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Unerwartete Hilfe vom Wetter Gasspeicher voll, Preis fällt – „Dieser Winter ist Habecks Freund“

Die Gasspeicher sind voll. Der Gaspreis fällt. Für Robert Habeck wird das kurzfristig eine Erleichterung sein. Aber das Problem bleibt.

Wer hätte das noch vor Monaten gedacht, dass das Wetter der größte Helfer in der Krise sein würde? Der Oktober war europaweit außerordentlich warm, und für November scheint es auch gut auszusehen. Deswegen wird von den privaten Gasverbrauchern derzeit logischerweise kein oder nur ganz wenig Gas fürs Heizen verwendet. Die Folge: Die Gasspeicher in Deutschland und in ganz Europa füllen sich seit Wochen und Monaten durchgehend. Auch jetzt, wo wir eigentlich längst in der Heizperiode angekommen sind, nehmen die Füllstände zu. Das sind fast paradiesische Zustände für Robert Habeck? Gestern hatten wir bereits auf ein bevorstehendes Dilemma hingewiesen: Im Sommer sehr teuer Gas eingekauft und eingespeichert – und jetzt im Winter sehr billig verkaufen und ausspeichern? Aber auch grundsätzlich stellt sich die Frage, wohin mit dem neu angelieferten Gas, wenn das Wetter weiterhin zu warm bleibt?

Gasspeicher voll – was nun?

Die Daten von Gas Infrastructure Europa zeigen es. In Deutschland sind die Gasspeicher zu 98,82 Prozent gefüllt. Gestern war es ein weiterer Anstieg von 0,29 Prozentpunkten. Ohne einen Tag Pause füllen sich die Gasspeicher derzeit immer weiter. Vor allem bei Deutschlands größtem Gasspeicher Rehden, der vormals von Gazprom betrieben wurde und von Null startete bei der Auffüllung, ist noch etwas Luft nach oben mit aktuell 91,82 Prozent Füllstand. Aber täglich wird hier derzeit um 0,40 Prozentpunkte aufgefüllt. Im EU-Schnitt sind es 94,68 Prozent Füllstand. Was nun? Wenn die Speicher so randvoll sind, und wenn die Privatverbraucher die nächsten Tage weiter wenig heizen, findet Gas aus Norwegen oder aus Übersee (LNG) keine Möglichkeit mehr abgenommen zu werden? Die Preise könnten dann weiter absacken, weil die Lieferanten auf Hochdruck so viel Gas liefern wie möglich – aber aktuell kein Bedarf besteht. Das nennt man dann ein kurzfristiges Überangebot an Gas.

Natürlich wird sich dies mit dem ersten Kälteeinbruch ändern. Aber für den Moment ist es ein tolles Szenario zur Entspannung der Energiekrise. Der Terminmarkt-Future-Preis Dutch TTF für die November-Lieferung notierte die letzten Tage um die 100 Euro pro Megawattstunde, ist aber inzwischen ausgelaufen. Nun sehen wir im aktuellen Dezember-Kontrakt einen Preis von 117,70 Euro – ein Minus von 4,6 Prozent gegenüber gestern Abend. Man bedenke aber, dass der Dezember-Kontrakt noch vor Kurzem bei 140 Euro notierte. Im Chart sehen wir den Kursverlauf seit November 2021.

Kursverlauf im Dutch TTF-Gaspreis in den letzten zwölf Monaten

Auch November relativ warmes Wetter? „Dieser Winter ist Habecks Freund“

Der Oktober war sehr mild. Wird auch der November sehr mild, und die Füllstände der Gasspeicher werden damit weiter auf sehr hohem Niveau gehalten? Bloomberg schreibt dazu aktuell: Während ganz Europa verzweifelt nach Lösungen sucht, um den Schock der Energiekrise über den Winter zu mildern, gewährt ausgerechnet der am wenigsten steuerbare Aspekt den Regierungen eine Atempause: das Wetter. Prognosen für November sagen milde Temperaturen in ganz Europa voraus, was den Entnahmedruck auf die Gasspeicher verringert. Vor dem noch bevorstehenden Höhepunkt der Heizsaison ist das eine gute Zwischennachricht für Verbraucher und die Industrie. Trotz des Rückgangs der Preise seit August wissen viele Haushalte nicht, wie sie ihre Energierechnungen bezahlen sollen.

