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Asiatische Eliten und das Reich der Mitte China: Der gefürchtete Partner Asiens

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Foto: Ki-generiert vom Autor

Ein historischer Wandel vollzieht sich im Bewusstsein der asiatischen Eliten: Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte bevorzugen sie China gegenüber den USA als strategischen Partner. Diese Neigung resultiert nicht aus einer Beliebtheit des Landes, sondern aus einer tief verwurzelten Furcht vor den möglichen Konsequenzen einer Nicht-Annäherung. Im Vergleich zum Vorjahr, als 38,9% der Befragten China bevorzugten, zeigt der aktuelle Wert von 50,5% einen deutlichen Trend – bei einem gleichzeitig wachsenden Unbehagen gegenüber der geopolitischen Dominanz Chinas.

Asiens Krisen: Konflikte, Kosten und Cyber-Betrug

Die Studie “The State of Southeast Asia: 2024” hebt hervor, dass der Hamas-Israel-Konflikt als die größte unmittelbare Bedrohung für die Stabilität Südostasiens angesehen wird. Dies ist insbesondere auf die religiöse Vielfalt vieler asiatischer Staaten zurückzuführen, die eine Übertragung der religiösen Konflikte aus dem Nahen Osten auf Asien befürchten. Die Ereignisse im Nahen Osten könnten extremistische Gruppen in der Region motivieren und somit die interreligiösen Spannungen verschärfen.

An zweiter Stelle der Bedrohungen steht der Konflikt in der Ukraine, der zu steigenden Lebensmittelpreisen geführt hat und dadurch soziale Unruhen in Asien auslösen könnte. Die steigenden Kosten für Grundnahrungsmittel belasten die Haushalte und erhöhen das Risiko von Instabilität und Protesten.

Das Phänomen der Global Scams stellt eine weitere signifikante Bedrohung dar. Diese Betrugsfälle, die sich über das Internet und andere digitale Plattformen erstrecken, haben in Asien zugenommen und führen zu Menschenhandel und Zwangsarbeit in Online-Betrugsoperationen, die Milliarden von US-Dollar pro Jahr generieren. Diese Betrügereien haben nicht nur wirtschaftliche, sondern auch schwerwiegende menschenrechtliche Auswirkungen, da die Opfer oft unter Zwang und unter Missachtung ihrer Grundrechte arbeiten müssen.

Darüber hinaus tragen diese Betrugsfälle indirekt zu den Spannungen im Südchinesischen Meer bei. Die durch Global Scams generierten illegalen Einnahmen können in Gebieten mit territorialen Streitigkeiten zur Finanzierung von Aktivitäten genutzt werden, die die ohnehin schon angespannte Situation weiter eskalieren lassen. Dies erhöht das Risiko von Konflikten in einer Region, die für ihre strategische Bedeutung und reichen Ressourcen bekannt ist.

China: Der gefürchtete Partner Asiens

China wird von vielen als negative Kraft wahrgenommen, die den freien Handel einschränkt – eine Ansicht, die von 18,5% der Befragten geteilt wird. Die Missachtung einer regelbasierten Ordnung und internationaler Gesetze, die von 11,5% der Befragten hervorgehoben wird, sowie ein generell geringes Vertrauen, das sich im Vergleich zum letzten Jahr noch verstärkt hat, prägen das Bild Chinas. Nur knapp 10% sehen das chinesische Militär als Asset für den Frieden, während die Mehrheit es als Bedrohung für die Souveränität ihrer Länder ansieht.

Die klare Handlungsaufforderung an China lautet, territoriale Streitigkeiten friedlich und im Rahmen geltender Regeln zu lösen und die Souveränität anderer Staaten zu respektieren. Ironischerweise scheint dies eine paradoxe Forderung an ein Land zu sein, dessen außenpolitische Prinzipien angeblich auf Nicht-Einmischung, Respekt der Souveränität und regelbasierten Prinzipien beruhen.

USA und Quad: Asiens schrumpfender Anker

Im Gegensatz dazu werden die USA traditionell als eine positive Kraft angesehen, die zur Förderung von Demokratie, Freiheit und wirtschaftlichem Wohlstand in der Region beiträgt. Das „Indo-Pacific Economic Framework for Prosperity“ (IPEF) der USA, das im Mai 2022 gestartet wurde, zielt darauf ab, Resilienz, Nachhaltigkeit, Inklusivität, wirtschaftliches Wachstum, Fairness und Wettbewerbsfähigkeit für die IPEF-Wirtschaften zu fördern.

Trotz dieser Initiativen hat die Anziehungskraft der USA nachgelassen, was teilweise auf interne politische Turbulenzen und eine wahrgenommene Inkonsistenz in der Außenpolitik zurückzuführen ist. Insbesondere das Engagement der Biden-Administration in der Region scheint nachgelassen zu haben, mit einem Budgetvorschlag für 2024, der zwar eine historische Erhöhung der Wirtschafts-, Entwicklungs- und Sicherheitshilfe für Südostasien vorsieht, aber möglicherweise nicht ausreicht, um die strategischen Lücken zu schließen.

