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Deflation oder Inflation: Kommt im Januar die Wende?

Die Pandemie führte in Deutschland zu erhöhtem Sparverhalten und die Senkung der Mehrwertssteuer sorgte zusätzlich für Preisrückgänge - ein ideales setup für Deflation. Damit ist aber ab Januar Schluss

Deflation – während diese den Verbraucher freut, ist sie für Unternehmen und Geldpolitik ein echtes Ärgernis. Während der Corona-Pandemie griff der Staat aber sogar zu dem Notprogramm einer Mehrwertsteuersenkung, um die Verbraucher zu entlasten. Was dies kurzfristig und mittelfristig für Folgen hat, darüber hat sich das Ifo-Institut Gedanken gemacht.

Deflation: Der Preisrückgang durch die Steuersenkung

Am 1. Juli diesen Jahres trat sie in Kraft, die Senkung von 19 auf 16 Prozent bei vielen Produkten des täglichen Lebens. Aber in sieben Wochen soll sie rückgängig gemacht werden. Welchen Effekt dies auf die Preisentwicklung gehabt hat, darüber haben sich Forscher des Ifo-Instituts Gedanken gemacht. Man wertete die Preise von 60.000 Produkten im Online-Shop der deutschen Handelskette Rewe aus und verglich sie mit der österreichischen Tochter Billa, wo es diese Senkung nicht gegeben hat.

Das Ergebnis: In Österreich stiegen die Preise seit Anfang Juni um bis zu 0,8 Prozent, in Deutschland sanken sie im Durchschnitt um bis zu 1,2 Prozent. Bedeutet einen maximalen Unterschied von zwei Prozent. Dabei war die Preisentwicklung im Online-Shop entsprechend der im Supermarkt. Deutschland hat einen unglaublich hart umkämpften Lebensmittelhandel, was ausländische Konzerne immer zu spüren bekommen haben, bei ihren gescheiterten Expansionsversuchen. Deshalb glaubt das Ifo-Institut, dass diese Preisentwicklung auch bei Aldi und Co anzutreffen ist. Interessant ist die Feststellung, dass die Supermärkte die Mehrwertsteuersenkung nicht in allen Bereichen umgesetzt haben. Bei 15 Prozent der Waren (Lebensmittel, Getränke) gab es eine starke Senkung –  dafür in anderen Bereichen ( Bücher, Schmuck) kaum eine Änderung.

Der Effekt auf die Konjunktur und der Steuerausfall

Ob die Senkung der Mehrwertsteuer einen Effekt auf die Konjunktur gehabt hat oder gar eine Deflation begünstigt, darüber ist sich das Ifo-Institut in seiner Studie nicht sicher.

Und damit, ob das gesparte Geld tatsächlich im Supermarkt zu mehr Umsatz geführt hat. Klar ist, dass viele Menschen in Zeiten der Unsicherheit ihre Sparquote erhöht haben. Das Institut glaubt weiterhin, dass Maßnahmen wie ein Bonus beim Kindergeld oder das Kurzarbeitergeld einen größeren konjunkturellen Impetus hätten, weil diese Menschen mit geringerem Einkommen eher zur Verkonsumierung führen würde. Dabei befinden sich die Wissenschaftler des Ifo-Instituts insgesamt im Kreise ihrer Kollegen, die es für strittig erachten, dass der Staat auf Steuermindereinnahmen von etwa 20 Milliarden Euro verzichtet hat.

Kommt jetzt der Januareffekt?

Was passiert im Januar, wenn die Senkung wieder zurückgenommen wird! Werden die Unternehmen den vollen Satz auf die vorher nicht ganz abgesenkten Preise aufschlagen?

Hierzu Florian Neumeier, ein Mitarbeiter der Untersuchung des Ifo-Instituts: „Es besteht die Möglichkeit, dass die Preise dann stärker steigen als sie vorher gesenkt wurden“. Es gibt ein Beispiel aus Finnland, wo der so genannte Boomerang-Effekt festgestellt wurde, was bedeutet, dass sich dort die Anhebung doppelt so stark bemerkbar gemacht hat, wie die vorherige Senkung. In Sachen Preisentwicklung kommt in Deutschland ab Januar noch ein Sondereffekt hinzu, den ich bereits im Sommer in einem Artikel dargestellt habe: die Anhebung der Mineralölsteuer infolge der CO2-Abgabe. Wir haben in Deutschland über 47 Millionen zugelassene Kfz, die zu über 95 Prozent konventionell betankt werden und Millionen von Ölheizungen, so dass dieser Effekt durch schlagen muss. Hier die im Bundesrat festgelegten Anhebungen.

Deflation oder Inflation?