“Dass der Oktober ein Rekordmonat wird, ist fast ausgemacht,” erklärte Kai Biermann, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst, zu den jüngst hohen Temperaturen in Deutschland. Im November dürfte die milde Witterung laut Biermann mit nur kurzen Unterbrechungen bis Monatsende anhalten.

Durch das laue Wetter konnte Erdgas länger in die Gasspeicher eingebracht werden. Die Lager sind jetzt in ganz Europa zu 94% und in Deutschland zu fast 99% gefüllt, was über den Planzahlen der Regierungen liegt. Die prall gefüllten Kavernen mussten meist noch nicht angezapft werden, was die Versorgungslage während der noch kommenden kälteren Tage im Winter verbessert.

Ein warmer Novemberanfang wäre “ein willkommenes Zeichen, das dazu beiträgt, die Nachfrage zu senken”, so Matthew Dross, Meteorologe beim Wetterdienst Maxar, der für die gesamte Heizsaison ein eher mildes Muster erwartet. “Dennoch können gelegentliche Kaltlufteinbrüche im November und in der gesamten Wintersaison 2022-2023 nicht ausgeschlossen werden.” Ein milder Winter ist kein Allheilmittel. Mit einer verschobenen Heizperiode hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck aber immerhin eine Sorge weniger.

Wetterprognosen bis Jahresende

Mildes Wetter wird nicht ewig anhalten – Blick in die Zukunft

Natürlich erleben wir dieses warme Wetter nicht ewig. Wird es nur kalt genug, beginnen die Ausspeicherungen, und die Füllstände der Speicher sinken. Und im nächsten Sommer müssen wir anders als in diesem Sommer ganz ohne russisches Gas auskommen beim Neu-Auffüllen der Gasspeicher. Der momentane Zustand ist also nur ein kleines kurzweiliges Glück, das die angespannte Lage und auch den Gaspreis kurzfristig entspannen lässt. Bloomberg schreibt dazu weiter, auszugsweise: „Alternative Brennstoffquellen werden die Lücke füllen, aber sie werden ihren Preis haben“, sagte Caroline Bain, Chefökonom für Rohstoffe bei Capital Economics, in einer Notiz. Die Gruppe geht davon aus, dass die Energiepreise im Jahr 2023 allgemein auf einem hohen Niveau bleiben werden.

Die Vorräte sind in einem guten Zustand, aber die große Frage ist, wie der Winter verläuft, was bedeutet, dass die Preise weiterhin unbeständig sein werden, sagte Alfred Stern, Vorstandsvorsitzender des österreichischen Energieunternehmens OMV AG, gegenüber Bloomberg TV.

Die politischen Entscheidungsträger erwägen weitere Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die europäischen Volkswirtschaften vor einem weiteren Anstieg der Energiekosten geschützt sind. Die Energieminister der Europäischen Union streben eine Einigung über ein weiteres Paket von Vorschlägen noch in diesem Monat an.

Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, sagt dazu aktuell dies:

FMW/Bloomberg/GIE

Gasspeicher-Rohre
Oil pipes at the Viru Keemia Grupp AS (VKG) oil shale processing plant in Kohtla-Jarve, Estonia, on Tuesday, June 7, 2022. Oil hit a three-month intraday high on Monday amid rebounding demand from China and a significant tightening of the market following Russias invasion of Ukraine. Photographer: Peter Kollanyi/Bloomberg


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1 Kommentar

  1. Der Klimawandel hat doch auch Vorteile. Wir sollen ihn unterstützen…*ggg

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