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Aktienmärkte: Ein goldenes Jahrzehnt endet

Die 2010-er Jahre waren die Jahre der Aktienmärkte. „Intellektuell war das alles schwer zu erfassen"..

Jetzt ist sie wieder gekommen, die Zeit der Jahresrückblicke, ganz besonders für die Aktienmärkte. Aber nicht nur das, wir befinden uns auch an der Schwelle des Übergangs in ein neues Jahrzehnt. Deshalb ist es nicht verkehrt, auch einen Rückblick auf die letzten 10 Jahre der Aktienmärkte zu werfen. Denn dieser offenbart Erstaunliches, ganz zum Unwohlsein von Aktienpessimisten.

2010 bis 2019: Das Jahrzehnt der Aktienmärkte

Die 2010-er Jahre waren die Jahre der Aktienmärkte. Mit keiner großen Anlageklasse konnte man sein Vermögen so vermehren. Hierzu eine kleine Übersicht auf Euro-Basis – die Gewinner (Stand Wochenende):

  • Jamaika plus 496 Prozent
  • Neuseeland plus 402 Prozent
  • USA (S&P 500) plus 360 Prozent
  • Thailand plus 331 Prozent
  • Dänemark plus 314 Prozent
  • MSCI World plus 237 Prozent und ziemlich weit unten
  • Deutschland (Dax) plus 122 Prozent

Nicht nur der Dax hat mit seiner Entwicklung von 5957 Punkten (Silvester 2009) auf 13249 Punkte (gestriger Schlusstand) eine im internationalen Vergleich relativ schwache Performance hingelegt. Auch andere europäische Aktienmärkte haben sich deutlich schwächer entwickelt als der große MSCI World oder auch zahlreiche Emerging Markets.

Entwicklung 2010 bis 2019:

  • Frankreich CAC 40 von 3952 – 5982 Punkte
  • Italien MIB von 23248 – 23506 Punkte
  • Spanien IBEX von 11940 – 9262 Punkte
  • Großbritannien FTSE 100 von 5397 – 7587 Punkte

Es scheint so, als ob Europa der Börsenverlierer des letzten Jahrzehnts gewesen ist. Der Kampf der EZB um den Euro und die Stabilität der Eurozone hat anscheinend kurstechnisch seine Spuren hinterlassen. Deshalb auch die vielen Empfehlungen von Analysten für Europa als kommende Anlageregion (auch Bank of America Merril Lynch). Ganz im Gegensatz zu den Projektionen von Dr. Krall und Marc Friedrich.

Die Verlierer:

  • Zypern minus 95 Prozent
  • Ukraine minus 67 Prozent
  • Griechenland minus 49 Prozent
  • Spanien minus 22 Prozent
  • Türkei minus 8 Prozent
  • Brasilien minus 7 Prozent
  • Portugal minus 6 Prozent und kaum zu glauben, das reiche
  • Luxemburg plus/minus 0 Prozent

Die anderen Anlageklassen

Durch die Dominanz der US-Werte im MSCI World mit über 60 Prozent, hatte auch ein sehr breit gestreutes weltweites Aktienportfolio eine unglaubliche Performance. Hier der Vergleich zu einigen anderen Assets:

  • MSCI World plus 237 Prozent
  • Gold plus 76 Prozent
  • Immobilien Deutschland plus 71 Prozent, in Städten wie München, Stuttgart deutlich höher
  • Internationale Anleihen plus 64 Prozent
  • Deutsche Staatsanleihen plus 32 Prozent
  • Sparbuch/Festgeld plus 13 Prozent (vor Inflation!)
  • Rohstoffe minus 25 Prozent

Die Entwicklung der Rohstoffwerte könnte darauf hinweisen. welches Investment in den nächsten Jahren erfolgreich sein könnte.

Dax-Werte mit unglaublicher Spreizung

Auch wenn man mit einem ETF auf den Dax in der letzten Dekade nicht mit anderen Indizes mithalten konnte, so zeigt die 10-Jahresentwicklung einiger Dax-Werte doch, was man mit Einzelwerten hätte gewinnen, aber auch verlieren können (Stand 27.12.2019).

Die Gewinner, bei Miteinberechnung der Dividenden, Prozentzahlen abgerundet:

  • Wirecard plus 1051 Prozent
  • Adidas plus 802 Prozent
  • MTU Aero Engines plus 707 Prozent
  • Infineon plus 501 Prozent
  • SAP plus 326 Prozent
  • Allianz plus 297 Prozent
  • Münchener Rück plus 294 Prozent
  • Fresenius plus 286 Prozent
  • Merck plus 274 Prozent,
  • selbst eine durch die Automobilkrise gebeutelte Firma wie Continental kam noch auf plus 273 Prozent

Die Verlierer

  • Deutsche Bank minus 78 Prozent
  • E.on minus 38 Prozent
  • RWE minus 37 Prozent
  • HeidelCement plus 53 Prozent
  • Bayer plus 75 Prozent
  • Deutsche Lufthansa plus 75 Prozent
  • Daimler plus 101 Prozent

Man musste als Langfristanleger schon ein unglückliches Händchen gehabt haben, um in der letzten Dekade Verluste mit Aktien einzufahren. Die viel beschriebene Deutsche Bank steht als großer Verlierer da, hatte aber im letzten Geschäftsbericht immer noch 700 Beschäftigte auf dem Gehaltszettel stehen, die über eine Million Jahresgehalt bezogen. Schon heftig bei dieser 10-Jahresbilanz.