Die Quad-Initiative, bestehend aus den USA, Australien, Indien und Japan, hat sich in den Augen der asiatischen Eliten als ein wichtiger multilateraler Ansatz etabliert, um die Stabilität und Prosperität in der Indo-Pazifik-Region zu unterstützen. Die Initiative hat bedeutende Projekte in den Bereichen Infrastruktur, maritime Sicherheit und Technologie vorangetrieben und wird als ein Gegengewicht zur wachsenden Einflussnahme Chinas in der Region angesehen.

Die Studie verdeutlicht, dass die asiatischen Eliten zwar eine klare Präferenz für die USA als Partner haben, jedoch die Macht und den Einfluss von China nicht ignorieren können. Dieser Zwiespalt zwischen Idealismus und Realpolitik prägt die strategischen Entscheidungen in Asien. Interessanterweise zeigt sich, dass 29,1% der Befragten eigentlich keine Wahl zwischen den USA und China treffen möchten. Im Falle eines möglichen Konflikts, wie beispielsweise über Taiwan, ist die Hauptsorge nicht die Entscheidung zwischen den Großmächten, sondern die Unterbrechung der Logistikketten mit potenziell verheerenden wirtschaftlichen Folgen. Für die Eliten ist es daher von größerer Bedeutung, ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken (46,8%) und nach einer „Dritten Partei“ Ausschau zu halten.

EU: Der schlafende Wunschpartner Asiens

Als „Dritten Partner“ neben den Großmächten USA und China wünschen sich die asiatischen Eliten die Europäische Union (EU). Laut der Studie „The State of Southeast Asia: 2024“ bevorzugen 37,2% der Befragten die EU als Ansprechpartner, was sie noch vor Japan mit 27,7% und deutlich vor anderen möglichen Partnern wie Indien, Australien, Großbritannien oder Südkorea platziert.

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass die Zukunft Asiens von einer Balance zwischen den Großmächten USA und China und der Europäischen Union (EU) abhängen könnte. Die Eliten der Region stehen vor der Herausforderung, diese Balance zu finden, um die Autonomie und das Wohlergehen ihrer Nationen zu wahren. Die EU könnte eine Schlüsselrolle in diesem Gleichgewicht spielen, wenn sie ihr Engagement verstärkt und konkrete, langfristige Beziehungen zu Asien aufbaut.

Doch scheint diese strategische Möglichkeit in den Mitgliedsstaaten der EU kaum wahrgenommen zu werden. Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem Potenzial der EU, geopolitisch eine weit wichtigere Rolle zu spielen, und dem Willen, dieses Potenzial zu nutzen. Die asiatischen Eliten sehen in der EU einen verantwortungsvollen Stakeholder, der jedoch zögert, seine volle Wirkungskraft zu entfalten. Sollte die EU ihre geopolitische Chance erkennen und ergreifen, könnte sie nicht nur zur Stabilität Asiens beitragen, sondern auch ihre eigene Position auf der Weltbühne stärken.



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4 Kommentare

  1. Die EU ist doch eine US-Provinz.

  2. Au weia – wieder einer der gefürchteten China-ist-das-Reich-des-Bösen Artikel unseres Top Investigativ Journalisten Ennoson. Rette sich wer kann!

    1. @cui bono
      Am liebsten sähen Sie wohl nur positive und glorifizierende Artikel über China und auch Russland publiziert.
      Warum also schreiben Sie nicht selbst einen Kommentar, der die hervorragenden Artikel von Herrn Ennoson auf inhaltlich-sachlicher Ebene widerlegt? Die zugrundeliegende Studie ist ja für jedermann zugänglich verlinkt.

      Mir scheint allerdings, Sie haben gar nicht über die Headline und den Autorennamen hinaus gelesen, bevor Sie sich fluchtartig ins Kommentarfeld gestürzt haben, um eine Ihrer typischen Ad-hominem-Diskreditierungen loszuwerden.
      Denn eigentlich müsste Sie bereits der zweite Satz komplett verzücken und in euphorischen Jubel versetzen: Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte bevorzugen sie China gegenüber den USA als strategischen Partner.
      Lässt das Ihr Herz nicht höher schlagen, falls Sie überhaupt eines besitzen?

    2. oha, da hat der Ennoson dem @cui bono auf dem Schlips getreten, dass er roten Halses nur noch jabsen kann! DIe bösen Asiaten! Was fallt denen ein, die Amis netter zu finden, als den Chinesen, die doch so toll sind. Naja, wer respektiert denn die Souveränität der asiatischen Staaten nicht? China oder die USA? Die Asiaten haben da ne eindeutige idee. Aber unsereren US -phoben Vordenkern kann das nicht passen…

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