Gold

Goldpreis mit rätselhafter Stärke – Experten gehen ins Detail

Übliche Erklärungen reichen nicht ansatzweise aus für den aktuellen Goldpreis-Anstieg. Experten gehen aktuell ins Details.

Gold-Barren
Gold-Barren. Grafik: Ravitaliy - Freepik.com

Der Anstieg im Goldpreis war in den letzten Tagen gigantisch. Noch Ende Februar bei 2.030 Dollar, sehen wir aktuell 2.175 Dollar – nicht weit weg vom jüngsten Rekordhoch bei 2.195 Dollar letzte Woche Freitag. Als Hauptgründe konnte man die Erwartung von Zinssenkungen durch Fed und EZB nennen, und dazu konnte man jüngst auch starke Gold-Käufe der chinesischen Zentralbank ausmachen. Dieser XAUUSD Chart reicht zurück bis ins Jahr 2018. Interessant dabei ist: Der Goldpreis (blaue Linie) konnte die letzten beiden Jahre zulegen auf neue Rekordhochs, obwohl der US-Leitzins (orange) massiv anstieg. Kann die Aussicht auf wieder sinkende Zinsen so lange im Vorhinein wirken? Oder steckt noch mehr dahinter? Lassen wir Experten zu Wort kommen.

Chart vergleicht Goldpreis-Verlauf mit US-Leitzins seit dem Jahr 2018

Experten über rätselhafte Rally im Goldpreis

Die Analysten der Commerzbank (CoBa) haben sich im Rahmen einer heutigen Veröffentlichung mit der aktuellen Gold-Stärke beschäftigt – sie sprechen von einer „Rätselhaften Goldstärke“. Bemerkenswert an dem Anstieg sei, dass sich keine eindeutige Erklärung dafür finden lasse. Zwar könnte man meinen, dass die enttäuschenden US-Stimmungsindikatoren zu Beginn des Monats die Bewegung ausgelöst haben. Allerdings haben diese die US-Zinssenkungserwartungen, an welchen sich der Goldpreis über die letzten 1½ Jahre sehr stark orientiert hat, laut CoBa kaum nachhaltig bewegt. Nachdem weitere US-Konjunkturdaten zuletzt aus Sicht des Marktes enttäuscht haben, seien die mittelfristigen US-Zinserwartungen zwar gefallen, allerdings zu einem weit geringerem Ausmaß als es die Goldpreis-Bewegung nahelegen würde.

Als eine zusätzliche Erklärung für den Preisanstieg bei Gold werden laut CoBa die anhaltend starken Goldkäufe in China, insbesondere durch die chinesische Zentralbank (PBoC) herangezogen. Die PBoC hatte bereits im vergangenen Jahr laut Daten des World Gold Council die Goldkäufe der Zentralbanken, die fast das Rekordniveau aus dem Vorjahr erreicht hatten, angeführt. Allerdings ist dies nach Ansicht der CoBa-Analysten kein hinreichendes Argument für den starken Goldpreis. Denn im Februar beliefen sich die Käufe der PBoC auf fast 400.000 Unzen. Dies entspreche gerade einmal 5% der gesamten Käufe der Notenbank im Jahr 2023. Zudem sei der weltweite Goldhandel überaus liquide. Die Analysten verweisen darauf, dass sich laut dem World Gold Council die täglichen Handelsvolumen am Goldmarkt auf rund 130 Milliarden Dollar belaufen, womit selbst die Käufe einiger weniger großer institutioneller Investoren oder Zentralbanken den Goldpreis kaum bewegen sollten.

Eine weitere beliebte Erklärung für einen starken Goldpreis sind laut CoBa-Erläuterung geopolitische Risiken. Und in der Tat könne man darauf verweisen, dass sich die Spannungen im Roten Meer verstärkt haben, nachdem die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz jüngst den größten Angriff seit Beginn des Konflikts im November durchgeführt hat. Da aber selbst der Ölpreis hierauf kaum zugelegt hat, könne auch dies den starken Goldpreis-Anstieg nicht erklären.

Aufgrund einer fehlenden überzeugenden Erklärung für den Wertanstieg bei Gold, sei man skeptisch, dass das Edelmetall seine Gewinne kurzfristig halten könne. Sollten insbesondere die US-Zinssenkungserwartungen einen Dämpfer erfahren – etwa durch erneut starke US-Inflationsdaten heute – könnte dies viele Investoren zu Gewinnmitnahmen motivieren, was eine Abwärtskorrektur im Goldpreis nach sich ziehen würde, so die Experten. Allerdings rechnen sie nicht damit, dass der Goldpreis nachhaltig auf die Niveaus von Ende Februar zurückfallen wird. Denn man habe mittelfristig ohnehin mit einem Gold-Anstieg im Zuge der Zinswende in den USA gerechnet, die nach CoBa-Ansicht im Juni erfolgen wird. Da man im Gegensatz zum Markt aufgrund von anhaltenden Inflationsrisiken nicht mit einem ausgeprägten US-Zinssenkungszyklus rechnet, hält die CoBa das weitere Aufwärtspotenzial bei Gold mittel- bis langfristig für begrenzt, mit einer Goldpreisprognose, die für Ende dieses Jahres und Ende nächsten Jahres daher „nur“ von 2.100 USD je Feinunze auf 2.200 Dollar angehoben wird.

Unterschätzter Faktor FOMO?

Wir möchten dazu anmerken: Man sieht am Aktienmarkt seit Wochen die FOMO, die Angst noch weitere Gewinne zu verpassen, weswegen immer mehr Anleger einsteigen und die Rally weiter anfachen. Anfang des Monats könnte bei Gold ebenfalls dieser simple Mechanismus gegriffen haben, der seitdem den Goldpreis so massiv hochgedrückt hat. Anleger sehen, wie der Preis sprunghaft steigt, sie wollen nicht noch mehr Gewinne verpassen. Daher kaufen sie, was dann wiederum noch mehr Anleger veranlasst, einzusteigen – was den Preis immer weiter antreibt. Ein Indiz für diese Theorie sind die jüngsten Daten der US-Terminmarktaufsicht CFTC für Gold-Terminkontrakte. Die Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzanleger stiegen in der Woche bis zum 5. März auf 109.800 Kontrakte, eine Verdopplung binnen einer Woche. Eine Weile lang kann so eine Lawine laufen, bis eben eine Korrektur eintritt, weil Gewinnmitnahmen einsetzen.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage