Anleihen

EZB: Hurra, wir haben den zweitgrößten Hedgefonds!

Spätestens mit der Entscheidung der EZB, Unternehmensanleihen zu kaufen, mutiert die europäische Notenbank nun zu einem Hedgefonds - mit den bekannten Risiken und Nebenwirkungen..

FMW-Redaktion

Denkt man an Hedgefonds, fallen einem meist amerikanische Namen ein. Aber die wirklich großen Hedgefonds sitzen nicht in den USA oder London, sondern in Frankfurt und Tokio. Es sind die EZB und die Bank of Japan!

Und das Rennen um den Hedgefonds-Weltmeistertitel ist in vollem Gange:

Spätestens mit der Entscheidung der EZB, Unternehmensanleihen zu kaufen, mutiert die europäische Notenbank nun zu einem Hedgefonds – mit den bekannten Risiken und Nebenwirkungen. Aber während bei Medikamenten auf der Packungsbeilage auf eben diese Risiken und Nebenwirkungen verwiesen werden muß, ist das bei der EZB anders: man nennt seitens der ausführenden Notenbanken der Eurozone nur dürre ISIN-Nummern, aus denen naturgemäß nicht offensichtlich ist, was die EZB da eigentlich erworben hat. Das nämlich erfordert eine aufwändige Recherche, weil nur die Bundesbank direkt die Namen veröffentlicht (das gilt übrigens auch bei dem Kauf von Staatsanleihen, dem QE der EZB), alle anderen Notenbanken hingegen nur die ISIN-Kennungen (siehe dazu „Die EZB und die Unternehmensanleihen: Namen und Fragen“).

Insgesamt hat die EZB bislang 440 Unternehmensanleihen gekauft – und ursprünglich hieß es, dass man nur Top-geratete Anleihen kaufen wolle. Aber dem ist offenkundig nicht so: fast die Hälfte der Anleihen hat nicht einmal ein A-Rating, sondern wird von den Ratingagenturen mit B geratet. Sprich: diese Anleihen haben ein deutlich erhöhtes Ausfall-Risiko!

Einige der Anleihen, die die EZB gekauft hat, werden von einigen Ratingagenturen sogar mit „junk“ klassifiziert, also als erheblich ausfallgefährdet! Da die EZB sich aber stets das beste Rating der vier Agenturen (S&P, Moody´s, Fitch und die kanadische DBRS) aussuchen kann, findet sich stets eine Agentur, die eine Anleihe mit Investment grade bewertet, während andere sie als „Ramsch“ einstufen (unterste Stufe des Investment grade ist BBB-). Das gilt für Anleihen italienischer (Telecom Italia), portugiesischer (EDP Finance) und finnischer (Teollisuuden Voima) Unternehmen.

EZB-Führungsgremium
Versammelte Hedgefonds-Manager: der EZB-Rat
Foto: EZB

Warum aber kauft die EZB solche B-geratete Anleihen? Eigentlich haben doch viele große Konzerne mit gutem Rating zuletzt „auf Teufel komm raus“ mit der Emission von Unternehmensanleihen neue Schulden aufgenommen, in der sicheren Erwartung, dass die EZB als Käufer dieser Anleihen bereit steht.

Die Antwort lautet wohl: die EZB will ein Zeichen setzen, dass sie es ernst meint! Viele hatten ja kritisiert, dass die Notenbank damit große, ohnehin bonitätsstarke Konzerne bevorzuge durch den Kauf der Anleihen. Nun aber finden sich in der Liste sogar eher mittelständische, privat geführte Unternehmen. Und das bedeutet, dass die EZB noch tiefer in die Wirtschaft eingreift als zunächst von vielen Beobachtern gedacht. Sie will, dass ihre Maßnahmen auch wirklich wirken und die Finanzierungsbedingungen nicht nur der großen Konzerne sich weiter verbessert.

Was aber, wenn die Unternehmen, von denen die EZB Anleihen gekauft hat, pleite gehen? Dann tragen wir alle das Risiko dafür! Denn die Haftung liegt – wo sonst – bei den Steuerzahlern der Eurozone.

Aber dafür haben wir einen eigenen, riesig-großen Hedgefonds! Und das ist doch auch schön, oder? Und die Japaner, die holen wir auch noch ein, das lassen wir so nicht auf uns sitzen. Wie würde die deutsche Tageszeitung mit den vier großen Buchstaben titeln: der größte Hegdefonds sind wir!



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

2 Kommentare

  1. Nur die ISIN Nummern herauszugeben ist natürlich auch eine Art „eine Liste zu veröffentlichen“…

    Das die EZB auch auf minderwertige Corporate Bonds ausweichen muss, war eigentlich klar. Denn so viele AAA-A+ Emittenten gibt es gar nicht. Zum anderen ist der europäische Unternehmensanleihemarkt sowieso nicht so liquide wie beispielsweise der amerikanische, so dass die EZB den Markt quasi austrocknet.
    Außerdem hat die EZB das CSPP nur auf den Weg gebracht, weil sie über Staatsanleihe- und Pfandbriefkäufe das angestrebte Volumen überhaupt gar nicht erreichen kann, was natürlich niemand zugibt.

    Wenn natürlich reihenweise schwache Emittenten aus dem Unternehmensanleihesektor ausfallen, will niemand das Risiko gekannt haben, so wie immer.

  2. Könnte auch ein trick sein .

    Jeder schuldenEuro der nicht via Anleihe an die EZB weitergegeben werden kann fließt vielleicht ..irgendwann …teilweise doch im die Realwirtschaft .

    Verzweiflung macht erfinderisch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage