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Arbeitsmarktbericht bremst Zinshoffnung Fed-Zinsen: Märkte in Ekstase, aber Vorsicht! – Expertenmeinung

Fed-Zinsen: Märkte in Ekstase, aber Vorsicht! - Expertenmeinung
Federal Reserve - Foto: Bloomberg

Die Aussicht auf einen baldigen Zins-Schwenk der Fed hat die Märkte zuletzt in Ekstase versetzt. Aktien und Anleihen legten eine rekordverdächtige November-Rally aufs Parkett und der Goldpreis sprang auf ein neues Allzeithoch, während die Renditen auf Staatsanleihen stark gefallen sind. Der Markt rechnet aufgrund der Abkühlung der Inflation mit der ersten Zinssenkung im März. Im Laufe des Jahres sollen die Zinsen dann um etwa 120 Basispunkte sinken.

Angesichts eines nach wie vor starken Arbeitsmarkts sowie einer relativ robusten Wirtschaft wirken die Zinshoffnungen überzogen. Zudem ist davon auszugehen, dass der Fed die deutliche Lockerung der Finanzkonditionen gar nicht gefällt. Einige Experten warnen daher schon vor einer Zins-Enttäuschung in 2024.

Arbeitsmarktbericht bremst Zinshoffnungen aus

Nach der gestrigen Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts, der besser als erwartet ausgefallen war, stiegen die Renditen von Staatsanleihen wieder an. Händler nahmen indessen die Erwartungen an eine aggressive Lockerung der Geldpolitik durch die US-Notenbank im nächsten Jahr etwas zurück, wie Bloomberg berichtet.

Die Benchmark-Renditen für zweijährige Anleihen, die am stärksten von den Aussichten für die Geldpolitik der Fed abhängen, stiegen um bis zu 14 Basispunkte an einem Tag, so viel wie seit Juni nicht mehr. Über das gesamte Laufzeitenspektrum hinweg stiegen die Renditen im Laufe des Tages um mindestens sechs Basispunkte. Treiber waren die überraschend starken Arbeitsmarktdaten.

Swap-Händler reduzierten ihre Wetten darauf, wie stark die Fed die Zinsen im nächsten Jahr senken wird. Sie rechnen nun mit einer Lockerung um etwa 110 Basispunkte, nachdem sie zuvor fast 125 Basispunkte erwartet hatten. Dem Arbeitsmarktbericht zufolge stieg die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft im vergangenen Monat um 199.000 gegenüber der mittleren Schätzung der Ökonomen von 185.000, während die Arbeitslosenquote unerwartet auf 3,7% fiel (vorher 3,9%), da die Erwerbsbeteiligung leicht anstieg.

Fed-Zinsen: Expertenmeinungen

„Dies ist ein starker Bericht“, sagte Michael Darda, Chefökonom bei Roth MKM, im Bloomberg-Fernsehen. „Die Fed wird ihn sich ansehen und sich nicht wirklich gezwungen fühlen, diese frühen Zinssenkungen im nächsten Jahr vorzunehmen, die der Markt bereits eingepreist hat.“

Die Neubewertung am Freitag bestätigte Strategen, die gesagt hatten, der Anleihemarkt sei der Zentralbank zu weit voraus, indem er Zinssenkungen bereits im März einpreiste. Swap-Händler reduzierten am Freitag die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed die Zinsen im März senkt, von über 52 % vor dem Arbeitsmarktbericht auf etwa 43 %.

Zu den Handelsströmen, die zu dieser Verschiebung beitrugen, gehörten mehrere große Futures-Blocktrades in Kontrakten auf den zweijährigen Treasury-Note-Kontrakt und die Secured Overnight Financing Rate (SOFR), ein Marktsatz, der vom Zinssatz der Fed beeinflusst wird.

Auch im Euroraum nahmen die Händler ihre Wetten auf Zinssenkungen im nächsten Jahr zurück. Fünf Senkungen der Zinsen um jeweils einen Viertelpunkt sind immer noch voll eingepreist, aber die Wahrscheinlichkeit einer Sechsten sinkt allmählich. Die Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinssenkung der EZB im März sank leicht auf 60 % gegenüber 72 % am Donnerstag.

„Der Bericht wird die Leute davon abhalten, über Zinssenkungen zu sprechen“, sagte Gang Hu, geschäftsführender Partner bei Winshore Capital Partners. „Der Trend des Arbeitsmarktes schwächt sich ab, aber nicht so sehr, wie die Leute dachten,“ während die Inflation auch noch nicht für eine Lockerung spricht, sagte Hu.

Mohamed El-Erian

Der Top-Ökonom und frühere Chef der Allianz-Tochter Pimco, Mohamed El-Erian, sagt: „Die starken Arbeitsmarktdaten sind gute News für die US-Wirtschaft“. Allerdings warnt er davor, dass die Zinssenkungserwartungen wahrscheinlich zu weit gelaufen sind. „Händler sollten nun darüber nachdenken, ihre Erwartungen an Zinssenkungen der Fed im nächsten Jahr neu zu kalibrieren.“

Die Fed dürfte alles andere als glücklich darüber sein, dass der Markt die „finanziellen Bedingungen massiv gelockert hat“, sagt El-Erian. Eine wichtige Voraussetzung, dass die Inflation auf das 2%-Ziel der Fed zurückgeht, ist eine Abkühlung des Dienstleistungssektors. In dem Punkt ist El-Erian jedoch skeptisch und schließt daher eine Zinssenkung im März so gut wie aus. Hier seine Aussagen im Video:

Auf Anleihen setzen?

