Aktien

Deutsche Börse: Die Musik spielt da, wo der Chef sein Büro hat

Wir hatten schon mehrmals über die bevorstehende Fusion zwischen Deutscher Börse und Londoner Börse berichtet. Es hängt eigentlich nur noch an den deutschen...

FMW-Redaktion

Wir hatten schon mehrmals über die bevorstehende Fusion zwischen Deutscher Börse und Londoner Börse berichtet. Es hängt eigentlich nur noch an den deutschen Aufsehern in Hessen. Die Frankfurter gehen in diese Fusion als größerer Partner. Und dennoch begeben sie sich offensiv in eine Art Selbstaufgabe, da man als größerer Fusionspartner akzeptiert, dass der Sitz der neuen Börse London sein wird. Das ist vielen Aktionären nicht verständlich beizubringen. Daher kam die Zustimmung der Aktionäre auch nur zustande, weil die Deutsche Börse die Annahmeschwelle absenkte. Und wie es so schön heißt: Bei Fusionen gibt es nie eine „Fusion unter Gleichen“. Genauso wie im Fall Praxair/Linde gibt es letztlich immer einen Gewinner und einen Verlierer.

Der Deutsche Börse-Chef Kengeter, der eh lange Zeit in London lebte, will als Chef der neuen Börse von London aus arbeiten, und hat deswegen wohl sowieso kein Problem, dass die neue Börse dort ihren Sitz hat. Aber diese nervigen deutschen Bürokraten, die stören einfach nur – so kann man es vermuten, könnte die Sichtweise von Kengeter und Co sein. Wie die FAZ erfahren haben will, überlegt die Deutsche Börse dem Bundesland Hessen für dessen Zustimmung zur Fusion sogar eine sogenannte goldene Aktie wie bei Niedersachsen und Volkswagen einzuräumen. Damit könnte das Land Hessen eine entscheidende Stimme im Aufsichtsrat der neuen Börse erhalten.

Auch wenn das so kommen würde: Entscheidend ist immer, wo ein Unternehmen seinen Sitz hat, wo der Chef sein Büro hat, wo die Entscheidungen getroffen werden. Im Alltagsgeschäft, da werden die Weichen gestellt. Kommen die Anweisungen aus London, hat Frankfurt letztlich nur noch auszuführen, und wird zur abwickelnden Außenstelle – so einfach ist das. Was wäre so schlimm daran? Nun, wer generell kein Problem damit hat, dass Entscheidungen ganz woanders getroffen werden, der kann dem auch zustimmen. Nur wird dann de facto zukünftig für die gesamte deutsche Börsenlandschaft außerhalb der EU entschieden, nämlich in Großbritannien.

Was daran so schlimm wäre? Nur mal ein Vergleich. Wir kennen die ständig wiederkehrenden Datenschutzprobleme mit Facebook und Co. Alle, wirklich alle Social Media-Kanäle haben ihren Sitz in den USA. Wer also keine Lust auf die lockeren US-Datenschutzbestimmungen hat, kann als Benutzer nicht zu einem deutschen Anbieter wechseln, weil es den gar nicht gibt. Und wie man immer wieder sieht: Die Amerikaner lassen sich von deutschen Datenschützern nicht wirklich beeindrucken.

Natürlich kann man Social Media nicht mit einem Börsenbetreiber vergleichen, aber egal was zukünftig in Großbritannien oder bei der neuen Börsengesellschaft beschlossen wird: Ganz am anderen Ende der Verwertungskette in Fankfurt wird umgesetzt, was in London beschlossen wird. Dann darf/muss geprüft werden, ob dies irgendwie mit deutschem oder europäischen Recht kollidiert, und man kann zusehen, ob man irgendwie den Abbau von Jobs noch verhindern kann. Und wer davon ausgeht, dass Forschung, Entwicklung und Innovationen wirklich in Zukunft noch von Frankfurt aus gesteuert werden, der träume bitte weiter. Es ist einfach ein Rätsel, warum sich der größere „Fusionspartner“ freiwillig unter Wert in die Selbstaufgabe begibt, und das auch noch als großen Erfolg verkauft.

Es mag wohl viel mit der Anziehungskraft großer Finanzzentren wie London zu tun haben. Dort lässt es sich wohl viel besser und hipper arbeiten und leben. Aber natürlich wollen wir Kleingläubigen dem Herrn Kengeter solch schlichte Gedanken nicht unterstellen. Es war nur so ein Gedanke am Rande. Der hessische Wirtschaftsminister (der Grüne Tarek Al-Wasir) spielt die entscheidende Rolle. Sein Ministerium als Aufsichtsbehörde muss letztlich entscheiden, ob die Fusion mit Sitz in London durchgehen kann. Mehr als interessant ist dabei, dass ausgerechnet mehrere ehemalige grüne Politiker wie Joschka Fischer und Rezzo Schlauch für die Deutsche Börse als „Berater“ tätig sind oder waren. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass es gerade darum geht, ob ein grüner Wirtschaftsminister sein GO für diese Fusion gibt.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

2 Kommentare

  1. Die Familie von Herrn Kengeter lebt in London. Die Kinder gehen dort zur Schule.
    Das erklärt auch schon einiges.

  2. Warum ? Warum?

    Das ist doch nicht ernsthaft ein Rätzel (mit Z haben wir es gelernt )!

    Hab ich es nicht sogar bei FMW gelesen , vor langer Zeit ?

    Die deutschen haben die britische Industrie aufgekauft ( Rover ,Bentley usw ) dafür kauft die Finanzbranche die deutschen Aktien auf .

    Dann noch ein paar illoyale bzw falschloyale englische manager als uboote eingesetzt , ein paar Jahre köcheln lassen. Fertig .

    „Deutsche“ ist doch nur noch eine markenfloskel

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage