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Kann Flächenbrand vermieden werden? Israel: Die Strategie der Bodenoffensive – Krieg wird Monate dauern

Israel Bodenoffensive Krieg Monate

Israel hat  seine Bodenoffensive gegen die Hamas gestartet – und die Strategie Israels, langsam und kontinuierlich vorzugehen, bedeutet, dass der Krieg Monate dauern wird. Der neue, langfristiger Ansatz Israels zielt darauf ab, die Zahl der Opfer in der eigenen Armee zu begrenzen und gleichzeitig auf den internationalen Druck zu reagieren, die Auswirkungen des Angriffs auf die Zivilbevölkerung zu verringern. Dies geschieht vermutlich besonders auf Druck der Amerikaner, die einen Flächenbrand im Nahen Osten vermeiden wollen.

Ob das gelingt, bleibt jedoch offen: der Druck der Bevölkerung in den muslimischen Ländern auf die jeweiligen Regierungen nimmt stetig zu, zumal in den Medien ein einseitiges Täter-Opfer-Bild gezeichnet wird. So wurde zum Beispiel in den Medien islamischer Länder nicht berichtet, dass die Rakete auf das Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza am 17.Oktober aller Wahrscheinlichkeit nicht von Israel abgefeuert wurde, sondern vermutlich als Querschläger von der Hamas selbst. So oder so: ein dauerhafter Krieg dürfte für anhaltende Nervosität an den Märkten sorgen,

Israel: die Strategie der Bodenoffensive

Die Bodenoffensive zur Zerschlagung der militanten Gruppe, die den Gazastreifen regiert – nach dem tödlichen Einmarsch von Hamas-Kämpfern in Israel Anfang Oktober – umfasst ein schrittweises Vordringen der Streitkräfte in das palästinensische Gebiet, unterstützt durch Panzer und Artillerie, wie Bloomberg berichtet.

Die Luftangriffe, die den Gazastreifen seit den Angriffen vom 7. Oktober getroffen haben, dauern an und haben nach Angaben der von der Hamas geführten Gesundheitsbehörden bereits mehr als 8.500 palästinensische Todesopfer gefordert. Anwohner berichten, dass sich gepanzerte Fahrzeuge am Rande von Gaza-Stadt, mehrere Kilometer jenseits der Grenze, befinden, während israelische Streitkräfte einen Hamas-Außenposten angriffen und Dutzende von Kämpfern töteten, wie der Armeesprecher am Dienstag in einer Textnachricht mitteilte.

Die israelischen Streitkräfte haben sich noch nicht dazu geäußert, ob es Tote gegeben hat oder nicht.

Das Ergebnis dieser schrittweisen Strategie ist, dass das israelische Militär und die Regierung sich auf einen längeren Krieg vorbereiten, der Monate und nicht Wochen dauern wird.

„Israel geht sehr allmählich, sehr vorsichtig und behutsam vor, da es sicherstellen will, dass es möglichst wenig Opfer gibt“, sagte Yossi Kuperwasser, ein ehemaliger hoher Beamter des militärischen Geheimdienstes, am Telefon. „Israel glaubt, dass es nicht unter Zeitdruck steht.“

Dies steht im Gegensatz zu 2014, als die israelische Armee nach zehntägigen Luftangriffen in den Gazastreifen eindrang und ein heftiges Gefecht in einem dicht bevölkerten Stadtviertel auslöste, in dem sich die Hamas verschanzt hatte. Mehr als ein Dutzend Soldaten starben. Bevor einige Wochen später ein Waffenstillstand in Kraft trat, stieg die Zahl der Todesopfer in der Armee auf 66, was in Israel für Kritik sorgte.

Israel will langsam vorgehen

Mit dem allmählichen Voranschreiten der gegenwärtigen Kampagne sollen heftige Kämpfe in bebauten Gebieten vermieden werden, während sich die Truppen davor hüten, sich dem riesigen Netz geheimer unterirdischer Tunnel zu nähern, in denen sich die Hamas versteckt. Mit dieser langsamen Taktik kann es gelingen, die militärischen Verluste Israels und die möglichen zivilen Todesopfer zu begrenzen, doch besteht die Gefahr, dass sich der Krieg in die Länge zieht

Die beispiellose Zahl der Todesopfer unter der Zivilbevölkerung, die seit den Hamas-Angriffen durch israelische Bombardements zu beklagen ist, hat international wachsende Kritik ausgelöst und gleichzeitig zu einer schweren humanitären Krise geführt, die mehr als 60% der 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens zu Vertriebenen gemacht hat. Die Blockade der Treibstoff- und Stromversorgung durch Israel sowie die begrenzte Verfügbarkeit von Wasser und Lebensmitteln haben die Notlage der Menschen noch verschlimmert.

