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Energiekrise Gaspreis steigt wieder deutlich an – drei Faktoren

Der Gaspreis am Terminmarkt steigt wieder kräftig an. Schauen wir vor allem auf Faktoren wie das Wetter und Zweifel an EU-Maßnahmen.

Gas-Flammen auf Herd

Tagelang war der europäische Großhandels-Gaspreis am Terminmarkt (Dutch TTF-Kontrakt) gefallen, in Vorausschau auf koordinierte harte Maßnahmen von EU-Kommission und EU-Mitgliedsstaaten gegen die Energiekrise. Aber offenbar scheint die Euphorie verpufft zu sein nach der gestrigen Veröffentlichung der Vorschläge der EU-Kommission und der Rede von Ursula von der Leyen (Details hier nachzulesen). Wochenlang werden Kommission und Mitgliedsstaaten jetzt wohl erstmal über die Details beraten. Aber der Markt und die Verbraucher wollen am liebsten sofort große harte Maßnahmen sehen.

Gaspreis steigt an – Zweifel an Wirkung von EU-Maßnahmen und anstehendes kälteres Wetter

Und so sehen wir, wie der Gaspreis nun wieder anzieht. Ende August noch weit über 330 Euro und im Tief vorgestern bei 181,50 Euro, sehen wir binnen 48 Stunden einen Anstieg auf aktuell 242 Euro pro Megawattstunde! Alleine gegenüber gestern Abend ist es ein heutiges Tagesplus von 11 Prozent (Chart zeigt Kursverlauf der letzten zwölf Monate – der jüngste Anstieg ist gut erkennbar). Bloomberg schreibt dazu aktuell: Der Gaspreis steigt weiter an, da Händler abwägen, ob die Maßnahmen Europas zur Eindämmung der Energiekrise ausreichen werden, um Rationierungen und Stromausfälle im Winter zu verhindern.

Chart zeigt Dutch TTF-Gaspreis im Verlauf der letzten zwölf Monate

Der radikale Interventionsplan der Europäischen Kommission sieht vor 140 Milliarden Euro aus den Erträgen der Energieunternehmen für die Verbraucher zu beschaffen, die Nachfrage nach Spitzenstrom zu drosseln und die Liquidität zu erhöhen. Es bleibt laut Bloomberg jedoch ungewiss, wie die Maßnahmen umgesetzt werden, da die Mitgliedstaaten uneins sind, und die Pläne der EU-Kommission erst absegnen müssen.

Ein Vorschlag, die Preise für importiertes Gas zu deckeln, wurde wegen mangelndem Konsens verworfen. Die Pläne enthielten auch keine Lösungen, wie der Markt, der seit der Unterbrechung der russischen Gaslieferungen angespannt ist, mit zusätzlichen Lieferungen versorgt werden kann. Die deutsche Energieregulierungsbehörde warnte, dass Deutschland im Falle eines kalten Winters mit „Wellen“ von Engpässen konfrontiert sein könnte.

Der Schwerpunkt wird laut Bloomberg weiterhin auf den Lagerbeständen liegen. Nach Angaben von Gas Infrastructure Europe sind die europäischen Lager zu etwa 84 % gefüllt, was leicht über dem Fünfjahresdurchschnitt liegt, und in Deutschland zu 89 %. Sollte es zu einer akuten Energieknappheit kommen, werden wirksame Maßnahmen zur Nachfragereduzierung zunehmend an Bedeutung gewinnen, so Stefan Ulrich, Analyst bei BloombergNEF.

Die Wettervorhersagen deuten jetzt auf kühlere Temperaturen für Ende September hin, was auf dem Markt sofort einige Bedenken hinsichtlich eines Nachfrageanstiegs hervorruft“, so die Analysten des Handelsunternehmens Energi Danmark in einem Vermerk.

Der europäische Gaspreis ist laut Bloomberg etwa achtmal so hoch wie für diese Jahreszeit üblich, und belastet die Wirtschaft und die Haushaltsbudgets immens. Die Regierungen stehen unter wachsendem Handlungsdruck, da der offizielle Beginn der Heizsaison nur noch etwa zwei Wochen entfernt ist. Die hohen Preise haben bereits zu einer Verringerung der Nachfrage beigetragen, da Fabriken, die alles von Metallen bis zu Düngemitteln herstellen, ihre Produktion gedrosselt haben. Ein Gaspreis von rund 190 Euro pro Megawattstunde im Winter würde laut Ulrich von BloombergNEF ausreichen, um die Nachfrage in den kältesten Monaten in allen Sektoren um mindestens 14% zu senken.

Drohender Bahnstreik in den USA

Laut dem Bloomberg-Enegieexperten Stephen Stapczynski steigen Erdgaspreise in den USA bereits vor den möglichen Streiks bei der dortigen Bahn. Denn ein US-Eisenbahnstreik würde seiner Aussage nach das Angebot an Kohle, die in hohem Maße vom Zugverkehr abhängt, drastisch reduzieren und die Stromerzeuger in den USA zwingen, verstärkt auf Erdgas als Brennstoff zurückzugreifen. FMW-Kommentar: Eine höhere Nachfrage nach Gas in den USA erhöht womöglich weltweit den Konkurrenzdruck um diesen Brennstoff. Wer eine Ware unbedingt haben will, ist bereits höhere Preise zu zahlen.

FMW-Kommentar: Wir sehen also erstens die Aussicht auf bevorstehendes kälteres Wetter in Europa, zweitens die Zweifel an der Durchsetzung der EU-Maßnahmen, und drittens mögliche Auswirkungen des anstehenden Bahn-Streiks in den USA. Diese Gemengelage beeinflusst derzeit den Terminmarkt-Gaspreis in Europa.

FMW/Bloomberg



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2 Kommentare

  1. Dies wirkt sich möglicherweise auf die Nachfrage nach Erdöl aus.

  2. Und wenn es weniger Kohle gibt, schalten die Amis einfach um auf mehr Gas? So Redundant ist die Stromversorgung in der USA?
    Kaum zu glauben dass damit große Verschiebungen möglich sind, wenn man alleine die Hochspannungsnetze betrachtet dort.
    Interessant

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