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Bundesbank-Bericht Deutsche Wirtschaft: Dynamik bei Unternehmen seit 20 Jahren rückläufig

Zombie-Unternehmen, Demografie, Produktivitätsschwäche, Bürokratieaufwand, Nullzins-Politik etc.

Deutschland-Flagge
Bild: pvproductions/Freepik

Eine aktuelle Analyse der Deutschen Bundesbank (BuBa) beschreibt die Gründe für den seit zwei Dekaden anhaltenden Rückgang der Dynamik im deutschen Unternehmenssektor. Anhand von Daten des Statistischen Bundesamtes und der Bundesagentur für Arbeit wird aufgezeigt, warum Deutschlands Produktivitätswachstum seit geraumer Zeit nachlässt.

Deutsche Wirtschaft wird von Zombie-Unternehmen ausgebremst

Was sich zunächst wie eine gute Nachricht liest, hat klar definierbare Gründe und auch negative Konsequenzen. Die Autoren der BuBa-Studie schreiben: „In den letzten zwei Jahrzehnten war in Deutschland ein Rückgang der Firmenaustritte aus dem Markt zu verzeichnen. Dies gilt sowohl für Unternehmensinsolvenzen, die zwischen 2004 und 2023 um 55 % zurückgingen, als auch für Betriebsschließungen, die im gleichen Zeitraum um 30 % zurückgingen.“

Während der COVID-19-Pandemie ab 2019 beschleunigte sich laut Bundesbank dieser Abwärtstrend trotz der enormen Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft sogar noch. Gründe hierfür waren die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie umfangreiche staatliche Förderprogramme. FMW: Der längerfristig wichtigste Grund für die sinkenden „Unternehmensaustritte“ war gleichwohl nicht der wirtschaftliche Erfolg, sondern der rapide Verfall der Fremdkapitalkosten im Zuge einer langjährigen Niedrig-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB):

EZB mit langjähriger Niedrigzinsphase

Die ultralaxe Geldpolitik ermöglichte es unprofitablen Unternehmen, zu überleben. Diese „Zombie-Unternehmen“ wären in einem „normalen“ Zinsumfeld, das nicht geprägt ist von permanentem Krisenmanagement der EZB, aus dem Markt ausgeschieden und hätten monetäre und personelle Ressourcen für neue und perspektivreichere Unternehmen und deren Wachstum frei gemacht.

Trendwende bei den Insolvenzen durch steigende Zinsen

Die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass nach dem Ende der Niedrigzinsphase ab 2022 auch die Insolvenzen wieder anstiegen. Die Bundesbank erklärt die Zunahme ihrerseits so: „In den letzten beiden Jahren kam es erneut zu einem Anstieg der Zahl von Unternehmensinsolvenzen und Betriebsschließungen. Ein wichtiger Grund hierfür dürfte neben der schwachen Wirtschaftslage insgesamt die hohe Zahl der Ausstiege gewesen sein, die das Vor-Pandemie-Niveau erreicht hat. Nach den jüngsten Entwicklungen gibt es derzeit keine Anzeichen dafür, dass sich dieser Trend umkehren wird.“ Damit bleiben die Aussichten nach Ansicht der BuBa für die deutsche Wirtschaft eingetrübt.

Langjährige Trends im deutschen Unternehmenssektor bei Neugründungen und Insolvenzen

Auffällig ist, wie rapide die Zahl der Neugründungen abnahm. Das stützt die These, dass die „Zombies“ den ökonomischen Strukturwandel und technologische Innovationen, die in Firmengründungen in Deutschland münden, durch das Binden von Kapital und Personal verhindert haben.

Fachkräftemangel

Der wachsende Arbeitskräftemangel hatte laut Bundesbank Auswirkungen auf die langfristigen Übergangsraten aus der Arbeitslosigkeit und in die Arbeitslosigkeit. Neben der gesunkenen Arbeitsplatzflexibilität spielt der Fachkräftemangel eine wichtige Rolle bei der Umverteilung von Humanressourcen im Unternehmenssektor. Neue Arbeitskräfte können auch aus dem Pool der Arbeitslosen rekrutiert werden. Wenn dieser Pool mangels qualifizierter Arbeitskräften schrumpft, erschwert dies die Suche nach geeigneten Arbeitnehmern.

