Aktien

Für Kohle-Aktien tickt die Uhr!

Schlechte Zeiten für die Kohle-Industrie

Immer mehr Unternehmen aus der Finanzindustrie kündigen ihren Ausstieg aus der Kohle an. Damit versiegen langsam aber sicher die Finanzierungsquellen für die Betreiber von Kohle-Minen. Über kurz oder lang trifft es dann sicherlich auch die Betreiber von Kohle-Kraftwerken. Die Unternehmen können den Wegfall einzelner Financiers noch überstehen. Doch die Konditionen dürften sich bei weniger Auswahl verschlechtern und die Refinanzierung damit verteuern. Zeit, über einen Ausstieg aus Kohle-Aktien nachzudenken. Wie immer Sie auch zum Klimawandel stehen mögen: Es ist ein Fakt, dass der Zugang zum Kapitalmarkt für Kohleminen umso schwieriger wird, je mehr Investmentbanken und institutionelle Anleger den Kohleausstieg beschließen – Divestment genannt. Jüngstes Mitglied der Divestment-Runde ist die größte Bank der USA, JPMorgan Chase. Zuvor gab ähnliches bereits der größte Vermögensverwalter der Welt bekannt, BlackRock.

Ohne Investmentbanken läuft für Kohle-Unternehmen wenig

Um zu verstehen, welche Auswirkungen das Divestment für Unternehmen hat, müssen wir uns anschauen, wie die Kapitalaufnahme für die Unternehmen normalerweise abläuft. Benötigt ein größeres Unternehmen Geld, steht neben simplen Bankkrediten auch der Kapitalmarkt zur Verfügung, der in der Regel größere Summen bei geringeren Kosten zur Verfügung stellen kann als einzelne Banken. Beschließt ein Unternehmen, eine neue Anleihe herauszugeben, also einen Kredit aufzunehmen, führt sie der Weg zu den Investmentbanken. Die fragen bei ihren großen Kunden das Interesse am Zeichnen der Anleihe ab. Ist das gewünschte Volumen eingeworben, wird die Anleihe herausgegeben, an die Kunden der Investmentbanken verkauft und wird fortan an der Börse gehandelt. Je mehr institutionelle Anleger beim Divestment mitmachen, umso weniger potenzielle Käufer bleiben übrig. Dadurch sinkt die Chance, größere Volumina zu platzieren und der Zinssatz steigt bei geringerer Nachfrage nach der Anleihe.

Verschärft wird das Problem, wenn die Investmentbanken selbst nicht mehr mitmachen wollen. Dann fällt nicht nur ein einzelner potenzieller Käufer der Anleihen weg, sondern die Schnittstelle zwischen dem herausgebenden Unternehmen und den potenziellen Käufern des Papiers. Bei Kapitalerhöhungen, also der Herausgabe neuer Aktien, läuft es genauso. In der Regel wird bei solchen Transaktionen gleich ein ganzes Konsortium an Investmentbanken engagiert, um die benötigten Volumina zu generieren. So beauftragte Tesla Motors für die jüngste 2,3 Milliarden US-Dollar schwere Kapitalerhöhung gleich neun verschiedene Investmentbanken.

14% des weltweiten Aktien- und Anleihe-Vermögens divestiert bereits

Laut dem Projekt Fossil Free haben sich inzwischen 1.184 insititutionelle Investoren, die zusammen 14,1 Billionen US-Dollar Kapital verwalten, dem Divestment verschrieben. Das entspricht bereits 14% des weltweit in Aktien und Anleihen investierten Vermögens (Stand 2016). Vor viereinhalb Jahren war die Summe weniger als ein Fünftel so groß. Bei unverändertem Wachstum der Zusagen wären 2026 sämtliche Finanzierungsquellen für Kohleminen versiegt.

Sofern das Investieren in Kohleminen nicht verboten wird, dürfte es jedoch zu keinem vollständigen Finanzierungsstopp kommen. Irgendjemand wird immer Geld anbieten, sofern die Renditeaussichten stimmen. Das heißt aber auch, dass es für die Minenbetreiber künftig deutlich teurer wird, Kapital zu beschaffen. Und da am Anleihemarkt Renditen und Preise negativ miteinander gekoppelt sind, bedeuten steigende Renditen automatisch fallende Kurse für bereits herausgegebene Anleihen. Wer nicht plant, die Anleihen bis zur Endfälligkeit zu behalten, wird also Verluste erleiden. Der vorzeitige Ausstieg aus Anleihen bedeutet auch, dass das Angebot am Markt steigt. Bei gleichzeitig sinkender Nachfrage nach den Papieren bedeutet auch das: fallende Kurse.

Wie wir es auch drehen und wenden: Die Zeiten billigen Geldes dürften für Kohleminen und absehbar auch Kohlekraftwerksbetreiber schon in naher Zukunft vorbei sein. Gegen die weltweit koordinierte Investitionsverweigerung können die Anbieter wenig ausrichten. Bislang betrifft das Problem zunächst die als am schädlichsten wahrgenommenen: Die Unternehmen, die Kohle abbauen. So nennt auch JPMorgan beim Divestment explizit diese Unternehmen als Ziel der Maßnahme.

JPMorgan geht aber bereits einen Schritt weiter und will auch keine Kohlekraftwerke mehr finanzieren, sofern die das CO2 nicht einfangen und speichern. Vom Finanzierungsstopp betroffen sind auch Öl- und Gasförderer, allerdings beschränkt auf Projekte in der Arktis. Doch dabei dürfte es nicht auf Dauer bleiben. Übrigens: Goldman Sachs kündigte bereits im vergangenen Jahr an, aus genau den selben Bereichen aussteigen zu wollen. Blackrock hat Unternehmen auf der Abschussliste, die mehr als 25% ihres Umsatzes mit Kohle machen. Schon 2015 preschte die Allianz vor.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

1 Kommentar

  1. Wer wissen will, welche Unternehmen wie sehr gegenüber Kohle exponiert sind – die „Global Coal Exit List“ hat die Zahlen dazu: https://coalexit.org/

    Gedacht ist diese Datenbank als „divestment tool for the finance sector“.
    Organisiert wird sie von der deutschen NGO „Urgewald“.
    (http://www.land.lu/page/article/550/335550/FRE/index.html)

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage