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Helikoptergeld durch die EZB? Freibier für alle? Die Bundesbank ist strikt dagegen!

Von Claudio Kummerfeld

Die Sensation ist kein Hirngespinst mehr, und die Abwehrreaktion kommt prompt und eindeutig. Was war vorher passiert? Zwei Mal machte die EZB Andeutungen zum sogenannten Helikoptergeld, dem direkten Verschenken von Cash durch die EZB an jeden Bürger in der Eurozone. Das würde de facto bedeuten „Freibier für alle.“ Die EZB druckt Geld und schenkt es dem Bürger. Wo ist das Problem, ist doch alles ok, oder? Die Bundesbank ist schon mal strikt dagegen…

Helikoptergeld Freibier für alle
Helikoptergeld durch die EZB? Bald Freibier für alle? Foto: Avarice (2012), by Jesus Solana / Wikipedia (CC BY 2.0)

Helikoptgergeld durch die EZB?

Am Donnerstag den 10. März, als Mario Draghi als Präsident der EZB die weiteren Maßnahmen zur Lockerung seiner Geldpolitik verkündete, wurde er auch nach dem sogenannten Helikoptergeld gefragt. Das würde real bedeuten, dass die EZB wie beim aktuellen Anleihekaufprogramm auch Geld druckt. Nur sie kauft davon keine Anleihen um das Geld so indirekt in den realen Wirtschaftskreislauf zu pumpen. Nein, beim Helikoptergeld verteilt sie es direkt an den Bürger, jeder bekommt direkt Geld in die Brieftasche. Ein Geldgeschenk, Freibier für alle!

Draghi sagte am 10. März zu dieser grundsätzlichen Idee, die ja schon ewig von einzelnen Ökonomen gefordert wird, man habe im Zentralbankrat bisher nicht darüber nachgedacht und auch nicht darüber gesprochen. Es sei aber ein interessantes Konzept, das derzeit zwischen akademischen Ökonomen diskutiert werde. Es könnte viele verschiedene Dinge bedeuten. Warum es für die EZB interessant sein könnte? All ihre bisherigen Bemühungen indirekt die Inflation anzukurbeln sind bisher kläglich gescheitert. Das Kalkül beim Helikoptergeld: Jeder Bürger hat Extra-Cash in der Tasche, geht los und kauft sich neue Autos, Elektronik und und und. Der Konsum explodiert, damit auch die Inflation! So die Idee. Dass durch mehr Konsum die Preise aber nicht steigen müssen, zeigt jüngst Deutschland. Der Konsum steigt kräftig, aber durch den großen Wettbewerb im Einzelhandel steigen die Preise trotzdem nicht an! Aber egal, welcher Bürger würde das EZB-Geld ablehnen? Wohl kaum jemand!

Richtig beachtet hatte Draghi´s Äußerungen am 10. März niemand so richtig. Erst seit diesem Wochenende bekommt diese Anmerkung wieder Brisanz, weil nämlich der Chefvolkswirt der EZB Peter Praet am Freitag gegenüber der Zeitung „La Repubblica“ andeutete Helikoptergeld durch die EZB sei nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen. Über sein Zitat berichteten wir schon am Freitag, hier aber nochmal im Original:

„Yes, all central banks can do it. You can issue currency and you distribute it to people. That’s helicopter money. Helicopter money is giving to the people part of the net present value of your future seigniorage, the profit you make on the future banknotes. The question is, if and when is it opportune to make recourse to that sort of instrument which is really an extreme sort of instrument.“

Geld an die Bürger auszuschütten, das wäre also nur die vorzeitige Ausschüttung von Gewinnen, die die EZB mit Banknoten erziele. Klingt verdammt stark nach einer Schutzbehauptung, einer krampfhaften harmlosen Erklärung, dass es ja kein Geschenk ist, sondern eher eine Art vorzeitige Gewinnausschüttung, nicht an die Staaten, die die Eigentümer der EZB sind, sondern direkt an die Bürger. Na gut, letztlich sind die Staaten nur die Repräsentanten des Bürgers, aber zum direkten Geldüberweisen an die einzelnen Bürger hat die EZB nun wirklich kein Mandat

Die Bundesbank ist dagegen

Darauf wies jetzt am Wochenende auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wehement hin. Gegenüber der Funke Mediengruppe sagte er statt immer waghalsigere geldpolitische Experimente ins Spiel zu bringen, wäre es sinnvoll einmal innezuhalten. Geldpolitik sei kein Allheilmittel, sie ersetze nicht die notwendigen Reformen in einzelnen Ländern und löse auch nicht die Wachstumsprobleme in Europa, so Weidmann. Die jüngsten Beschlüsse der EZB (vom 10. März) seien sehr weitgehend und hätten ihn nicht überzeugt. Auch so erwarte er ein weiteres Anziehen der Konjunktur und der Preise. Geld an die Bürger zu verschenken sei eine hochpolitische Entscheidung, die Regierungen und Parlamente fällen müssten. Die Notenbanken hätten dazu kein Mandat, auch weil damit eine massive Umverteilung verbunden wäre.

Der hoch angesehene Chefvolkswirt der Berenberg Bank Holger Schmieding springt Jens Weidmann bei. Helikoptergeld sei Quatsch. Es sei wirtschaftlich nicht nötig und politisch würde man damit einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen. Man nähre damit die Illusion die Notenbank könne für die Bürger einfach immer mehr Geld drucken und damit die Probleme lösen.

