Devisen

EZB-Sitzung und Pressekonferenz: Es geht darum, was nicht gesagt wird!

Warum die EZB mittelfristig den Euro-Anstieg gar nicht mehr verhindern kann!

Von Markus Fugmann

Der heutige Tag begann schon mit Verwirrung – und es wird vermutlich nicht die letzte Konfusion bleiben in Sachen EZB. Eine Nachrichtenagentur hatte gemeldet, dass die EZB erst nach 13.45Uhr ihr sogenanntes „monetary statement“ bringen werde – der Kurs des Euro stieg daraufhin (warum auch immer). Inzwischen hat die Nachrichtenagentur ihren Bericht korrigiert – es wird das Statement doch um 13.45Uhr geben (wie berichten dann darüber mit dem Originaltext und einer Kurzeinschätzung um 13.45Uhr).

Gestern der Bericht einer Nachrichtenagentur, dass die EZB sich in Sachen Tapering (Minderung der Anleihekäufe) zurück halten werde und erst bei der nächsten Sitzung am 26.Oktober dazu Stellung nehmen werde. Das wäre insofern eine Überraschung, weil in der heutigen Sitzung die „projections“ kommen, also die Erwartungen der EZB in Sachen Konjunktur und Inflation. Normalerweise nennt man daher solche Sitzungen auch „große Sitzungen“ – die Sitzung im Oktober ist dagegen keine große Sitzung.

Das Problem der Notenbank ist schon viel beschrieben worden: die kaufbaren Anleihen gehen aus, sodass das QE so oder so spätestens Ende 2018 komplett eingestellt werden muß. Es sei denn, die EZB findet eine andere Anlageklasse, die sie kaufen kann – aber was sollte das sein? Derzeit kauft sie neben Staatsanleihen auch Unternehmensanleihen und asset backed securities – viel mehr geht nicht.

Dazu sind die Konjunkturdaten gut – heute wurde ein BIP-Wachstum von +0,6% gemeldet, kein einziges Land hat ein negatives BIP. Die Verbraucherpreise dürften im August um +1,5% zum Vorjahresmonat gestiegen sein – im August des Vorjahres waren es nur +0,2% zum damaligen Vorjahresmonat. Die +1,5% liegen damit schon fast am definierten Ziel der Notenbank.

Die erste Option der EZB ist nun eine Art „dovishes Tapering“: man reduziert die Anleihekäufe ab Januar 2018 nur minimal und verschiebt damit das Problem in die Zukunft, weil man dann später umso stärker tapern muß. Die zweite Option ist, dass die EZB doch klar sagt, dass da weniger kommen wird, aber gleichzeitig indirekt vor der Euro-Stärke warnt, indem sie vor unbeabsichtigen Folgen für die Finanzbedingungen warnt („unwarranted tightening of financial conditions“).

Faktisch geht es auch darum, was Draghi auf der EZB-Situzng nicht sagen wird. Sollte er keine indirekten (direkte wird er wohl nicht machen, weil der Wechselkurs eigentlich nicht in das Mandat der Notenbank fällt) Andeutungen machen, dass er Soregn hat über die Euro-Stärke (der Euro ist seit Jahresbeginn um +15% zum Dollar gestiegen), dann dürfte der Euro in Richtung 1,25 schiessen.

Grundsätzlich ist der Euro schon dadurch unterstützt, dass die internationalen Zentralbanken eine sehr geringe Gewichtung im Euro haben, aber angesichts der politischen Unsicherheit in den USA das ändern wollen dürften. Kürzlich hatte zudem der weltgrößte sovereign wealth fund, die Norge Bank (also die Institution, die mit dem von Norwegen eingenommen Öl-Einnahmen arbeitet und knapp eine Billionen Dollar verwaltet), klar gemacht, dass sie nur noch Anleihen kaufen werde, die in Dollar, Euro oder Pfund notieren. Auch das wird Gelder in den Euro umleiten, die von den Anleihemärkten der Emerging Markets (und aus Japan) abgezogen werden.

Mit anderen Worten: die Zeit spricht für den Euro und gegen die Chance, dass die EZB den weiteren Euro-Anstieg wirklich wird deckeln können. Und weil der Markt das weiß, wird er faktisch gegen die Notenbank spekulieren und versuchen, die Notenbank an ihre absolute Schmerzgrenze zu treiben. Der Euro-Geist ist aber schon aus der Flasche, weil die Tatsachen für ihn sprechen. Verbalinterventionen Draghis oder andere EZB-Mitglieder haben daher wohl nur noch kurzfristige Wirkung, werden dann aber schnell wieder verpuffen.

Die EZB und auch Mario Draghi werden dann die Erfahrung machen, dass es einfach ist, die Geldpolitik zu lockern und QE zu betreiben – aber viel schwieriger, das alles wieder zurück zu fahren. Es wird spannend sein, Draghi bei diesem Himmelfahrtskommando heute und in den kommenden Monaten zu beobachten!


Foto: EZB



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1 Kommentar

  1. Wenn der Euro in Richtung 1,25 laufen sollte, wird der DAX abtauchen….

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