Die Übergänge aus dem Erwerbsleben in die Arbeitslosigkeit im Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten und umgekehrt (Arbeitsplatztrennungsquote) sind seit langem tendenziell rückläufig. Dies dürfte neben demografischen Faktoren teilweise auch auf die Arbeitsmarktreformen zu Beginn dieses Jahrtausends zurückzuführen sein. Die „AB-Übergangsrate“ (obere Linie 1) und die „BA-Übergangsrate“ (untere Linie 4) zeigen in der folgenden Grafik diese Entwicklungen sehr deutlich:

Flexibilität am deutschen Arbeitsmarkt nimmt ab.

Der leichte Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 ist auf einen sehr starken Arbeitsplatzabbau zurückzuführen. Im Gegensatz dazu ging die Schaffung von Arbeitsplätzen stark zurück, was den jüngsten Einbruch bei den Job-zu-Job-Übergängen (Linie 3) widerspiegelt.

Regulatorische Rahmenbedingungen verbessern

FMW: Eine Trendwende bei der Dynamik im deutschen Unternehmenssektor könnten weitere Reformen und eine Normalisierung der Geldpolitik herbeiführen. Dadurch würde sowohl das regulatorische Umfeld für Unternehmen verbessert werden (Thema Bürokratieabbau) als auch der Zugang zu Kapital für junge und zukunftsorientierte Unternehmen. Diese „Neuzugänge“ könnten für die deutsche Wirtschaft wieder mehr Wachstumsdynamik erzeugen.

Die Verfasser der Bundesbank-Studie sehen Reformpotenzial auf europäischer, aber insbesondere nationaler Ebene. Beispielsweise könnten Politikmaßnahmen, die darauf abzielen die institutionellen und regulatorischen Rahmenbedingungen zu verbessern, helfen, die Unternehmensdynamik nachhaltig zu steigern und so auch das Produktivitätswachstum zu stärken. Zudem betonen die Fachleute der Bundesbank die Bedeutung einer dynamischen Unternehmenslandschaft für die digitale und ökologische Transformation der europäischen Wirtschaft: „Um das Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen, ist es unerlässlich, jungen und innovativen Unternehmen den Zugang zu Absatzmärkten und Produktionsmitteln zu erleichtern“, so die Bundesbanker.

Fazit

Alles in allem resümiert die Bundesbank: „…hat die Dynamik im deutschen Unternehmenssektor in den letzten zwei Jahrzehnten nachgelassen, sodass dies möglicherweise ein Faktor für das gedämpfte Produktivitätswachstum war. Insbesondere die Zahl der Unternehmensein- und -austritte war stark rückläufig.“ Die BuBa ergänzt: „Die Feststellung, dass die Unternehmensdynamik in Deutschland insgesamt nachgelassen hat, steht im Einklang mit der Entwicklung im gesamten Euroraum.“

FMW: Dass es sich um eine Entwicklung im gesamten Euroraum handelt, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ein gewichtiger Faktor bei der Drosselung der Dynamik im Unternehmenssektor war.



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1 Kommentar

  1. Hinter den angeführten Gründen der Abnahme der Wirtschaftsdynamik steht der Staat mit seinen Eingriffen in das Wirtschaftsgeschehen. Je mehr der Staat regelt mittels Politikern und Beamten ohne Sachkenntnis – Paradebeispiel Scholz und Habeck – um so negativer sind die Auswirkungen auf die Produktivität. Hinzu kommen die überbordenden sozialen Regelungen und die Steuern, die den Anreiz für Leistung und Erfolg minimieren. Politiker und Beamte können es nicht – ansonsten wären alle mit einer fachspezifischen Ausbildung die Idioten. Die Empfehlung der Bundesbank sollte lauten: Staatsquote auf 35% senken.

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