Europa

Maschinenbau: Aufträge brechen ein – „Trendwende nicht in Sicht“

Der Maschinenbau meldet aktuell 15 % weniger Aufträge als im Vorjahr. Und eine Trendwende sei nicht in Sicht. Hier dazu einige Aussagen und Daten.

Auch wenn das zweite Quartal des Jahres bei der Wirtschaftsleistung in Deutschland eine Stagnation brachte mit exakt 0,0 % Veränderung, so wird doch viel durch den Dienstleistungssektor gestützt, und die Lage in der Industrie sieht deutlich finsterer aus. Dies verdeutlicht aktuell eine Mitteilung aus dem deutschen Maschinenbau.

Maschinenbau mit 15 % Rückgang der Aufträge im Juni

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) meldet nämlich heute, dass der Auftragseingang im Maschinenbau und Anlagenbau auch im Juni 2023 deutlich hinter dem Vorjahreswert zurückgeblieben ist. Die Bestellungen sanken um real 15 Prozent. Aus dem Inland kamen 18 Prozent weniger Aufträge, aus dem Ausland waren es 14 Prozent weniger Orders. Allein die Aufträge aus den Euro-Ländern zeigten eine vergleichsweise positivere Entwicklung mit einem Rückgang von lediglich 2 Prozent, während die Nicht-Euro-Länder für den Maschinenbau mit einem Minus von 19 Prozent zu Buche schlugen.

Der Verband kommentiert dazu: „Damit ist die Bilanz für das erste Halbjahr eindeutig negativ. Zahlreiche Unternehmen zehren zwar noch von hohen Auftragsbeständen, bei den Neubestellungen wird die Luft aber langsam eng. Eine Trendwende ist bisher nicht in Sicht“. FMW: Es ist auch einfach nachvollziehbar. Wenn man noch vor einem Jahr volle Auftragsbücher hatte, kann man jetzt vielleicht gerade noch diese Halde abarbeiten, und die Produktion läuft. Aber wenn man jetzt im Maschinenbau so deutliche Rückgänge bei Neuaufträgen sieht, wird sich das auf das Produktionsvolumen der nächsten Quartale deutlich negativ auswirken.

Blick auf das gesamte erste Halbjahr

Das erste Halbjahr 2023 brachte laut VDMA insgesamt einen Rückgang der Auftragseingänge um real 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Inlandsorders sanken um 11 Prozent, aus dem Ausland kamen 15 Prozent weniger Bestellungen (Euro-Länder: minus 16 Prozent, Nicht-Euro-Länder: minus 15 Prozent). Dazu der VDMA-Kommentar: „Der Maschinenbau und Anlagenbau bekommt die zögerliche Investitionsneigung in praktisch allen Absatzregionen nun voll zu spüren. Die Ursachen sind vielfältig. Die Auswirkungen der restriktiven Geldpolitik zur Eindämmung der Inflation machen sich bemerkbar. Ebenso die Unsicherheiten angesichts geopolitisch harter Auseinandersetzungen. Und natürlich auch die Neujustierung der Unternehmen und ihrer Geschäftsmodelle in Folge der Transformation. Alles in allem ein ungesunder Mix vielfältiger Belastungen, die Schritt für Schritt abgebaut werden müssen, bevor es deutlich aufwärts gehen kann“.

Bloomberg-Kommentar

Bloomberg schreibt dazu aktuell „Drama im Maschinenbau“. Man beschreibt die Lage so: Wenn die Auftragseingänge im deutschen Maschinenbau und Anlagenbau in acht von neun Monaten zweistellig fallen, sollten im Wirtschaftsministerium in Berlin eigentlich alle Warnlampen angehen, zumal Industriepräsident Russwurm Deutschland “wirtschaftlich auf der Verliererstraße” sieht — mangels Fortschritten beim Bürokratieabbau, Genehmigungsbeschleunigungen und der Energieversorgung. Habeck spielt den Schwarzen Peter an den Finanzminister weiter: Der Umfang der Fördermaßnahmen in Lindners Wachstumschancengesetz sei zu dürftig, so der Minister. Unterdessen dampfen hiesige Konzerne ihre Prognosen ein. Covestro sieht seinen Jahresgewinn nur noch in der unteren Hälfte der Prognosespanne. Der Leverkusener Kunststoffkonzern erwartet wegen zurückgehender Nachfrage Schwierigkeiten in der zweiten Jahreshälfte.

Roboter im Maschinenbau Foto: Vecstock – Freepik.com

FMW/Bloomberg/VDMA



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5 Kommentare

  1. nun, mit Corona und Krieg hat diese Entwicklung quasi nur am Rande was zu tun. Schon vor 2019 haben die Chinesen erheblich an Marktanteilen bei Klein- und Anlagen gewonnen und die hiesigen Unternehmen verloren.
    die selbstgewählte Energiekrise wirkt nun wie ein Katalysator.

    1. Substanzloses Regierungsbashing wird dem Thema nicht gerecht. Wie Peter schon andeutete liegt das Problem im mangelhaften Transformationswillen deutscher Unternehmen. Maschinenbau? Wer glaubt, dass Fräsen, Bohren, Schrauben noch entscheidende Arbeitsschritte für die Wertschöpfung sind, ist von gestern. In China entstehen autonome Fabrikationsstätten, die Roboter für autonome Fabrikationsstätten fertigen. Wir hängen immer noch in dem Irrglauben fest, dass das haptische Produkt der Burner ist. Die echte Wertschöpfung liegt im Design und der durch Simulation optimierten virtuellen Konstruktion. Die gedruckte PDF besitzt keinen Mehrwert als die digitale Vorlage. Digitalisierung jahrzehntelang verschlafen… und tschüss!

  2. Bei der BASF und anderen Betrieben, die ihre Produktion schon ins Ausland verlegt haben, oder noch verlegen werden, konnten die Realitätsverweigerer noch argumentieren:
    “ Es werden die Industrien ins Ausland verlegt, damit vor Ort der Bedarf gedeckt werden kann“.
    Und wie kann man sich nun den Rückgang der Aufträge im Maschinenbau schönreden?

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  3. Ironie des Schicksals- oder ideologische Verbohrtheit der Wähler? Die ideologisch beschränkteste Regierung, die Deutschland je hatte, tritt ihr Amt an ausgerechnet am Vorabend der schlimmsten Krise in Europa seit Menschengedenken. Womit haben wir das verdient?

  4. Keine Sorge, die Regierungen haben einen nie nachlassenden Bedarf an Steuern, Bremsen, Deckeln usw. Der deutsche Maschinenbau wird weiterleben, wenn schon nicht in der Wirtschaft, so zumindest in der in der Sprache der Bürokraten, die ihn auf diesem Wege konservieren.

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