Die Schlussfolgerung aus der Entwicklung der Aktienmärkte

Betrachtet man die Entwicklung der Aktienmärkte auf Welt-Basis, so kann man feststellen, dass kaum ein aktiver Fondsmanager mit deren Performance mithalten konnte. Keiner sah diese Entwicklung voraus – ganz im Gegenteil, bereits 2013 tauchten die ersten Crash-Bücher auf. Obwohl es im vergangenen Jahrzehnt jede Menge an Ereignissen gab, die zu einem richtigen Crash hätte führen können oder müssen: Euro-Krise, Griechenland, Krim-Annexion, Brexit-Votum, US-Wahlen, Kriegsdrohungen mit Nord-Korea und einiges mehr. Sehr viel Markt-Timing hat zu verlustreichen Konsequenzen geführt. Nicht der schlaue intellektuelle Analyst, nein, der Markt hatte recht.

Hauptschuld an dieser Entwicklung der Aktienmärkte hatten natürlich die Notenbanken weltweit, aber an erster Stelle die Federal Reserve stehend. Dieser intervenierten in einer bisher noch nicht gesehenen Art und Weise an den Rentenmärkten und sorgten hiermit auch für die Alternativlosigkeit der Aktienmärkte (TINA). Die größten Zentralbanken haben seit der Finanzkrise acht Billionen Dollar in die Märkte gepumpt und dafür gesorgt, dass Aktien, Immobilien und auch Anleihekurse immer weiter stiegen. In Deutschland ist seit einiger Zeit gar kein Vergleich zwischen den KGVs von Aktien und Anleihen mehr möglich (10-jährige Bund dauerhaft im Minusbereich).

Dass diese Manipulation der Notenbanken nicht ewig so weiter gehen kann, ist jedem Ökonomen klar. Der Zinsanstieg (am Kapitalmarkt, nicht unbedingt durch die Leitzinsen) wird die wundersame Hausse bei den genannten Assets beenden. Die weltweit zahlreichen Zombiefirmen wird es vermutlich als erste erwischen, aber wann?

Fazit

Der Börsenjournalist der „Welt“, Holger Zschäpitz, brachte das Dilemma der letzten 10 Jahre auf den Punkt: „Intellektuell war das alles schwer zu erfassen, wer sich der Vermögenswelt mit entsprechendem Werkzeug annäherte, konnte am Ende nur verlieren.“

Ein neues Jahrzehnt beginnt und damit auch die Herausforderung für alle Anleger, nicht der Gier aber auch nicht der Angst zu verfallen. Wir befinden uns im längsten Gewinnzyklus der Börsengeschichte, aber noch nicht in dem mit den höchsten Gewinnen. Noch nie gab es weltweit so niedrige Zinsen und noch nie wurde der Anleihemarkt so von den Notenbanken „manipuliert“. Ein historisches Experiment, ohne Beispiel – und obwohl die Schulden sich auf extremem Niveau befinden, muss es nicht gleich zum Kollaps kommen.

Bestimmt seit einem Jahr warne ich vor voreiligen Short-Investments, die Kraft der Notenbanken bedenkend.

Auch wenn ich in Kürze mit einem saftigen Rückschlag der Aktienmärkte rechne und mit einem sehr volatilen Jahr, denke ich, dass auch 2020 die Notenbanken mit vereinten Kräften (nochmals) versuchen werden, die fällige Rezession und Bereinigung zu verhindern. Als Blaupause muss man immer wieder die Extremsituation in Japan herausstellen:

Die Bank of Japan hat die Geldmenge seit 2008 verdreizehnfacht und seit 2013 versechsfacht. Man ist bereits im Besitz von annähernd der Hälfte der japanischen Staatsanleihen und von acht Prozent der japanischen Aktien.

Inflation oder gar Hyperinflation: Noch keine Spur. Deshalb: Der große Crash wird kommen, aber vermutlich später als viele denken.

Die Aktienmärkte haben ein goldenes Jahrzehnt hinter sich



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2 Kommentare

  1. Rekordhöchststände oder Crash. Das Unheimliche ist, daß es gar nichts mehr dazwischen gibt.

  2. Pingback: Watchlist: Diese Aktien kaufe ich 2020. - KapitalFarm

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