tech-Index Nasdaq 100 liegt nach der jüngsten Konsolidierung immer noch 38% im Plus, während der technologielastige und breit gefasste S&P 500 seit Jahresbeginn ein Zuwachs von rund 15% verzeichnet hat. Small Cap-Aktien des Russell 2000 Index sind hingegen nur um 4% gestiegen. Angetrieben werden die Tech-Indizes durch ein paar vermeintliche Profiteure des KI-Booms, den Magnificent Seven. Nvidia, Microsoft, Tesla, Amazon, Alphabet, Apple und Meta sind die Hauptdarsteller der diesjährigen Rally an den Aktienmärkten. Doch hinter den Kulissen zeichnen sich beunruhigende Signale ab – sowohl für die Aktienmärkte als auch für das US-Wachstum.

Aktienmärkte: Risse unter der Oberfläche

Wie Bloomberg berichtet, verbirgt sich hinter dem Überschwang für alles, was mit künstlicher Intelligenz (KI) zu tun hat, eine Börsenkulisse, in der das Vertrauen in das amerikanische Wachstum weit weniger robust ist, als es oberflächlich scheint.

Das zeigt sich unter anderem in der schwachen Performance von Banken und Industrieunternehmen, die im Jahr 2023 kaum noch Gewinne erzielen, während sich die Kurse von Big Tech-Unternehmen wie Tesla und Nvidia verdoppeln und verdreifachen. Der Pessimismus, der unter der Oberfläche herrscht, zeigt sich in den Versionen der großen Benchmarks, die den Einfluss der Megacaps reduzieren. Zum Beispiel ist der S&P 500 Equal Weight Index, in dem alle Aktien gleichgewichtet sind, in diesem Jahr bisher nur um  magere 4 % gestiegen.

Enttäuschend ist auch die Entwicklung der Small Cap-Aktien, deren Charts besorgniserregende Signale zeigen, die in den letzten zwei Jahrzehnten kaum zu beobachten waren. Der Russell 2000 hinkt den Technologie-Inidzes Nasdaq und S&P 500 deutlich hinterher und befindet sich auf dem Weg zu seiner zweitschlechtesten jährlichen Underperformance seit 1998.

Marktbreite fehlt

Während der diesjährige kopflastige Aktienanstieg in der Regel als Ausdruck der alles verzehrenden Stärke des Technologiesektors interpretiert wird, gibt es auch eine andere, weniger zuversichtliche Interpretation. Abgesehen von einer kleinen Gruppe von KI-Gewinnern zeigen große Teile des Marktes nach wie vor nicht die Überzeugung, dass es mit der amerikanischen Wirtschaft bergauf geht.

„Es gibt immer noch Risse unter der Oberfläche des Marktes – von Finanzwerten bis hin zu einer breiteren Underperformance bei Small Caps, man sieht nicht die nötige Marktbreite“, sagte Matt Miskin, Co-Chefanlagestratege bei John Hancock Investment Management. „Ehrlich gesagt, sieht es eher nach einem Durcheinander innerhalb des Marktes aus, bei dem die Spitzenreiter am besten abschneiden und unter der Haube eine relative Schwäche herrscht.“

Schwäche der Small Cap-Aktien ist ein Warnsignal

Aktienmärkte: Small Cap-Aktien hinken den Big Tech-Werten hinterher
Aktienmärkte: Underperformance der Small Cap-Aktien

All dies erinnert an die unterdurchschnittliche Performance von Small Cap-Aktien des Russell 2000 Index im Jahr 2021, widerspricht aber den Erwartungen vieler Analysten: Historisch gesehen haben die Small Cap-Aktien in Zeiten des Aufschwungs die Nase vorn, während sie in Zeiten des Stresses abgaben. Doch in diesem Jahr fallen sie deutlich hinter den großen Big Tech-Werten zurück. Da die kleinen Unternehmen den größten Teil ihres Umsatzes in den USA erzielen, suchen die Anleger in ihnen nach Hinweisen auf die Gesundheit der Wirtschaft. Auch wenn die Prognostiker diesmal zuversichtlich sind, dass die US-Notenbank Fed eine weiche Landung hinlegen wird, sind die Marktteilnehmer alles andere als einträchtig dieser Meinung.