Probleme

Welche Probleme bringt das Helikoptergeld mit sich, wenn es denn kommt? Die Bilanz der EZB explodiert. Denn wenn sie Geld druckt um es zu verschenken, erhöht sich damit ihre Bilanz. Und da sie das Geld anders als beim Anleihekaufprogramm nicht zurückerhält, sondern verschenkt, bleibt ein Loch in der EZB-Bilanz zurück, ein Verlust. Was wäre das denn als Größenordnung? Man rechne ganz einfach. An wie viele Menschen verschenke man Geld? An alle Menschen älter als 18 Jahre in der Eurozone? Oder doch an ALLE Menschen in der Eurozone? Oder nur an alle Steuerzahler in der Eurozone? Nehmen wir mal 330 Millionen Menschen, und jeder erhält sagen wir mal einmalig 5.000 Euro. Das wäre eine Summe von 1,65 Billionen Euro. Bei 1.000 Euro pro Person wären es dann eben „nur“ 330 Milliarden Euro.

Aber würde diese Summe dann direkt in den Konsum fließen? Wohl kaum. Ein Teil der Bürger würde das Geld nutzen um Bankschulden zu begleichen, ein anderer Teil der Bürger würde das Geld unters Kopfkissen oder aufs Sparbuch legen (auch ohne Zinsen). Und ein anderer Teil der Bürger würde davon Gold oder Silber kaufen. Natürlich würde ein guter Teil der Menschen losgehen und Elektronik kaufen, Reisen buchen usw. Der Konsum würde steigen, die Preise vermutlich auch ein wenig, aber es wäre nur ein einmaliger knalliger Effekt. Strukturell würde sich wenig bis gar nichts ändern. Abgesehen von den Schulden in der EZB-Bilanz erschüttert so eine Maßnahme vor allem die Seriosität der EZB als Institution!

Die EZB könnte das Helikoptergeld, wenn sie es denn umsetzen würde, auch so interpretieren, dass sie Geld an die Mitgliedsstaaten der Eurozone verschenkt. Das würde unserer Meinung nach aber überhaupt nicht funktionieren, da viele Staaten mit dem geschenkten Geld Schulden begleichen und wohl noch eher Haushaltslöcher stopfen würden. Nur ein kleiner Teil dieses Geldes würde in realwirtschaftliche Investitionen fließen. Also wenn man schon die Idee hätte Geld aus dem Hubschrauber abzuschmeißen, dann doch bitte über den Bürgern!

Was demnächst passieren könnte

Wir hatten in den letzten Monaten schon mehrmals angedeutet, dass es möglich sei, dass die EZB darüber nachdenke Unternehmensanleihen zu kaufen. Dabei hatten wir gar nicht daran gedacht, dass es so schnell geht, und zack auf einmal macht sie es. Der Aufkauf startet im Juni. Auch hatten wir schon darüber nachgedacht, dass die EZB als nächsten Schritt der Verzweiflung anfängt Aktien in Europa aufzukaufen, damit die Anleger noch weniger Möglichkeiten haben Geld zu investieren. Sie sollen konsumieren, und die Banken sollen Kredite vergeben. Diese Möglichkeit des Aufkaufens von Aktien halten wir als nächsten Schritt der EZB jetzt gar nicht mehr für so unrealistisch. Und danach, wer weiß, irgendwann nächstes Jahr, Helikoptergeld? Heutzutage ist ja alles möglich!



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6 Kommentare

  1. Helmut Josef Weber

    2009 habe ich in Panik meine Lebensversicherung gekündigt und Gold gekauft; Gründe gab es ja schon genug für meine Reaktion.
    Wenn ich mit guten Bekannten über meine Gründe gesprochen habe, haben sie mich ausgelacht.
    Wie hätten sie erst gelacht, wenn ich alle die Gründe genannt hätte, die heute bereits existieren?
    Von den Gründen, die wir nur erahnen können, will ich hier erst gar nicht spekulieren.
    Goldpreissteigerung seit 2009 63% und legal steuerfrei.
    Viele Grüße aus Andalusien
    H. J. Weber

  2. Die Bundesbank hat was dagegen? Was hat den der Bürger davon, wenn das Geld an „notleidende Banken“ oder „Die Wirtschaft“ geht? Was haben die Griechen von dem Geld, das an „Griechenland“ geht? Genau. Nichts.
    Natürlich wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen besser für die meisten Bürger. Aber besser ein bisschen „Helikoptergeld“ als nichts. Und schließlich fließt das Geld, wenn erstmal ausgegeben, ja zurück in die Wirtschaft, oder?

    1. Schon seit geraumer Zeit , interessiert kein Schwein mehr,ob die Bundesbank,falls stimmberechtigt,irgendwas gegen irgendwas hat!Sie ist schlichtweg alternativlos unbedeutend!Der EZB-Kommunismus wird immer irrer!Marx&Engels sind schier aus dem Häuschen.Das hätten Sie nicht zu träumen gewagt,dass die verhassten Kapitalisten, Ihren Kommunismus sogar noch toppen!Wehe uns,Kim Jong Un&die nordkoreanische Notenbank, greift auch noch ein!Wo,soll ich hin?

  3. Soweit ich weiß, befinden sich auf Deutschen Sparkonten ca. 5 Billionen Euro, nach einer Umverteilung haben dann alle Geld. Die Sparkonten sind geleert und die Konjunktur springt an. Genialer Schachzug und kostet auch nichts, dank SEPA ~ IBAN geht das in Sekunden. Da sind dann ein paar weniger schwer Sauer aber viele ganz Glücklich. Bleibt abzuwarten wie das die ECB managen werden.

    1. Helmut Josef Weber

      Meine Unzen in Gold und Silber nicht, die sind gut versteckt.
      Ansonsten herrscht auf meinen Konten Ebbe.
      Viele Grüße
      H. J. Weber

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