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Bundesbank-Weidmann: Deutsche Wirtschaft läuft längst über ihren Kapazitätsgrenzen

Bundesbankchef Weidmann: die deutsche Wirtschaft läuft zu heiß, die EZB müsse endlich ein Enddatum für die Anleihekäufe setzen, weil die Inflation stärker steigen werde..

FMW-Redaktion

Bundesbank-Chef Jens Weidmann hat heute beim „Frankfurt European Banking Congress“ eine Rede gehalten. Dabei geht er mit seinen Aussagen deutlich weiter als die in Deutschland prominenten Ökonomen. Dort ist nämlich aus zuletzt nur davon die Rede, dass die deutsche Wirtschaft immer näher an ihre Kaptazitätsgrenzen komme. Weidmann sagt aber heute, dass das Wirtschaftswachstum noch stärker sei als im Juni angenommen – und die Kapazitätsauslastung der deutschen Wirtschaft sei nun vier Jahre lang stetig gewachsen. Seit letztem Jahr laufe sie bereits über ihrer Kapazitätsgrenze.

Es sei weiterhin notwendig eine anpassungsfähige Geldpolitik in der Eurozone zu fahren, so Weidmann. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass die wirtschaftliche Erholung viel schneller vorangeschritten sei, als es die Inflationsdaten momentan zeigen. Der Preisdruck in der Eurozone werde allmählich zunehmen in Richtung eines Niveaus, welches man (die EZB-Notenbanker?) als Preisstabilität definiere.

Die Inflation hinkt also deutlich hinter dem Wirtschaftswachstum her? Ja, das ist offensichtlich. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an Mario Draghi, der heute auf der selben Konferenz sprach. Dort sagte er zum Thema Inflation auch, dass er nicht sehen könne, dass der Onlinehandel (Amazon-Effekt) mit seinem Preisdruck die Inflation unten halte. Von daher kommt die schwache Inflation also auch nicht – woher denn nun? Darauf gibt es von den Notenbankern keine Antwort.

Die Dauer und Stärke des aktuellen konjunkturellen Aufschwungs in der Eurozone sei eindrucksvoll, so Weidmann – besonders vor dem Hintergrund der weltweit unsicheren politischen Lage. Die expansive Geldpolitik in der Eurozone habe entscheidend zur wirtschaftlichen Erholung beigetragen. Die Arbeitslosigkeit sei auf das Vorkrisenniveau reduziert worden (auch in Spanien und Griechenland?). Alle Indikatoren würden zeigen, dass sich der Aufschwung in der europäischen Wirtschaft fortsetze.

Und mal wieder: Weidmann besteht darauf, dass die EZB für nächstes Jahr ein klares Enddatum für ihre Anleihekäufe festlegt – genau das Gegenteil war ja zuletzt geschehen. Bis September 2018 gehe es weiter, oder darüber hinaus… eine total schwammige Aussage!

Deutschland ist bereits ziemlich weit vorne mit seiner Industrie und der Produktivität. Aber Weidmann warnt, dass das deutsche Wachstumspotenzial in der nächsten Dekade auf 1% sinken werde, weil das Angebot an Arbeitskräften so stark sinke (Wirtschaft produziert über der Kapazität…). Daher sei es zum Beispiel angebracht, Vorschriften zu lockern, die die Teilhabe am Arbeitsmarkt beschränken. Auch müsse man deutlich mehr tun um mehr Frauen in den Arbeitsmarkt zu bekommen. Und obendrein müsse Deutschland noch produktiver werden, so Weidmann. Noch produktiver? Die Welt ertrinkt doch schon in deutschen Produkten, die hochproduktiv hergestellt wurden? Wohl nach dem Motto „niemals nachlassen, sonst sind wir nicht mehr Weltspitze“.


Jens Weidmann, Chef der Deutschen Bundesbank. Foto: Chatham House / Wikipedia (CC BY 2.0)



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