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Rezessions-Szenario Der Kampf der Verbraucher gegen Inflation und Energiekosten

Die Verbraucher kämpfen derzeit gegen die hohe Inflation und explodierende Energiekosten. Rücklagen aus der Corona-Zeit sind aufgebraucht.

Fussgängerzone

Was macht der normale Verbraucher bei immer weiter steigenden Lebenshaltungskosten (Inflation), und insbesondere bei nun anstehenden kräftig steigenden Energiepreisen? Man bedenke: Nicht nur, dass im Herbst hohe Nachzahlungen von Energieversorgern anstehen – auch werden von da an die zukünftigen monatlichen Abschlagszahlungen deutlich angehoben. Die Verbraucher können entweder aus Ersparnissen Geld abziehen um ihren bisherigen Lebensstandard zu halten und höhere Energiekosten zu bezahlen. Hat man keine Ersparnisse, muss man beim monatlichen Konsum sparen. Cafes, Restaurants, Kinobesuche, Konzerte, Urlaubsreisen, sinnfreies Online-Klamotten-Shopping, einen neuen Fernseher mit noch höherer Bildauflösung kaufen – alles gestrichen.

Corona half Verbrauchern beim Ansparen – jetzt geschieht genau das Gegenteil

Als die Coronakrise ausbrach, konnten die Deutschen viel Geld auf die hohe Kante packen. Kinos, Gastronomie, Urlaubsreisen – all das war nicht möglich. Die Menschen häuften hohe Sparguthaben an, gleichzeitig gab es keine Inflation. Was für eine traumhafte Konstellation um die Sparguthaben aufzustocken! Und jetzt? Genau das Gegenteil ist der Fall. Alle Konsummöglichkeiten sind wieder vorhanden, aber explodierende Energie- und Lebenshaltungskosten fegen die Konten der Verbraucher leer.

Grafik zeigt Anwachsen und Abschmelzen der Rücklagen

Das ifo-Institut hat diese Woche dazu eine sehr anschauliche Grafik veröffentlicht. Seit 2015 zeigt sie die Entwicklung der Bankeinlagen von privaten Verbrauchern in Deutschland. Man sieht gut: Dank Corona stiegen die Bankeinlagen um 73 Milliarden Euro (blauer Bereich) im Vergleich zur durchschnittlichen Sparneigung der vorigen fünf Jahre, um dann ab 2021 wegen steigender Inflation und steigenden Energiekosten um insgesamt 95 Milliarden Euro abzuschmelzen (rot). Was man während Corona als Reserve anhäufte, ist also inzwischen mehr als aufgebraucht worden.

„Die Sparpolster aus der Corona-Zeit sind bei vielen Haushalten nunmehr abgeschmolzen. Gleichzeitig werden die Verbraucherpreise weiter kräftig steigen. Damit wird der private Konsum im weiteren Verlauf des Jahres als Konjunkturmotor in Deutschland leider ausfallen. Die hohe Inflation dürfte dieses Entsparen der Haushalte maßgeblich getrieben haben“, so die Aussagen des ifo-Instituts.

Entwicklung der Bankeinlagen in den letzten Jahren

Aktuelles Konsumklima zeigt den Kampf der Verbraucher

Heute früh zeigt Großbritannien beispielhaft, was auch auf uns in den nächsten Monaten zukommen wird. In UK wurde heute für 24 Millionen Haushalte eine Anhebung der Energiekosten um 80 Prozent verkündet. Und die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) meldete heute früh für Deutschland den vierten Monat in Folge eine Verschlechterung des Konsumklimas auf ein neues Rekordtief. Und dies liegt laut GfK vor allem an der sprunghaft steigenden Sparneigung der Verbraucher. Es ist logisch: Wer in Kürze gigantische Nachzahlungen für Energiekosten hinblättern muss und auch noch höhere Abschlagszahlungen, legt jetzt schon mal jeden Cent auf die hohe Kante. Auf jeglichen nicht nötigen Konsum wird verzichtet.

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Ersparnisse aus Corona sind also aufgebraucht, aber man verstärkt jetzt seine Sparbemühungen, in dem man im Alltag auf unnötigen Konsum verzichtet. Dies dürfte – wie ich es Anfang der Woche in einem Meinungsartikel beschrieben hatte – ein Faktor sein, der für die deutsche Volkswirtschaft die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den nächsten Quartalen deutlich erhöht. Natürlich sieht man derzeit bei dem schönen Wetter immer noch volle Cafes und Restaurants. Aber das Bild täuscht. Die Mittelschicht wird sich derzeit zu guten Teilen von diesem nicht notwendigen Konsum verabschieden. Ein Gastronom sagte mir jüngst: Die Konsumzurückhaltung der Kunden ist bereits spürbar. Gleichzeitig müsse er seine Preise anheben, da auch seine eigenen Kosten immens steigen. Höhere Preise wiederum würden das Risiko aber noch weiter erhöhen, dass mehr Kunden wegbleiben. Also müsse er seine Gewinnmargen verringern oder besser gesagt ganz aufbrauchen. Diese Gemengelage wird zur Existenzbedrohung für viele Gastronomen.

Bei Rezession wahrscheinlich kein Problem mit Massenarbeitslosigkeit

Werden wir eine Massenarbeitslosigkeit erleben, wenn die drohende Rezession und explodierende Energiekosten viele Gastronomiebetriebe und auch Industriebetriebe in die Knie zwingen? Womöglich nicht. Denn der Demografiewandel zeigt es derzeit ganz klar, dass er bereits mit voller Wucht zuschlägt. Fast überall am deutschen Arbeitsmarkt herrscht nicht mehr nur Fachkräftemangel, sondern auf breiter Front Arbeitskräftemangel. Die Zahl der offiziell gemeldeten offenen Stellen ist mit 1,93 Millionen auf einem Rekordhoch angekommen. Und auch für einfache Tätigkeiten findet man kaum noch Bewerber, ob sie nun für den Job geeignet sind oder nicht. Heutzutage darf ein Arbeitgeber schon froh sein, wenn sich überhaupt noch jemand bewirbt. Sollten also Menschen durch die drohende Rezession arbeitslos werden (zum Beispiel Bäckereiverkäufer), dürften sie in anderen Unternehmen wohl schnell unterkommen.



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2 Kommentare

  1. Die offenen Stellen verschwinden ganz schnell, so wie im März 2020 in den USA

  2. Pingback: Electricity price in Germany rises to 800 euros - DigLogs

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