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Gewinne im deutschen Bankensektor: Reine Ansichtssache

Immer wieder hört man die deutschen Banken würden arg leiden unter den von der EZB abgeschafften Zinsen. Und dieses Argument ist auch logisch nachvollziehbar. Gerade die allerkleinsten Sparkassen und Volksbanken...

FMW-Redaktion

Immer wieder hört man die deutschen Banken würden arg leiden unter den von der EZB abgeschafften Zinsen. Und dieses Argument ist auch logisch nachvollziehbar. Gerade die allerkleinsten Sparkassen und Volksbanken dürften massiv leiden, denn bei ihnen gibt es neben der Zinsmarge kein großes sonstiges Geschäft, aus dem man Erträge ziehen kann. Sie fusionieren derzeit in großer Zahl mit anderen kleinen Instituten um zu überleben. Aber das Gesamtbild? Das sieht irgendwie nicht so aus, als würde die Branche verhungern. Wir erinnern an die sagenhaft schöne Zahl von 8,3 Milliarden Euro Gewinn bei den Volks- und Raiffeisenbanken als gesamte Gruppe im Jahr 2016.

Laut der auf die Finanzbranche spezialisierten Beratungsfirma „zeb“ lagen die Gewinne der gesamten deutschen Bankenbranche 2014 noch bei 52,4 Milliarden Euro, und 2016 bei 49,7 Milliarden Euro. zeb spricht davon, dass sich diese „negative Entwicklung“ bis zum Jahr 2020 fortsetzen werde. Bis dahin werde das Ertragspotenzial auf 45,6 Milliarden Euro absinken – also eine grobe Schätzung. Aber ein Weltuntergang für die Branche sieht anders aus. Und bis dahin dürfte sich auch bei den EZB-Zinsen endlich mal was getan haben. Weiter sagt zeb aktuell Zitat (auszugsweise):

Aufgrund der zentralen, sich überlagernden Trends, wie z. B. des sich deutlich ändernden Kundenverhaltens, der äußerst dynamischen Entwicklungen im Bereich Digitalisierung sowie branchenspezifischer Entwicklungen, wie der Niedrigzinsphase oder der Regulatorik, können wir aktuell keine positive Tendenz für das deutsche Privatkundengeschäft erkennen.“ Begleitend zu fallenden Ertragszahlen dürfte auch das Ergebnis im deutschen Retailbanking von zuletzt leicht positiven 1,4 Mrd. Euro ohne Gegenmaßnahmen im Jahr 2016 auf dann -5,6 Mrd. Euro im Jahr 2020 sinken.

Im Klartext: Im Privatkundenbereich wird sich der zuletzt kleine Gewinn der Banken bis 2020 in ein Minus von 5,6 Milliarden Euro verwandeln. Was das heißt? Ist doch wohl klar: Weitere umfassende Filialschließungen, weitere Zusammenlegung kleinerer Banken und Sparkassen, Entlassungen, weniger Kundenservice bei kleinen Kunden ohne große Guthaben. Das klingt bei der zeb natürlich etwas technischer. Zitat:

Will man z. B. nur das Ergebnis des Jahres 2016 auf vergleichbarem Niveau halten, müssten Kostensenkungen von 17 % erzielt werden – wozu einzelne Marktteilnehmer im Übrigen tatsächlich in der Lage wären.“ Berücksichtigt man zudem, dass das jeweilige Ambitionsniveau der üblichen Planungsansätze eher auf das Wachstum der Top- und Bottom-Line ausgerichtet ist, werden die substanziellen Veränderungsbedarfe aus Sicht von zeb schnell erkennbar und ganzheitliche Programme zur Verbesserung der Kosten- und Ertragsstruktur deutlich. Dabei ist auf der Ertragsseite die strukturelle Margenverschiebung zum Aktivgeschäft ebenso zu berücksichtigen wie die Tatsache, dass auf Gesamtmarktebene noch keine substanzielle Entlastung durch ein gesteigertes Provisionsergebnis erkennbar ist – anders als in anderen europäischen Märkten, wie z. B. in Frankreich.

Technologische Entwicklungen im Rahmen der Digitalisierung zeigen perspektivisch Potenziale auf, die an der Kundenschnittstelle für ein verbessertes Kundenerlebnis sorgen. Gleichzeitig erfordert die notwendige und vielfach bereits eingeleitete digitale Transformation erhebliche Investitionen, ohne sich unmittelbar in gleichem Maße sofort ertragsseitig niederzuschlagen. Aus Sicht der zeb-Experten ist dieser Transformationspfad allerdings ohne Alternative für etablierte Marktteilnehmer, da nur so den attraktiven, agilen Angeboten von FinTechs und anderen Akteuren Paroli geboten werden kann.

Mit „Verschiebung hin zum Aktivgeschäft“ ist übrigens gemeint, dass die Banken noch stärker versuchen werden Ratenkredite an Kunden auszugeben. Und natürlich Dispos nicht vergessen, denn die bringen ja bekanntlich traumhafte Zinsmargen für die Banken.


Foto: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken



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