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Anleiherendite vs Aktien: Langfristvergleich gibt Aufschluss?

Wir haben es die letzten Tage mehrfach angesprochen, zuletzt heute früh Markus Fugmann in seinem Videoausblick. Eine steigende Anleiherendite bedeutet für den institutionellen Anleger, der das ganz große Geld verwaltet (Pensionskassen etc): Es lohnt sich zunehmend Geld in Anleihen umzuschichten, nach jahrelanger Tristesse. Werfen Anleihen gute Renditen ab, sind Aktien für das große Geld tendenziell eher unattraktiv.

Anleiherendite vs Aktienmärkte

Die große Frage ist: In Zeiten von gigantischen hochprofitablen Tech-Konzernen, in Zeiten eines Millionen-Heers an Kleinanlegern die sich abstimmen über Wallstreetbets, gelten diese alten Regeln da trotzdem noch? Man kann es vermuten, denn es ist wie gesagt das ganz große Geld, das bei steigenden Renditen wohl Geld von Aktien in Anleihen umschichten könnte. Im folgenden Chart sehen wir seit dem Jahr 2004 die prozentuale Veränderung des S&P 500 Index in orange. Er stieg um 292 Prozent. Gleichzeitig fiel die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen (blaue Linie) um 59 Prozent. Aktuell liegt die Anleiherendite bei +1,36 Prozent.

Noch im Sommer 2020 sah man sie lange Zeit unter +0,60 Prozent. Das ist ein gewaltiger Sprung! Bei der blauen Linie sieht man am Schluss den Dreh nach oben. Nun ist die Frage, ob dies der große Dreh für die Attraktivität der Anleihen ist, und damit auch der Schwenk gen Süden für die Aktienmärkte. Bislang konnte die deutliche Steigerung der Renditen in den letzten Monaten der Performance der Aktien nichts anhaben – noch nicht?

Chart zeigt Vergleich von Anleiherendite zu Aktienmärkten

Analystenkommentar

Zur Gemengelage zwischen Anleiherendite, Inflation und Aktien drucken wir hier einen aktuellen Analystenkommentar ab, und zwar von Andreas Gilgen, Leiter Portfolio Management der Bank Alpinum. Im Wortlaut:

Inflation wirkt sich auf Bondpreise aus

„Die Angst vor stärkerer Inflation belastet derzeit den Rentenmärkte und könnte im Frühjahr auch zu deutlichen Kursrückschlägen auch an Aktienmärkten führen.

Die Inflation in den Industrieländern wird in den kommenden Monaten deutlich ansteigen und sicherlich einige Marktteilnehmer erschrecken. Die jährliche Inflationsrate im Euroraum zeigte im Januar 2021 einen Anstieg auf 0,9 Prozent, dem höchsten Wert seit Februar 2020. Dieser Anstieg folgt auf eine fünfmonatige Deflation und übertraf deutlich die Markterwartung von 0,5 Prozent.

Wir erwarten, dass die monatliche europäische Inflationsrate im Jahresverlauf 2021 die Marke von zwei Prozent temporär überschreitet, hauptsächlich beeinflusst durch sogenannten Basiseffekte. In den USA dürften die Werte sogar noch höher ausfallen. Der wichtigste Treiber wird die Erholung der globalen Ölpreise von den Tiefstständen im Frühjahr letzten Jahres sein. Dies allein könnte die Gesamtinflation in den Industrieländern um mehr als 1 % erhöhen. Die Neutralisierung der temporären Mehrwertsteuersenkungen in Deutschland und im Vereinigten Königreich wird die Inflation in diesen Ländern antreiben. Hinzu kommt, dass der jüngst explosionsartige Anstieg von Frachtkosten auch die Preise für importierte Güter in den USA und Europa in die Höhe treiben könnte. Bei der Kerninflation erwarten wir „noch“ wenig Veränderungen, weshalb sich die Inflationszahlen innert Jahresfrist wieder auf einem tieferen Niveau einpendeln sollten. Sondereffekte im feinen Gefüge von Angebot und Nachfrage könnten jedoch zu Überraschungen führen, die die Inflation auch längerfristig über erwarten ansteigen lassen könnte.

Deutliche Spuren an den Rentenmärkten

Das Inflationsgespenst hat in der jüngsten Zeit deutliche Spuren an den Rentenmärkten hinterlassen. Langfristige Anleihen haben mit der Versteifung der Zinskurve deutlich an Wert verloren, so liegen beispielsweise 20-jährige US-Staatsanleihen innerhalb von sieben Monaten mit 17 % im Minus, während Anleihen gleicher Laufzeit in der Eurozone in den letzten Monaten knapp 8 % einbüßten.

Der Februar bereitete den Händlern von 10-jährigen Staatsanleihen fast nur negative Tage. Einige der Kursabschläge scheinen auf Tagesbasis nur geringfügig zu sein. Wir haben jedoch das potenzielle geringe Einkommen von Jahren in wenigen Tagen verloren. Bei Anleihen aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich kommen zu den Negativ-Renditen jetzt auch noch Kursverluste von mehreren Prozentpunkten.

Treibende Faktoren sind einerseits die Erwartungen einer höheren Inflation, aber auch die Erwartung, dass die Zentralbanken mittelfristig die Liquidität aus den Märkten abziehen müssen, um eine Überhitzung der Wirtschaft zu vermeiden. Inflationsbereinigt bleiben die Renditen von Rentenpapieren in Europa tief im Minus und sind deshalb wenig interessant.

Mit dem Anstieg der Zinsen am längeren Laufzeitenende haben sich auch schon die Zinsen für Hypotheken leicht versteift. Absolut gesehen liegen Hypothekarsätze in Europa immer noch auf einem sehr tiefen Niveau, aber eine Trendwende scheint sichtbar und steigende Zinsen sind nicht zwingend ein positives Signal für Renditeliegenschaften. Auf der anderen Seite wäre eine Abkühlung in teilweise überhitzten Immobilienmarkt auch wünschenswert.“



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