Die Renditen für viele Treasury-Laufzeiten waren zu Beginn dieser Woche auf den niedrigsten Stand seit mehreren Monaten gesunken. Es herrschte die Ansicht am Markt, dass es sicher ist, Anleihen zu kaufen, solange der aggressivste Straffungszyklus seit Jahrzehnten vorbei ist, selbst wenn die Zinssenkungen später als erwartet kommen. Die Fed hat die Zinssätze seit März 2022 als Reaktion auf die anziehende Inflation um mehr als 5,25 Prozentpunkte erhöht.

Die von JPMorgan wöchentlich befragten Anleger haben eine Netto-Long-Position in Staatsanleihen, die der größten seit 2010 verzeichneten Positionen entspricht. Der Anleihemarkt verzeichnete im November mit einem Plus von 3,5 % den größten Zuwachs seit 2008 und glich damit einen Verlust im bisherigen Jahresverlauf bis Oktober aus.

Rick Rieder, Chief Investment Officer of Global Fixed Income bei BlackRock, sagte am Freitag, dass er den Kauf von Schuldtiteln mit einer Laufzeit von drei bis sieben Jahren bevorzuge, da er davon ausgeht, dass die Renditen sinken werden, wenn die Federal Reserve mit der Senkung der Zinssätze beginnt, was seiner Meinung nach aber erst im Juni der Fall sein dürfte.

Fed-Zinsen: Wetten auf Zinssenkungen lassen die Renditen sinken - Inflation kühlt ab
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Hochspannung vor der Fed-Sitzung

Die letzte Fed-Sitzung des Jahres steht nächste Woche an, und obwohl keine Änderung der Zinsen zu erwarten ist, wird es dennoch spannend. Denn die Fed-Ratsmitglieder werden am Mittwoch zum ersten Mal seit September ihre Prognosen für die kommenden Jahre aktualisieren – in einem sogenannten Dot Plot. Damals sahen die mittleren Prognosen eine weitere Anhebung um einen Viertelpunkt im Jahr 2023 vor, gefolgt von zwei Zinssenkungen im Jahr 2024. Der Fokus richtet sich zudem auf die Äußerungen des Vorsitzenden Jerome Powell nach der Sitzung, diese könnten die Märkte weiter beeinflussen.

„Es ist wahrscheinlich, dass die meisten Fed-Mitglieder die Markterwartungen für eine aggressive Lockerung in den nächsten Monaten nicht weiter beflügeln wollen“, sagte Michael Feroli, leitender US-Ökonom bei JPMorgan in einer Notiz. „Dennoch werden die Revisionen der Wirtschaftsprognosen wahrscheinlich eine niedrigere Kerninflation in diesem und im nächsten Jahr zeigen, sodass wir glauben, dass die Dot Plots immer noch eine gewisse Lockerung zeigen werden“, wobei die mittlere Prognose für 2024 von 5,125% im September auf 4,875% zurückgehen könnte.

Feroli geht davon aus, dass die Fed ihren Leitzins in der kommenden Woche unverändert in der derzeitigen Spanne von 5,25 % bis 5,5 % belässt.

Wichtige Events in der nächsten Woche

Am Tag vor der Fed-Entscheidung wird die Regierung ebenfalls die Inflation für November veröffentlichen, wobei die Gesamtinflationsrate von 3,2 % auf 3,1 % sinken dürfte. Ein stärker als erwartet ausgefallener Rückgang im Oktober trug dazu bei, die massive Anleihen- und Aktien-Rallye des letzten Monats auszulösen.

Darüber hinaus sorgen die für Montag und Dienstag nächster Woche geplanten Auktionen von drei-, zehn- und dreißigjährigen Staatsanleihen für einen Angebotsdruck, der die Käufer vorübergehend abschrecken könnte.

Die Verschiebung der Zinssenkungserwartungen ist ein Rückschlag, „aber wir denken, dass die Leute die Delle kaufen werden“, sagte Priya Misra, Portfoliomanagerin bei JP Morgan Investment Management. „Nicht viele hatten die Gelegenheit, 10-jährige Staatsanleihen zu 5 % zu kaufen, aber selbst 4,25 % sind kein schlechtes Niveau in einer Welt, in der sich Wachstum und Inflation verlangsamen.

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Die FED wird es die Zinsen senken wenn es zu Markteinbrüchen von über 25 Prozent und mehr kommt. Zum Beispiel im Jahre 2000 da stand der Nasdaq Composite Index und Nasdaq 100 Index bei um die 5000 Punkte.

    Aber erst im Januar, bei 2100 gab’s die ersten Zinssenkungen.

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