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Stringente Schuldenbremse, aber... Bundesbank über Sondervermögen und Schuldenbremse – klare Worte

Deutschland-Karte mit Münzen und Pfeil
Grafik: tang90246 - Freepik.com

Die Bundesbank hat sich in ihrem heute veröffentlichten Monatsbericht auch geäußert zu den Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus letzter Woche. 60 Milliarden Sondervermögen aus Corona-Zeiten können nicht mehr für andere Zwecke verwendet werden, und nun stehen weitere Sondervermögen auf der Kippe. Robert Habeck warnt schon mal, dass man womöglich die Energiepreise anheben müsse. Zur neuen kritischen Lage im Bundeshaushalt aufgrund des Karlsruhe-Urteils zeigen wir hier auszugsweise einige Aussagen der Bundesbank, wichtige Stellen fett markiert.

Bundesbank über bindende Fiskalregeln

Nur bindende Fiskalregeln können letztlich solide Staatsfinanzen gewährleisten. Fiskalregeln sollten nicht umgangen werden. Eine stabilitätswahrende Reform der Regeln ist damit nicht ausgeschlossen. Dabei wäre es vertretbar, den regulären Kreditrahmen moderat auszuweiten, wenn die Schuldenquote etwa unter dem Maastricht- Referenzwert von 60 % liegt. Hierfür bedarf es einer verfassungsändernden Mehrheit. Zudem sind die Regelungen des Fiskalpakts zu beachten.

Die Entscheidung und die Klarstellungen zur Schuldenbremse im Grundgesetz sind weitreichend. Sowohl der Bund als auch zahlreiche Länder verfügen über umfangreiche Reserven aus Notlagenkrediten und planen, Maßnahmen hieraus zu finanzieren. Obgleich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unmittelbar nur die Aufstockung des Klimafonds über den zweiten Nachtragshaushalt 2021 betraf, besteht offenbar auch in weiteren Fällen Anpassungsbedarf. Wie die Planungen konkret angepasst werden, ist bei Abschluss dieses Berichts noch in der intensiven Diskussion. Es ist empfehlenswert, die klaren Hinweise des Gerichts zur Intention der Schuldenbremse in den Blick zu nehmen, um Rechtsrisiken bei der Finanzierung staatlicher Vorhaben zu vermeiden. Dies schafft auch Planungssicherheit bei Bürgerinnen und Bürgern sowie für Unternehmen.

WSF

Besonders hervorzuheben sind Kreditermächtigungen von 200 Mrd €, die der Bund dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds- Energie (WSF- E) im Jahr 2022 über die Ausnahmeklausel erteilte. Davon wurden bis Ende 2022 gut 30 Mrd € für Ausgaben genutzt, der Rest als Rücklage verbucht. Für den WSF- E ist für das laufende Jahr vor allem für die Energiepreisbremsen ein hohes strukturelles Defizit von 106 Mrd € geplant, das aus der Rücklage finanziert werden soll. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Maßnahmen im WSF- E sind absehbar sehr viel niedriger. Um rechtliche Unsicherheiten zu begrenzen, läge es nahe, zeitnah die Planungen für 2023 anzupassen. Dabei war es in den ursprünglichen Planungen aus ökonomischer Sicht nachvollziehbar, Notlagenkredite im Jahr 2023 einzusetzen. So waren die Auswirkungen der Energiekrise zur Jahreswende stark und die Perspektiven äußerst unsicher.

Unabhängig davon ist zu klären, wie die Planungen des Bundes einschließlich der Sondervermögen die Kreditgrenze von 0,35% des Bruttoinlandsprodukts einhalten. Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich gemacht, dass Kernhaushalt und Extrahaushalte (auch diejenigen ohne eigene Kreditermächtigungen) konsolidiert zu betrachten sind. Mit dem Planungsstand vom August 2023 (einschl. des Klimafonds) standen bei diesen Einheiten zusätzliche Defizite von 52 Mrd € zu Buche.

Grundsätzlicher Blick

Das Urteil betrifft die Kreditspielräume des Staates, nicht einzelne Maßnahmen. Insbesondere die vom Gericht betonte zeitlich enge Begrenzung der Notlagenkredite ist praktisch bedeutsam. Wo sich Kreditspielräume verringern, sind vom Staat klare Prioritäten zu setzen: Zu klären ist, welche Ausgaben vorrangig sind und welche Abgaben dafür angesichts der begrenzten Verschuldungsmöglichkeiten zu erheben sind. In der
Klimapolitik steht mit CO₂- Zertifi katen ein Instrument zur Verfügung, das Klimaschutzziele explizit ins Visier nimmt und dabei zugleich Einnahmen liefert.