Berechnungen des Center Automotive Research (CAR) sehen sogar noch höhere Anstiege:

2021: Benzin plus 8,1 Cent pro Liter, Diesel plus 9,2 Cent pro Liter
2022: Benzin plus 9,7 Cent, Diesel plus 11 Cent
2023: Benzin plus 11,4 Cent, Diesel plus 12,8 Cent
2024: Benzin plus 14,6 Cent, Diesel plus 16,5 Cent
2025: Benzin plus 17, 9 Cent, Diesel plus 20,2 Cent

Fazit

Der Preisrückgang in der EU in den letzten Monaten verunsichert die Wirtschaft und er hatte Einfluss auf die Politik der Notenbank – man fürchte eine Deflation. Vor kaum einem Szenario fürchtet man sich mehr, als vor dem deflatorischen, wenn Verbraucher ihre Käufe verschieben in der Erwartung günstigerer Gelegenheiten. Die Pandemie führte in Deutschland zu einem erhöhten Sparverhalten und die Senkung der Mehrwertssteuer sorgte zusätzlich zu einem Preisrückgang – ein ideales setup für Deflation. Damit ist aber ab Januar Schluss und auch eine mögliche Beendigung der Pandemie im nächsten Jahr könnte hierzulande die Deflation beenden. Auch werden viele kleine und große Steuererhöhungen (von der CO2-Abgabe bis in die Kommunalsteuern) dem „offiziellen“ Preisrückgang vermutlich ein Ende setzen.

Was ist wahrscheinlicher: Inflation oder Deflation?



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2 Kommentare

  1. Alle Selbstständigen, die während des Lockdowns nicht wirtschaftlich tätig sein konnten, mussten und müssen sparen, um über die Runden zu kommen. Dazu kommen die Arbeitslosen, die Kurzarbeiter, die Kleinrentner und die Hartz-IV-Empfänger.

    Die Menschen die jetzt schon offiziell arbeitslos (2,78 Mio. Okt. 2020) sind, dann die, die zwar nicht offiziell, aber doch irgendwie arbeitslos sind (0,76 Mio. Okt. 2020) und die Kurzarbeiter (3,3 Mio- Okt. 2020) – also insgesamt 6,84 Mio. Menschen können und/oder wollen nicht mehr konsumieren, als sie dringend müssen.

    Dazu kommen dann noch die Hartz IV Empfänger (3,83 Mio. Okt. 2020) und Kleinrentner (15,7 % der Rentenempfänger).

    In der Summe sind es also min. 10,67 Millionen Menschen, die nicht mehr konsumieren, nur weil eine Mehrwertsteuersenkung eine Preisreduzierung – wenn sie denn überhaupt weitergegeben wird – von 2,5 % bewirkt.

    Es fliegt niemand, es reist niemand, es geht niemand aus.

    Die Leute halten ihr Geld zusammen. Es kommt was kommen muss: Es gibt eine Inflation für Güter des täglichen Lebens, und eine (vorübergehende) Deflation bei Immobilien, Autos usw.

    Das wird lehrbuchmäßig spannend.

    Steuererhöhungen und zusätzliche Abgaben mögen ja zunächst inflationär wirken, aber d. h. letzten Endes doch nur, da die Einkommen ja nicht steigen, dass ein Großteil der Menschen noch mehr dazu gezwungen wird, den Gürtel noch enger zu schnallen.

    Realwirtschaftliches Wachstum bringt das nicht. Das Problem liegt auf der Nachfrageseite. Höhere Preise durch noch mehr Steuern dürften dann zu einer noch größeren Konsumzurückhaltung führen (jedenfalls bei mindestens 30 % der Bevölkerung).

    Für die Wirtschaft ist das auch nichts Gutes, denn die höheren Steuern können unter Umständen, aufgrund der verhaltenen Nachfrage, gar nicht vollumfänglich weitergegeben werden, was dann einen noch größeren Effizienzdruck für die, ohnehin teils angeschlagenen, Unternehmen bedeuten würde.

    Die Kommunen rechnen 2020 mit einem Steuerausfall von 15,6 Milliarden.
    Der Bund und die Länder rechnen mit einem Steuerausfall von 82 Milliarden (davon 33 Milliarden Bund).

    Der Bund will sich 400 Milliarden anstelle der geplanten 200 Milliarden wegen der Coronakrise am Markt leihen.

    Prost Mahlzeit!

  2. Die Ökonomen und auch Politiker scheinen ein einfaches Rezept zu haben. Sind die Einnahmen zu gering, wird einfach der Preis erhöht. Gutes Beispiel der Benzinpreis. Jahrelange Werbung, dass man kleine Autos fahren soll, um Bezin zu sparen, sowie Empfehlungen, mit welchen technischen Tricks dies noch optimaler gelingen könne etc. Resultat heute: Egal wie die Sparer darauf geachtet haben, die Politik sorgt dafür dass sie alle ausgetrickst wurden und nun einfach mit wesentlich höheren Gebühren belohnt wurden.

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