Dies erschwert Israels Ziel, die Hamas und ihre Führung zu vernichten, nachdem die vom Iran unterstützte Gruppe den tödlichsten Tagesangriff in der Geschichte des Landes verübt hat. Mehrere tausend Kämpfer durchbrachen einen schwer bewachten Sicherheitszaun und wüteten in Gemeinden und Militärstützpunkten im Süden Israels. Dabei wurden 1.400 Menschen getötet und 240 weitere entführt.

Hilfslieferungen

Nach Angaben des israelischen Ministers für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, ist Israel dabei, die Menge an Hilfsgütern, die aus Ägypten in den Gazastreifen gelangen dürfen, auf 100 Lastwagen pro Tag zu erhöhen – immer noch ein Fünftel der Vorkriegsmenge. Er fügte hinzu, dass die Militäraktion aufgrund des gezielten Beschusses des Nordens des Gazastreifens, wo die militärischen Kräfte der Hamas stationiert sind, allmählich weniger Opfer unter der Zivilbevölkerung fordern dürfte. Israel hatte die Bewohner des Gazastreifens aufgefordert, in den Süden zu fliehen, obwohl die Luftangriffe auch dort fortgesetzt werden.

Israel Bodenoffensive Gaza

Israel scheint auf dem besten Weg zu sein, eine Pufferzone von mehreren Kilometern Tiefe zwischen dem Land und dem Gazastreifen einzurichten, um sicherzustellen, dass künftige Angriffe auf das israelische Territorium verhindert werden können, so offizielle Stellen.

Doch die erfolgreiche Vertreibung der Hamas aus dem Gazastreifen könnte mehr als ein Jahr dauern, so Amir Avivi, ein ehemaliger Brigadegeneral, der an den Vorbereitungen für den Gazakrieg 2014 beteiligt war. „Wir müssen Monate und Monate damit verbringen, diese ganze Infrastruktur zu demontieren“, sagte er telefonisch nach einem Treffen mit Netanjahu und hochrangigen Militärs als Leiter einer Vereinigung ehemaliger Mitglieder und Reservisten der Sicherheitskräfte.

Die Herausforderung, der sich Israel im Gazastreifen gegenübersieht, wird durch das Tunnelnetz vergrößert, das sich nach Angaben der Hamas über mehrere hundert Kilometer erstreckt und mit Lüftungsschächten und Elektrizität ausgestattet ist. Einige erreichen eine Tiefe von 35 Metern und können Experten zufolge sogar Eisenbahnschienen und Kommunikationsräume enthalten. Der Eingang zu den Tunneln liegt oft in Wohnhäusern oder anderen öffentlichen Einrichtungen.

Der Einsatz von Robotern zur Erkundung des Tunnelkomplexes kann die Risiken verringern. Aufgrund der engen Räume, der Sprengfallen und der besseren Kenntnisse der Hamas über die unterirdische Umgebung sind israelische Truppen, die versuchen, in die Tunnel einzudringen, jedoch stark im Nachteil. Erschwerend kommt hinzu, dass die Hamas nach eigenen Angaben Geiseln unter der Erde festhält, was die Bombardierung der Komplexe noch gefährlicher macht.

Blutpreis

„Die Hamas rechnet damit, dass wir in jeden Bunker und jeden Tunnel eindringen, um einen hohen Blutpreis von uns zu fordern“, sagte der ehemalige israelische Premierminister Naftali Bennett auf X, der früher als Twitter bekannten Social-Media-Plattform. Er rief zu einer langen Belagerung auf, um „die Hamas-Terroristen in den Tunneln zu ersticken, bis sie gezwungen sind, diese zu verlassen“.

Seit Beginn des Krieges hat die Hamas das unterirdische System weiterhin für Angriffe zu Lande und zu Wasser genutzt.

Aufgrund des internationalen und nationalen Drucks wird Israel die Offensive nach einigen Wochen zurückfahren und sich dann für einen längeren Zeitraum auf gezieltere Einsätze verlassen müssen, so Manuel Trajtenberg, geschäftsführender Direktor des in Tel Aviv ansässigen Instituts für nationale Sicherheitsstudien, einer Denkfabrik.

