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Kreditvergabe an Unternehmen in Deutschland steigt so stark wie zuletzt kurz vor der Finanzkrise

Ist das ein schlechtes Zeichen? Wer den folgenden Chart betrachtet, kann es so deuten. Es gibt ja viele Deutungen in Sachen Wiederkehr der Finanzkrise. Zum Beispiel gibt es die Tatsache, dass die Verschuldung in den USA in allen Bereichen inzwischen größer ist als kurz vor dem Ausbruch der Finanzkrise vor zehn Jahren.

Aber zurück nach Deutschland. Die dem deutschen Staat gehörende Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat heute ihren quartalsweise erscheinenden Kreditmarktausblick veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass die Kreditvergabe an Unternehmen und Selbstständige in Deutschland im 2. Quartal mit +8,3% gegenüber dem Vorjahr extrem stark angestiegen ist. Der Chart zeigt die Steigerungsraten der Kreditvergabe seit 2007. Man sieht, dass die Steigerung zuletzt 2007 so groß war wie jetzt. Aktuell erwartet die KfW eine Steigerung auf sogar 10%.

Daraus kann man eine Überhitzung des Marktes schlussfolgern, wenn man denn will. Einige Ökonomen, Politiker und ganz sicher die Notenbanker der EZB werden das sicher als gutes Zeichen ansehen, dass die Politik der EZB nun endlich wirkt. Die Billionen-Anleihekäufe der Notenbank verdrängen die privaten Investoren vom Anleihemarkt. Sie (Banken etc) müssen nun also ihre Gelder als Kredite an die Wirtschaft herausreichen. Läuft doch bestens, oder?

Die Grafik zeigt in der blauen Linie aber nicht nur die Kreditvergabe (Kreditneugeschäft) der Banken. Die grauen Balken zeigen parallel dazu die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Man sieht: Die Investitionen sind nicht annähernd so hoch wie das Volumen neuer Kredite. Schaut man ganz nach links, wo die Kreditvergabe kurz vor Ausbruch der Finanzkrise explodierte, dann sind auch hier die Investitionen irgendwann nicht mehr weiter gestiegen, die Kreditvergabe aber schon.

Was sagt uns das? Auch in Deutschland nutzen Unternehmen zunehmend billige Kredite um Konkurrenten zu überteuerten Preisen zu kaufen, eigene Aktien zurückzukaufen usw. Aber die Investitionen kann man nun mal nicht per EZB-Wunschliste unbegrenzt hochtreiben. Die hängen stark von der globalen Konjunktur und Nachfrage nach deutschen Produkten ab. Auf das Aufeinanderdriften von Kreditvergabe und Investitionsvolumen weist auch die KfW ausdrücklich hin. Ist die aktuelle Zunahme neuer Kredite schon eine Krisen-Vorbereitung der Unternehmen? Die KfW sagt dazu (auszugsweise im Zitat):

Starkes Kreditwachstum kann auch konjunkturelle Abwärtsrisiken widerspiegeln. Die Geschäftserwartungen der Unternehmen haben im Vergleich zu den außergewöhnlich hohen Werten zu Jahresbeginn einen merklichen Dämpfer erhalten und die Liste der Abwärtsrisiken für die Konjunktur ist lang. Globale Handelskonflikte, schwierige Brexitverhandlungen und der fiskalpolitische Kurs Italiens sind die Brennpunkte, die dem bislang robusten Wirtschaftswachstum zusetzen könnten. Hinzu kommt, dass es im zweiten Quartal zu einem signifikanten Lageraufbau gekommen ist. Diese Gemengelage dürfte die Unternehmen bewogen haben, sich Zwischenfinanzierungen und finanzielle Reserven zu den unverändert hervorragenden Finanzierungsbedingungen zu sichern, bevor die absehbare geldpolitische Wende auch am Kreditmarkt zu steigenden Zinsen führt. Dazu passt, dass die aktuelle Beschleunigung des Kreditwachstums aus den kurz- und mittelfristigen Laufzeiten bis zu fünf Jahren kommt, während die langfristigen Kredite stabil aufwärtsgerichtet blieben.

Und weiter:

Für den deutschen Unternehmenskreditmarkt, der sich über weite Strecken der letzten zwanzig Jahre auf einem Schrumpfkurs befand, sind das Werte, die aufhorchen lassen. Zwar war kontinuierliches Wachstum zu erwarten, angesichts der graduellen konjunkturellen Eintrübung jedoch keine Beschleunigung. Die Gründe für die Zunahme sind daher auch nicht in einem bevorstehenden Investitionsboom der Unternehmen zu finden. „Zwar erhöhen die Firmen aufgrund knapper Kapazitäten ihre Investitionsausgaben weiter, das Tempo lässt aber im Einklang mit den zurückgeschraubten Geschäftserwartungen etwas nach“, sagt Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe. So fiel die Zuwachsrate der nominalen Unternehmensinvestitionen im zweiten Quartal 2018 mit 4,5% im Vergleich zum Vorjahr um einen Prozentpunkt geringer aus als noch zu Jahresbeginn. Das aktuelle, unerwartet deutliche Plus bei den Firmenkrediten ist primär von anderen Faktoren getrieben: „Die momentane Gemengelage aus gedämpfteren Geschäftsaussichten, vielfältigen konjunkturellen Abwärtsrisiken und Lageraufbau im zweiten Quartal dürfte die Unternehmen bewogen haben, sich Zwischenfinanzierungen und finanzielle Reserven zu den unverändert hervorragenden Finanzierungsbedingungen zu sichern, bevor die absehbare geldpolitische Wende auch am Kreditmarkt zu steigenden Zinsen führt“, sagt Zeuner. „Dazu passt, dass die aktuelle Beschleunigung des Kreditwachstums aus den kurz- und mittelfristigen Laufzeiten bis zu fünf Jahren kommt, während die langfristigen Kredite stabil aufwärtsgerichtet blieben.“

Die Rahmenbedingungen einer stabilen Investitionskonjunktur in einem Umfeld hoher Risiken und künftig anziehender Zinsen werden auch das zweite Halbjahr prägen. Das Unternehmenskreditgeschäft dürfte sich folglich weiter hochdynamisch entwickeln. „Angesichts der gesunden Bilanzen der deutschen Unternehmen macht mir das keine Sorgen“, so Zeuner. „Lange Zeit haben die deutschen Unternehmer der Optimierung ihrer Bilanzen und Stärkung der Eigenkapitalbasis Vorrang eingeräumt. Deshalb gibt es jetzt Spielräume, um auch in Phasen hoher Unsicherheit und temporärer Schwächen stabil Investitionen zu tätigen. Das reduziert nicht nur die konjunkturelle Volatilität, sondern stärkt auch die Wachstumschancen von morgen.“

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