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Aktienmärkte: Coronavirus, Konjunktur, Notenbanken

Durch die fortschreitende Isolation Chinas haben wir derzeit ein Korrekturpotenzial der Aktienmärkte von circa 10 Prozent plus x

Obwohl die Abschläge der Aktienmärkte am Freitag aufgrund der Sorgen um das Corinavirus schon heftig ausfielen, waren es bisher noch vergleichsweise geringe Rückschläge. Dax und Dow stehen nur wenige Prozent unter ihren Januarhöchstständen, eine Korrektur im üblichen Auf- und Ab der Kurse. Kommt in dieser Woche der große Abschwung?

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Wie hoch ist das Korrekturpotenzial der Aktienmärkte?

Alles bis zu einem Minus von zehn Prozent wäre eine Normalkorrektur, die wohl auch ohne Coronavirus gekommen wäre angesichts der Extremwerte, die schon für längere Zeit bestanden haben. Da wäre der Fear&Greed-Index zu nennen, der schon vor vier Wochen bei 93 Punkten stand und wochenlang nach Abkühlung schrie (derzeit 44, neutral, keine Panik). Dann die Überinvestition der Fonds, das extreme Put/Call-Ratio, demzufolge die Anleger ohne Absicherung auf steigende Kurse gesetzt haben und der dauerhaft niedrige Volatilitätsindex VIX, der auf extreme Sorglosigkeit hindeutete.

Damit gab es gewaltige Analogien zu der Situation der Aktienmärkte Ende 2017/Anfang 2018 – auch beim Dax, wo die Sentimentfaktoren den Rückschlag von 13599 Punkten auf 11787 Punkte (23. Januar bis 26. März) angekündigt hatten. Nur ist in diesem Jahr etwas hinzugekommen, welches in seinen Folgen kaum abschätzbar ist – die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt das Unheil „2019-nCoV“.

Wie sind die ersten wirtschaftlichen Auswirkungen zu taxieren?

Die Quelle des Virus ist zweifelsohne die 11 Millionen-Metropole Wuhan, eine genetische Analyse der Virusdaten der ersten Erkrankten hat gezeigt, dass diese alle auf einem dortigen Seafood-Markt gewesen sind. Diese Region wird es auch am stärksten treffen, mit ihrem Zentrum, dem Sitz des zweitgrößten chinesischen Automobilherstellers und vielen Zulieferern für diese Industrie. In der Region Hubei, die für 500 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung steht, wird es durch den Stillstand des öffentlichen Lebens, natürlich auch für Konsum, Handel und Tourismus und den Flugverkehr die größten Wirtschaftseinbußen geben.

Apropos Automobilindustrie: China ist die wichtigste Absatzregion für deutsche Hersteller. Gemäß einer ersten Analyse des Center Automotive Research (CAR) werden rund ein Drittel der 15,9 Millionen deutscher Kfz in China verkauft und circa 4,7 Millionen Fahrzeuge auch dort produziert. Dieser Umsatz entspricht in etwa 150 Milliarden Euro jährlich und 600 Millionen Euro pro Tag, so die Studie aus Duisburg. Damit wird auch absehbar, dass es ab einer gewissen Zeit der Werkstilllegungen in China sehr wohl Auswirkungen auf Deutschlands Schlüsselindustrie geben wird.

Der Automobilsektor ist mit 10 Prozent in Deutschland auch schon am stärksten gefallen, Die Aktienmärkte preisen wieder einmal blitzschnell ein.

Insgesamt wird deutlich, dass es neben der medizinischen Komponente des Coronavirus vor allem um die Dauer der Maßnahmen (Quarantäne, Werksstillstände, Flugverbote u.ä.) geht, die die AAktienmärkte nicht seriös im Voraus eingepreisen werden können.

Wie stark wird das BIP Chinas im ersten Quartal betroffen sein und damit auch im ganzen Jahr 2020? Nur ein Rückgang des chinesischen BIPs von einem Prozent, wie beim Sarsvirus 2003? Wohl kaum, regierungsunabhängige Ökonomen sprechen schon von einem Rückgang des Wachstums im ersten Quartal von zwei bis drei Prozent – und damit auf eine mickrige WACHSTUMS-Rate, die man schon Jahrzehnte nicht mehr gesehen hat. Die chinesische Regierung wird aber mit allerlei Maßnahmen versuchen, das Jahreswachstum nicht zu stark unter sechs Prozent fallen zu lassen, im Jahr vor dem 100. Geburtstag der kommunistischen Partei Chinas.

Wirtschaftliche Gewinner gibt es in dieser Situation auch. Hersteller von Atemmasken, Impfstofffirmen und Pharmatitel, die aber in Summa zu den Abschlägen nicht ins Gewicht fallen.

Was sind stützende Faktoren für die Aktienmärkte?

Da sind natürlich die Notenbanken zu nennen, allen voran die Federal Reserve mit ihrem berühmten Fed-Put (siehe dazu den Artikel „Aktienmärkte: Der Lackmustest für den Fed-Put“).