„Wir denken auf keinen Fall an eine massive Besetzung“, sagte er.

FMW/Bloomberg

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6 Kommentare

  1. Ich denke, das ist ein Problem, für das keiner von uns eine Lösung hat.
    Aber wenn Terroristen in den USA mit einem schrecklichen Attentat die Türme wegsprengen, und die Verteidigungszentrale der USA schwer beschädigen, dann wird dem Terror auf der ganzen Welt der Krieg erklärt.
    Was hunderttausenden von Zivilisten das Leben gekostet hat. Und die Deutschen beteiligten sich dann auch noch 20 Jahre in Afghanistan daran, deutschlands Demokratie am Hindukusch zu verteidigen.
    Dabei haben einige der Flugzeugführer vorher in Deutschland gewohnt, und sogar GEZ bezahlt.
    Und heute kommen genau die Menschen auf Wunsch der grünen Sekte nach Deutschland, die in der Mehrzahl Schwule verfolgen und Frauen als minderwertig ansehen.
    Schöne neue grüne Welt.
    In Deutschland.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  2. Sehr geehrter Herr Fugmann, lieber Markus, mittlerweile ist es scheinbar angebracht, von einer „offiziellen Bodenoffensive“ seitens der Israel Defence Forces I.D.F. zu sprechen, in der Weise, daß Soldaten, Panzer und Artillerie im Einsatz sind. Washington D.C. möchte einen Flächenbrand vermeiden? Der 46. US-Präsident Joe Biden hatte doch jüngst schon einmal Luftangriffe gegen die Iranische Revolutionsgarde befohlen. Hm. Die jetzigen Staat Israel-Verantwortlichen um Premierminister Benjamin Netanyahu scheinen sich irgendwie für politisch unantastbar zu halten. Nun, vielleicht kann man im Rahmen des „erforderlichen“ Kampfes gegen die Hamas ja auch die Frage in den Raum stellen: „Welcher Krieg ist schon sauber?“ Letzteres ist übrigens ein Zitat von Staatspräsident Dr. Bashar-Hafiz al-Assad im Rahmen eines Interviews. Und wo wir gerade bei Zitaten sind, noch eins von Botschafter Ron Prosor: Wir werden unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. Auch ich gehe von anhaltender Nervosität an den Märkten aus.

    1. Die aktuelle Forderung von Religionsführer Ajatollah Khamenei nach einem israelischen Ölembargo halte ich somit für diskussionswürdig.

    2. Craig Mokhiber ist von seinem Amt als Direktor des Büros des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in New York zurückgetreten. Ihm zufolge komme die Organisation, in der er mehr als 30 Jahre lang gearbeitet hat, ihrer Verantwortung zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts nicht nach.
      „Wir versagen erneut“ sagt er, so wie bei den Tutsi in Ruanda, den Muslimen in Bosnien, den Jesiden im Irak, den Rohingya in Myanmar.
      Weiter :
      Das derzeitige Massentöten des palästinensischen Volkes, „das auf einer ethnonationalistischen Siedlerkolonialideologie“ beruhe, in Verbindung mit den Absichtserklärungen der israelischen Regierung, „lässt keinen Raum für Zweifel oder Diskussionen“. Im Gazastreifen würden „zivile Häuser, Schulen, Kirchen, Moscheen und medizinische Einrichtungen mutwillig angegriffen und Tausende von Zivilisten massakriert“.
      „In den vergangenen Jahrzehnten haben wichtige Teile der UNO vor der Macht der USA und der Angst vor der Israel-Lobby kapituliert, diese Grundsätze aufgegeben und sich vom Völkerrecht selbst zurückgezogen. Wir haben durch diese Aufgabe viel verloren, nicht zuletzt unsere eigene weltweite Glaubwürdigkeit“.

      Den westlichen Medien warf er vor Menschenrechtsnormen zu verletzen, indem die Stimmen der Menschenrechtsverteidiger unterdrückt werden.

      1. Immer wieder lese ich Texte und so oft wird am Thema vorbeigeschrieben. Habt Ihr euch mal gefragt was die Absichten und welche Interessen dahinter stecken? Wer profitiert von was? Nur selten finde ich da neutrale ausgewogene Berichte.

      2. An FMW-Nutzer ottonorma, und an FMW-Nutzer Müller: Wenn Sie das sagen, dann wird das so sein.

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