Der S&P 500 verlor in dieser Woche 0,2 %, während der Nasdaq 100 um 0,5 % nachgab. Der Russell 2000 verlor unterdessen 0,2 %.

Viele kleinere Unternehmen haben nicht am diesjährigen Aufwärtstrend teilgenommen, während der breitere Markt, der von den Tech-Giganten gestützt wird, sich erholt hat. Liz Ann Sonders von Charles Schwab weist darauf hin, dass seit dem Oktobertief des S&P 500 elf Monate vergangen sind und nur etwa 40% der Russell 2000-Mitglieder über ihrem gleitenden 200-Tage-Durchschnitt notieren. Im Vergleich dazu hätten im gleichen Zeitraum, als der Markt seinen Tiefpunkt im Jahr 2020 hinter sich gelassen habe, mehr als 90 % diese Schwelle überschritten, sagte sie. Die Diskrepanz ist also riesig.

Small Cap Aktien fallen hinter den Tech-Werten aus dem S&P 500 zurück
Russell 2000: Nur 40% der Aktien notieren über dem 200-Tage-Durchschnitt

US-Wachstum: Konjunktur relativ robust

Während viele Wirtschaftsindikatoren positiv ausfielen, stieg die Inflation im August schneller an als erwartet. Von Bloomberg News befragte Ökonomen gehen davon aus, dass die Fed in diesem Jahr noch eine weitere Zinserhöhung vornehmen könnten, und die Zinssätze dann länger als bisher erwartet auf dem hohen Niveau belässt.

Gleichzeitig überdenken einige Prognostiker ihre Wirtschaftsprognosen – und sogar ihre Rezessionsprognosen – nachdem eine Reihe von Berichten, die über den Erwartungen lagen, von den Verbraucherausgaben bis hin zu den Wohnungsbauinvestitionen, in den letzten Monaten eine neue Dynamik zeigten.

So senkte Goldman Sachs seine 12-Monats-Rezessionswahrscheinlichkeit um 5 Prozentpunkte auf 15 %. Das GDPNow-Modell der Fed Bank of Atlanta – eine Echtzeit-Zusammenstellung von Wirtschaftsberichten, die sich mit der Veröffentlichung von Daten weiterentwickelt – hat sich dagegen leicht abgeschwächt. Laut dem Indikator dürfte das US-Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal um 4,94 % wachsen. In der Vorwoche war man indessen von 5,57 % ausgegangen.

„Die Aktienmärkte wittern und spekulieren auf etwas in der Zukunft, was uns die Daten im Moment nicht zeigen. Denken Sie daran, dass die meisten Daten, wie die Einzelhandelsumsätze, rückwärtsgerichtet sind. Die Aktienmärkte sind dagegen zukunftsorientiert“, sagte Matt Maley, Chefmarktstratege bei Miller Tabak. „Angesichts von Zinssätzen, die sich auf einem 15-Jahres-Hoch befinden, und des Auslaufens der Studienkreditvergabe in ein paar Wochen sieht es so aus, als ob die Verbraucher nicht mehr den Rückenwind haben werden, den sie den größten Teil dieses Jahres hatten.

Umschwung an den Aktienmärkten?

Bei der Bank of America raten die Strategen um Michael Hartnett defensiv ausgerichteten Kunden, Vermögenswerte wie Regionalbanken und Small Caps zu kaufen, da diese Aktien im Gegensatz zu den Big Tech-Werten bereits einen Rückgang des Wirtschaftswachstums eingepreist haben. Sie sehen einen Umschwung kommen an den Aktienmärkten – raus aus Big Tech und rein in Value und Small Caps.

Anleger sollten in Anlagen investiert sein, die eine „harte Landung“ eingepreist haben, da sie im Falle einer Rezession weniger zu verlieren haben und, falls es keine Rezession gibt, ein großes Aufwärtspotenzial haben“, schrieb er in einer Mitteilung.

FMW/Bloomberg

Aktienmärkte: Beunruhigendes Aktiensignal für das US-Wachstum
Ein Händler an der New York Stock Exchange (NYSE). Foto: Bloomberg


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