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EZB-Mitglied Couere schießt gegen Deutschland und Bundesbank-Chef Weidmann

FMW-Redaktion

EZB-Mitglied Couere, der als „rechte Hand“ von Mario Draghi gilt, hat schweres Geschütz gegen Deutschland aufgefahren – ohne Deutschland namentlich zu erwähnen. Bei einer Rede in Berkeley (USA) am Samstag, warnte Coeure ausdrücklich, dass Länder mit starkem Handelsbilanzüberschuß die Welt in eine „Liquiditätsfalle“ mit hohen Sparraten und Nullzinsen stürzen würden:

„In an environment of low global growth, export-led strategies may be relevant for one economy, but in the aggregate they are bound to fail and they risk leading the global economy into a high saving, low real interest rate trap. There is in other words a fallacy of composition“.

Der Adressat dieser Warnung ist klar: Deutschland! Zumal das Land einen Handelsbilanzüberschuß von 8,4% seines BIP in diesem Jahr aufweist und damit, so der Vorwurf, für starke Defizite in anderen Ländern sorgt.

„In such an environment, if countries would run continuous current account surpluses, the world interest rate would fall until it hits the zero bound. The global economy would be in a permanent liquidity trap, at which point the adjustment would take place in the form of a world recession propagated by global imbalances. In other words (..) surplus countries can hold world output down, and even countries which in autarky would avoid falling in a liquidity trap may then be dragged down“
.

Mit anderen Worten: Deutschland sorgt mit seinen starken Überschüssen für Probleme in anderen Ländern, saugt die Liquidität aus diesen Ländern ab – und ist letztlich dann verantwortlich für eine globale Rezession. Es reiche eben nicht zu behaupten, man halte sein eigenes Haus in Ordnung – und wenn alle dasselbe täten, sähe die Welt besser aus, so Coeure in Anspielung auf das vor allem von Deutschland verwendete Argument. Denn der Überschuß des einen sei letztlich das Defizit des anderen Landes.

Der scharfe Ton Coeures dürfte dabei kein Zufall sein – und ist ein Anzeichen für die Grabenkämpfe hinter den Kulissen innerhalb der EZB. Ende letzter Woche hatte Bundesbank-Chef Weidmann die Politik der europäischen Notenbank scharf kritisiert (siehe dazu unseren Artikel „EZB vs Bundesbank: Der Anti-Draghi macht erneut Druck“): die Fokussierung auf die angeblich zu niedrige Inflation sei letztlich nutzlos, da vor allem der fallende Ölpreis die Inflation niedrig halte. Das aber sei kein Problem, sondern eher positiv für die Wirtschaft, da durch die tiefen Energiepreise der Konsum angekurbelt werde. Die Nullzinspolitik, so Wiedmann weiter, berge die Gefahr der Gewöhnung, untergrabe die fiskalische Disziplin der Länder etc.

Es brodelt also in Frankfurt. Die Frage ist nur, da die Machtverhältnisse ziemlich klar sind, wie lange Weidmann noch EZB-Direktoriumsmitglied sein wird angesichts der scharfen Tonlage..



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3 Kommentare

  1. andere Übersetzung: „Seid gefälligst so ‚faul‘ [1] wie der Rest!“ – aber eines haben diese keynesianischen Doof-Ökonomen dann doch noch begriffen: des einen Geld (hier: Währung) ist des anderen Schuld. Herr Weidmann scheint schon sehr deutlich zu ahnen, wohin die Reise bald gehen wird, weshalb er damit anscheinend „nicht in Verbindung gebracht“ werden will. So einfach vergessen wir aber dennoch nicht, Herr Weidmann: mit gehangen, mit gefangen.

    [1] nein, die sind nicht wirklich „faul“

  2. Ich glaube nicht, dass das viel mit fleissig oder faul zu tun hat. Vielmehr hängt es damit zusammen, ob die Mitarbeiter an Produktivitätssteigerungen partizipieren dürfen, oder auch nicht.

    In Deutschland hält man die die Bevölkerung am kurzen Lohngängelband und spielt lieber Exportweltmeister. Man freut sich an zweifelhaften Target-Salden und vernachlässigt die Binnenwirtschaft.

  3. Nun ja, der Mann hat m.E. recht! Die Eurokrise ist wesentlich durch Deutschland verursacht worden. Die Südschiene hat sich etwas zu hohe, insbesondere aber hat Deutschland sich viel zu geringe Löhne gegönnt. Dabei war aber ein Inflationsziel von 1,9% abgemacht. Das bedeutet, die Löhne sollten entsprechend der jeweils nationalen Produktivität plus Inflationsziel steigen. Deutschland hat sich seit Beginn der Eurozone nicht ein einziges mal an diese Vorgabe gehalten. Die Folge sind absurd hohe Exportüberschüsse, die wir letztlich zu einem großen Teil verschenken müssen, weil unsere Nachbarn gerade pleite sind. Die herrschende Ideologie namens Neoliberalismus hat überall zu sinkenden Löhne geführt, der Auseritätskurs zum de facto Zusammenbruch der Binnenwirtschaft in unseren Krisenstaaten. Die Nachfrage ist am Boden! Und jetzt wundert man sich, dass bei Unterauslastung der Kapazitäten der Unternehmen diese keine Kredite nachfragen und Investitionen vornehmen? Da kann die EZB noch so viel Geld an die Banken verteilen – das wird nichts!
    Das hätte man von Japan lernen können, die versuchen seit über 20 Jahren Inflation über QE zu erzeugen – es gelingt ihnen nicht. Das ist alles so dermaßen Balla balla …

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