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Kredite: Mit niedrigen Zinsen wird die Krise nicht beendet!

Null Prozent Zinsen gibt es inzwischen bei vielen Angeboten

Seit dem Beginn der Finanzkrise im Spätsommer 2007 denken die Notenbanken, sie könnten jedes Problem mit niedrigeren Zinsen und Liquidität beseitigen. Wo Zinssenkungen nicht reichten, wird bis heute mit frisch erzeugtem Notenbankgeld durch Anleihekäufe die am ehemals freien Markt durch Angebot- und Nachfrage gebildete Zinskurve zusätzlich manipuliert. Das Problem: Daten aus Japan und Polen zeigen, dass all das nichts hilft. Die Verbraucher, die letztendlich als Treiber jedweden Wirtschaftens fungieren und die erzeugten Waren und Dienstleistungen auch kaufen müssen, nutzen die niedrigeren Zinsen nicht, um sich zusätzlich zu verschulden. Im Gegenteil: In der Krise, die mit niedrigeren Zinsen bekämpft werden soll, entschulden sie sich. Niedrigere Zinsen helfen also offensichtlich nicht, um die Wirtschaftstätigkeit nachhaltig zu stimulieren!

Kredite: Japan baute Pyramiden auf, ohne die Wirtschaft damit zu beleben

Japan gilt als Vorreiter der Niedrigzinspolitik in Europa und den USA. Schon seit dem Platzen der dortigen Immobilienblase Ende der 80er Jahre verfolgt die Bank of Japan eine Politik günstiger Schulden. Die immer weiter abgesenkten Leitzinsen, sie lagen schon im Jahr 2000 bei 0%, machten die japanische Staatsschuldenblase überhaupt erst möglich. In seinen Versuchen, an sich insolvente japanische Unternehmen am Leben zu erhalten und die Wirtschaft mit immer neuen Konjunkturprogrammen zu beleben, verschuldete sich der japanische Staat bis heute so stark wie keine andere Industrienation. Die Staatsschulden belaufen sich auf fast 240% des Bruttoinlandsprodukts. Ganz Japan müsste also 2,4 Jahre lang arbeiten und sämtliche mit der Arbeit generierten Einnahmen als Steuern abführen, um die Staatsschulden zu tilgen. Zu nachhaltigem Wachstum führte das jedoch nicht.

Und es kommt noch schlimmer: Im Prinzip stellte die Verschuldung des Staates lediglich eine Änderung des Schuldners dar. Private Haushalte entschuldeten sich dank niedriger Zinsen ebenso wie Unternehmen. Die an den gesamten privaten Sektor ausgereichten Kredite sanken bis zum Jahr 2005 und stiegen seitdem erst an, beschleunigt ab dem Jahr 2011. Verantwortlich für den Anstieg des Kreditvolumens sind jedoch weitgehend Unternehmen. Die japanischen Verbraucher haben ihre Verschuldung seit dem Jahr 2006 signifikant reduziert. Die steigende Verschuldung der Unternehmen sorgte jedoch ebenfalls nicht für nachhaltige Wachstumsimpulse. Tatsächlich blieben die Wachstumsraten bei weit unter 2% und stehen in keinem Verhältnis zur wachsenden Kreditsumme. Zudem kam es immer wieder zu Einbrüchen der ohnehin nicht sonderlich starken Konjunktur.

Polen: Keine vermehrte Kreditvergabe trotz Zinsen auf rekordniedrigem Niveau

Es gibt also Anhaltspunkte dafür, dass niedrige Zinsen nur zum Wachstum der Kreditberge führen, nicht jedoch zu Wirtschaftswachstum. Diese These wird auch bestärkt durch Daten aus zum Beispiel Polen. In Polen wurden die Zinsen in den vergangenen Jahren auch massiv von 10% im Jahr 2002 auf aktuell 0,1% gesenkt. Auch hier kam es zu keinem verstärkten Kreditwachstum im privaten Sektor. Allerdings ist die Situation hier genau umgekehrt wie in Japan. Während sich in Japan Verbraucher ent- und Unternehmen verschuldeten, kam es in Polen zu einer Verachtfachung der an Verbraucher ausgereichten Kredite seit dem Jahr 2002, aber nur zu rund 12% Gesamtkreditwachstum im privaten Sektor. Unternehmen müssen sich also massiv entschuldet haben. Der Staat selbst behielt die Verschuldung in Relation zur Wirtschaftsleistung konstant. Das bedeutet zwar ein absolutes Schuldenwachstum, aber kein überproportionales so wie in Japan. Interessant ist, dass sich zwischen 2013 und 2015 die Zinsen von fast 5% auf nur noch 1,5% gesenkt wurden, ohne dass das die Kredittätigkeit anregte. Unternehmen wie Verbraucher verschuldeten sich zwar im ersten Jahr der damaligen Rekord-Niedrigzinsen stärker, dafür aber in den Folgejahren deutlich weniger.

Vertrauen in Währungen wird zerstört, ohne die beabsichtigte Wirkung zu erzielen

Insofern verwundern die Notenbank-Maßnahmen rund um den Erdball. In Polen wurden die Zinsen als Reaktion auf die Coronakrise abermals massiv gesenkt und die Reserveanforderungen der Banken gesiebtelt, was ihnen bei gleicher Reserve siebenmal mehr Kreditvergaben erlaubt. In Europa und den USA wurden ohne große Debatte Billionenbeträge von den Notenbanken locker gemacht, um Staatsschulden zu monetarisieren, sprich aufzukaufen. Zwar gehen beide Notenbanken dabei immer noch den Umweg über Geschäftsbanken. Doch de facto sind die lediglich ein juristisches Feigenblatt um zu verdecken, dass die Staaten neue Schulden aufnehmen, indem die Notenbank Geld druckfrisch liefert. Es wird also langfristig das Vertrauen in die Stabilität der Währungen unterminiert und der Boden für Inflation bereitet, ohne dass sich in der Vergangenheit merklich positive Auswirkungen auf die Wirtschaft zeigten. Kein Wunder, dass der Goldpreis in Euro Allzeithochs erreichte und in US-Dollar kurz davor ist.



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