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Anmerkungen zu Japans Schritt zu Negativzinsen: Highway to Hell!

Von Markus Fugmann

Eines muß klar sein: das war erst der Anfang. Japan hat nun Negativzinsen eingeführt, faktisch, auch wenn Notenbankchef Kuroda das in der anschließenden Pressekonferenz natürlich dementierte, weil das QE der Notenbank in ihrer Wirkung mehr als überschaubar war. Also erklimmt man die nächste Eskalationsstufe und senkt die Einlagezinsen, um die Inflation über eine Abwertung des Yen anzuheizen. Now Japan goes Draghi. All in, lautet das Motto, alles auf rot. Und wenn beim Finanz-Roulette aber die Kugel dann doch auf schwarz fallen wird? Dann macht man eben weiter, und senkt die Negativzinsen weiter. So heißt es in dem Statement der Bank of Japan zur heutigen Entscheidung:

„The Bank will apply a negative interest rate of minus 0.1 percent to current accounts that financial institutions hold at the Bank. It will cut the interest rate further into negative territory if judged as necessary.“

Inflation durch Yen-Abwertung, erhoffte Ankurbelung der Kreditvergabe, indem man Banken dafür straft, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Also das selbe Schema wie bei der EZB, von Draghi lernen heißt abwerten lernen.

Aber es gibt da ein erhebliches Problem, und dieses Problem sind Japans Banken. Der Schritt der BoJ verschlechtert ihre Lage immens, weil die Margen sinken werden. Das weiß die Notenbank, und ruft den Banken daher indirekt zu: dann verändert eben eure Strategie – so wie es gestern EZB-Mitglied Mersch den deutschen Sparkassen empfohlen hatte (siehe dazu unseren Artikel „EZB: Sparkassen sollen ihre (langweiligen?) Geschäftsmodelle überdenken“).

Logisch, ganz einfach, ab jetzt machen wir alles ganz anders, wird man sich nicht nur bei Japans Banken also denken müssen? Wenn das so einfach wäre. Denn Nippons Banken sind der neuralgische Knotenpunkt im Finanz-Abenteuerland Japan. Japans Notenbank nämlich ist darauf angewiesen, dass die Banken willig ihre Staatsanleihen, die sie in ihren Depots halten, der Notenbank verkaufen – sonst funktioniert das gigantische QE der Bank of Japan nicht mehr. Warum aber sollen die Banken ihre Staatsanleihen verkaufen, wenn sie im Gegenzug dafür Cash erhalten, das negativ verzinst ist? Und genau dadurch riskiert die Notenbank die von ihr eingeschlagene Politik des Extrem-QE.

Und wer sagt, dass das Ziel der Notenbank wirklich erreicht wird, die Kreditvergabe zu steigern? Denn faktisch ist es nicht etwa die mangelnde Bereitschaft der Banken, Kredite zu vergeben, sondern die mangelnde Nachfrage nach denselben durch die alternde Ökonomie des Landes. Ältere Menschen nehmen weniger Kredite als junge, sie gehen keine Risiken mehr ein. Und Japans Unternehmen werden nur dann investieren und Kredite abrufen wollen, wenn sie glauben, dass es mit der Wirtschaft bergauf gehen wird. Genau das aber ist nicht zu erkennen, wie etwa die heute veröffentlichten Zahlen zur Industrieproduktion einmal mehr gezeigt haben. Also wird das Geld der Banken nicht verstärkt in Kredite fließen, man wird vielmehr versuchen, das Geld an den Finanzmärkten zu investieren – und damit die Ungleichgewichte weiter verstärken. Der Nikkei wird vermutlich steigen, der Yen schwächer werden (weil der Negativzins auf den Yen zum Abbau von Yen-Währungsreserven der Notenbanken dieser Welt führen wird), die Kreditvergabe aber unverändert bleiben, die Inflation ebenso. Und damit wären alle Ziele der Notenbank klar verfehlt..

Japan versucht sich mit diesem Schritt einmal mehr Zeit zu kaufen. Zeit, die man faktisch nicht mehr hat. Japan und China sind die großen Krisenländer dieser Welt – wer hätte das noch vor ein paar Jahren gedacht? Die wirkliche Gefahr für unser Finanzsystem liegt wohl eher nicht in Europa (trotz italienischer Banken etc.) – sie liegt in Asien. Japan jedenfalls hat einen Gang beschleunigt auf seinem Highway to Hell…



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2 Kommentare

  1. Warum ist es einfacher mit einem schlechten System auf Teufel kommt raus weiterzumachen anstatt ein solides zu etablieren (Goldstandard?)
    Was ist den Geld für Banken und Milliardäre? Es ist nur eine Zahl die grösser werden soll, wenn sie kleiner wird bekommen diese Leute Depressionen. Wobei es einem Milliardär egal sein könnte, weil er es nicht merkt wenn er einige Millionen weniger hat, es ist für ihn nur eine Zahl. Für Menschen die wenig haben sieht es natürlich anders aus.
    Wie lange kann dieses System noch so weiter gehen?
    Was halten sie von physischem Gold?

  2. R. Blancke, Schweiz

    Highway to Sell – One Way Ticket on a ride over the cliff

    Nicht nur Japan hat seinen Zenit überschritten.
    Seit dreissig Jahren ist der Weg vorgezeichnet – seit dreissig Jahren geht man ihn stur und in obrigkeitshörigem Glauben weiter. Das Ende ist so klar wie folgenschwer.
    Mir kommt der Vergleich mit der Disneyfigur in den Sinn, wenn der Donald fröhlich pfeifend über den Abgrund hinaus ins Leere weiterläuft. Erst beim viel späteren Blick nach unten realisiert er die Lage und erst nach einem unverständlichen Blick rauscht in die Tiefe. Wie hat das passieren können ? . Dabei war doch alles „so schön bunt“.
    In Japan – aber nicht nur dort – pfeift man weiter ein fröhliches Lied.
    Negativzinsen da, quantitative easying dort.
    Beinah rührend, diese Hilflosigkeit angesichts des gewaltigen demografischen Problems. Man hüte sich in der Beurteilung jedoch vor europäischem Hochmut. Bekanntlich ist er eng mit dem Fall verwandt.
    Woran erkennt man eigentlich, wenn eine Gesellschaft überaltert ?
    Antwort: Wenn mehr Windeln für Erwachsene als für Kinder verkauft werden.
    In Japan war das 2014 der Fall.
    (http://www.zeit.de/2014/53/windeln-japan-senioren-kunden)
    Hier hätten wir sogleich einen Beitrag zum Thema „Alternativen zu langweiligen Geschäftsmodellen)
    Welchen Schluss ziehen nun die Investoren daraus ?
    „Alles rein in Aktien !“ … trommelt Herr Risse
    „Alles raus aus Aktien“ .. proklamiert die Bank Of Scotland.
    Jetzt weiss jeder Bescheid.

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