„Schuldenbremse stringent anwenden“

Das Urteil weist aber den Weg dahin, die Schuldenbremse stringent anzuwenden. Dabei sind wirksame Fiskalregeln in Europa und Deutschland wichtig, um eine stabilitätsorientierte Geldpolitik zu unterstützen. Ziel muss sein, dass die Regeln Defizite und Schulden zuverlässig begrenzen und solide Staatsfi nanzen gut absichern. Dies schützt die Geldpolitik vor fiskalischem Druck. Die Fiskalpolitik sollte aber auch ein hohes Eigeninteresse an soliden Staatsfi nanzen haben. Denn sie stellen sicher, dass die Regierung handlungsfähig bleibt, nicht zuletzt in Krisen.

„Kreditrahmen etwas ausweiten“

Dabei zieht die Schuldenbremse den regulären Kreditrahmen enger als die EU- Regeln. Insgesamt scheint es stabilitätspolitisch vertretbar, den nun wieder erheblich gestärkten Anker der regulären Kreditgrenze moderat zu verlagern und damit den Kreditrahmen etwas auszuweiten. Denn auch mit moderat höheren Defi ziten ließe sich die Schuldenquote unterhalb des Referenzwertes von 60 % stabilisieren. Dabei könnten auch Investitionen besonders berücksichtigt werden. Die Bundesbank hatte im vergangenen Jahr Vorschläge für eine stabilitätsorientierte Reform gemacht. Änderungen erfordern zwar einen breiten Konsens und verfassungsändernde Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat. Wenn die Schuldenbremse aber als zu restriktiv angesehen wird, wäre dies der richtige Weg. Nicht geeignet sind hingegen Versuche, die Schuldenbremse im Vollzug aufzuweichen. Nicht zuletzt dies hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts deutlich gemacht.



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8 Kommentare

  1. Äußerst traurig und inkompetent, dass solche Dinge (es geht ja um Milliarden Euro) ein Wirtschaftsminister Habeck und sein Stab nicht wissen.
    Falls dies mit den restlichen Sondervermögen über hunderte Milliarden Euro ähnlich läuft, wäre das eine Stufe vor dem Staatsbankrott – Argentinien lässt grüßen.
    Vielleicht wird das endlich ein Grund für den Rücktritt dieser Nachtwächter-Regierung.

    1. Sie konnten sich zumindest argumentativ vorbereiten, diese Schauspieler:

      https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundesverfassungsgericht-redet-mit-bundesregierung-19295577.html

      Zitat: Solche Treffen sind „im Sinne eines ,Dialogs der Staatsorgane‘ Ausdruck dieses Interorganrespekts“.

      1. FAZ: Bundesverfassungsgericht redet mit Bundesregierung (korrekt: Schüler fragt den Lehrer, was er denn falsch gemacht hat).

        Mir kommt das vor wie ein weiterer Versuch des stückweisen Abschaffens der 3-Gewaltenteilung oder ist es das Kriechen der Sündigen vor dem Herrn ?
        Erinnerungen an das Ermächtigungsgesetz werden wach.

    2. Interessant, wie gut Reflexe funktionieren. Wer ist der Haupthaushälter? Herr Lindner; betrachten Sie seine Rolle und schon wird’s ein wenig differenzierter; so ist es ziemlich schlichtes Bashing.

    3. Sie meinen wohl den Finanzminister. Es ist die Aufgabe des Finanzministers, für eine verfassungsgemäßen Haushalt zu sorgen!

      1. @Rick, der Bundeskanzler hat die Richtlinienkompetenz und ist daher letztverantwortlich..

        1. Und dessen Name lautete zur Zeit der Umwidmung der Gelder in den KTF: Angela Merkel…

  2. Vielleicht sollte man einmal überprüfen, ob es auch strafbar ist, was diese Politiker gemacht haben. Es ist schwer vorstellbar das diese Politiker nicht wussten was sie Taten. Vielleicht kommt diese Regierung ins Guinnessbuch, als schlechteste Regierung aller Zeiten ?

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