Europa

Globale Rally bei Rohstoffpreisen Leistungsbilanz der Eurozone stürzt ab in ein kräftiges Defizit

Die Leistungsbilanz der Eurozone stürzt ab in ein kräftiges Defizit, von +4 auf -20 Milliarden Euro im Juli. Hier die Details und Gründe.

Containerschiff im Hamburger Hafen

Die Leistungsbilanz der Eurozone hat sich dramatisch verschlechtert, alleine von Juni auf Juli um 24 Milliarden Euro. Im Juni noch bei +4 Milliarden Euro, sind es laut heutiger Meldung der EZB -20 Milliarden Euro im Juli. Und hier das etwas größere Bild: Der Leistungsbilanzüberschuss der Eurozone belief sich in den 12 Monaten bis zum Juli 2022 auf 63 Milliarden Euro (0,5% des BIP des Euroraums), gegenüber 370 Milliarden Euro Überschuss (3,1%) ein Jahr zuvor.

Leistungsbilanz rutscht kräftig ins Minus – gestiegene Rohstoffpreise sind schuld

Die Leistungsbilanz verschlechtert sich sehr schnell. Sie setzt sich zusammen aus Komponenten wie Geldflüssen von Menschen in Europa ins Ausland, aus Kapitalerträgen die hin und her überwiesen werden, sowie aus Im- und Exporten von Waren und Dienstleistungen. Alles zusammen wird dargestellt als eine große Zahl, die Leistungsbilanz. Hier kann man sozusagen einen effektiven Geldfluss sehen, entweder in die Eurozone, oder raus aus der Eurozone. Aufgrund der großen Produktions- und Exportvolumina in Europa (vor allem Deutschland) haben vor allem die umfangreichen Warenexporte der Eurozone jahrelang immer satte Geldzuflüsse beschert, also eine positive Leistungsbilanz. Jetzt aber fließt netto Geld ins außereuropäische Ausland. Denn durch die stark gestiegenen Rohstoffpreise in Folge des Ukraine-Kriegs müssen wir Europäer immer mehr Geld an die Exportländer dieser Rohstoffe überweisen.

Gehen wir in die Details. Die Leistungsbilanz des Euroraums im Juli zeigte Defizite beim Handel mit Waren (-18 Mrd. €) und den Sekundäreinkommen (-15 Mrd. €). Bei den Sekundäreinkommen liegt allerdings bereits seit Jahren ständig ein Defizit vor, siehe blaue Balken im Chart. Als Ausgleich gab es im Juli Überschüsse bei Dienstleistungen (+10 Mrd. €) und beim Primäreinkommen (+3 Mrd. €). Es ist ganz klar auch in der Grafik erkennbar. Der Warenhandel mit dem Gebiet außerhalb der Eurozone (orange Balken) war jahrelang positiv, und in den letzten Monaten stürzt er wegen den stark gestiegenen Preisen für Rohstoffe ins Defizit. Der kurzfristige Vergleich: Im Juni 2022 gab es für die Eurozone Exporte und Importe von Waren von jeweils 253 Milliarden Euro. Im Juli waren es Exporte im Umfang von 243 Milliarden Euro – dem gegenüber stiegen die Importe auf 261 Milliarden Euro – so entstand ein Defizit von 18 Milliarden Euro im Außenhandel der Eurozone mit Waren.

Das größere Bild

Hier nochmal ein Blick auf das größere Bild, also auf längere Zeiträume: In der Kapitalbilanz belief sich der Nettoerwerb von Wertpapieranlagen außerhalb des Euroraums durch Ansässige in den 12 Monaten bis Juli 2022 auf 74 Mrd. €, und der Nettoabsatz von Wertpapieranlagen im Euroraum durch Gebietsfremde auf 138 Mrd. €. Dieser Rückgang war in erster Linie auf eine Verringerung des Überschusses bei den Waren (von 383 Mrd. € auf 60 Mrd. €) und, in geringerem Maße, auf einen geringeren Überschuss bei den Primäreinkommen (von 65 Mrd. € auf 31 Mrd. €) zurückzuführen. Diese Entwicklung wurde teilweise durch einen größeren Überschuss bei den Dienstleistungen (von 83 Mrd. € auf 132 Mrd. €) und ein geringeres Defizit bei den Sekundäreinkommen (von 161 Mrd. € auf 160 Mrd. €) ausgeglichen.

Grafik zeigt Verlauf der Leistungsbilanz der Eurozone seit dem Jahr 2017



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