Der von Donald Trump ausgeübte Druck auf „Jay“ Powell wird riesig sein, sollte es nach dem 500-Punkte-Rutsch im Dow Jones die Aktienmärkte am Montag weiter nach unten gehen. Zuerst ein rückläufiges Wirtschaftswachstum und dann der Rutsch seines Dow Jones, den er lieber bei 40.000 Punkten sähe.

Dies dürfte aber nicht so schnell gehen wie bei der chinesischen Notenbank People ˋs Bank of China, die auf die extreme Situation in China reagierte. Die Leitzinsen im Reich der Mitte stehen seit November 2019 auf 4,15 Prozent, haben also noch deutlich Luft nach unten. Gibt es da in nächster Zeit die große Liquiditätskeule? Als ich diese Zeilen verfasst hatte, kam die Meldung, dass Chinas Zentralbank die Wirtschaft mit Milliardensummen stützen wolle. Mit 156 Milliarden Euro nach Öffnung der Kapitalmärkte, nach dem Ende des Neujahrsfestes. Die größte Geldspritze seit 15 Jahren und man höre und staune, es soll sich um umgekehrte Repo-Geschäfte handeln. Allerdings werden dabei hauptsächlich kurzlaufende Anleihen ersetzt, die in dieser Woche auslaufen.

Aber gleichzeitig sind weitere Maßnahmen angekündigt worden, zur Stützung der Kreditmärkte.

Die neuesten Meldungen zur Ausbreitung des Virus

Täglich steigen die Zahlen der Infizierten der betroffenen Länder und die der Todesopfer deutlich an. Nach offiziellen Angaben kamen in den letzten 24 Stunden über 2100 Neuerkrankte hinzu, auf über 17400 Fälle und auf 362 Menschen gestiegene Todesfälle. Es gab bisher einen Fall eines an den Folgen des Virus Verstorbenen außerhalb Chinas (Philippinen), jedoch handelt es sich dabei auch um einen chinesischen Staatsbürger, der eingereist war. Die Zahl der betroffenen Staaten ist auf 28 angestiegen, mit über 180 Erkrankungen.

Bei der Lungenkrankheit, die erst am 31. Dezember offiziell bestätigt wurde, gibt es aber auch schon hunderte Fälle von Infizierten, die als geheilt entlassen werden konnten. Das Interesse der Menschen weltweit ist riesengroß, in der Zeit von Facebook und Twitter, mit allerlei Auswüchsen. Die WHO sprach schon von einer weltweiten „Infodemie“, auch werden chinesische Bürger bereits diskriminiert z.B. in Läden, an denen Schilder hängen wie „Für Chinesen, Betreten verboten“!

Fazit

In manchen Artikeln der letzten Wochen, wurde von mir wiederholt auf das Korrekturpotenzial der Aktienmärkte und damit auf das der Indizes hingewiesen. Verbunden mit dem Hinweis, dass 2020 ein Jahr der Volatilität werden könnte. Jetzt ist aber ein „Schwarzer Schwan“ entstanden, den die Aktienmärkte nicht vorhersehen und einpreisen konnten.

Eine Epidemie in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt mit zunehmender Isolation Chinas, wie soll das quantifiziert werden? Deshalb haben wir derzeit ein Korrekturpotenzial der Aktienmärkte von bestimmt 10 Prozent plus x, mit einer Variablen, die noch nicht kalkulierbar ist. Deshalb rechnen tausende Analysten und Anleger von früh bis spät, beobachten die einlaufenden Daten – und sie werden die Kurs-Ziele in raschester Zeit nach unten setzen (zusammen mit den zittrigen Händen, die in Panik geraten – oder in die Verlegenheit eines Margin Calls kommen). Oder auch nach oben hieven, sollten positive Meldungen, gepaart mit konzertierten Aktionen der Notenbanken für Entspannung sorgen..

Eines ist sicher: Die Aktienmärkte werden hyperschnell auf eine Verschlechterung der Wirtschaftssituation reagieren und diese weit vor den offiziellen Zahlen eingepreist haben. So wie es bei jeder Rezession war, an die ich mich erinnern kann (und das sind schon einige..). Wie bereits schon des Öfteren festgestellt: Erst kommt der Crash, dann die (offizielle) Rezession – warum sollte es dieses Mal anders sein?

Aktuelle Informationen zum Börsenstart in China:

Montag nachts kam es bei der Eröffnung der chinesischen Kapitalmärkte zu den größten Abschlägen seit 2015. Ein Absturz beim Shanghai-Composite und beim Shenzhen-Index um die neun Prozent. Bei vielen Titeln kam es zu Rückschlägen bis an das tolerierte Limit von 10 Prozent.

Wobei sich jetzt die spannende Frage stellt: Werden die Börsen in Europa und Amerika heute auch von dieser Panik infiziert werden?

die Aktienmärkte hoffen auf die Hilfe der Fed und von Donald Trump



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