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Wendepunkt für die Haushaltspolitik Nach dem Karlsruher Urteil rücken die Klimaziele in weite Ferne

Nach dem Karlsruher Urteil rücken die Klimaziele in weite Ferne
Klimaziele - Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg

Das Karlsruher Urteil ist ein Wendepunkt für die Haushaltspolitik der Bundesregierung. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Umbuchung von Corona-Geldern in die Rubrik Umweltschutz am Mittwoch nachträglich untersagt hat, klafft auf einen Schlag eine 60-Milliarden-Euro-Lücke im Bundeshaushalt. Es könnten womöglich alle Sondervermögen im Volumen von 770 Milliarden Euro auf dem Prüfstand stehen. Deutschland tat sich bereits vor dem Urteil schwer, seine hochgesteckten Klimaziele zu erreichen, jetzt scheint es fast unmöglich zu sein. Das Bundesverfassungsgericht hat sie in noch weitere Ferne gerückt, wie Bloomberg berichtet.

Klimaziele: Karlsruher Urteil

Die Karlsruher Richter haben zwar gar kein Urteil über die Klimapolitik der Bundesregierung gefällt, sondern die Umleitung von 60 Milliarden Euro in einen Nebenhaushalt für verfassungswidrig erklärt. In der Praxis fehlen die Mittel aber bei Projekten zu sauberer Energieerzeugung und neuen Industrieanwendungen. Manche fürchten, dass sogar 770 Milliarden Euro schon eingeplanter Gelder in Frage stehen.

Wie die Koalition von Bundeskanzler Olaf Scholz nun weitermacht bei der Dekarbonisierung der deutschen Industrie und der Überholung der maroden Infrastruktur, weiß niemand. Nach der Gaskrise in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine und nach der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke stiegen die Emissionen durch Kohleverbrennung wieder. Im Verkehrsbereich ist ebenfalls keine Reduzierung abzusehen.

Von dem Pfad, die Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um zwei Drittel gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken, ist Deutschland weit entfernt. Der Ausbau der Infrastruktur für Wasserstoff und erneuerbare Energien geht zu langsam, zahlreiche Klimaprojekte sind in diesem Jahr Rezessionssorgen, schlechter Planung und öffentlicher Ablehnung zum Opfer gefallen. Nun fallen auch noch die Buchungstricks weg, mit denen sie finanziert wurden.

Bundesregierung Deutschland: Wegen Karlsruher Urteil rücken Klimaziele in weite Ferne

FDP-Finanzminister und Budgetfalke Christian Lindner sagte am Donnerstag im Bundestag, dass das Karlsruher Urteil müsse als “Wendepunkt” für die Haushaltspolitik gesehen werden. Es zwinge die Bundesregierung, bei den Ausgaben strengere Prioritäten zu setzen. Die Ampel arbeitet an einem neuen Wirtschaftsplan für den Klima- und Transformationsfonds, jenem Vehikel, dem das Urteil die 60 Milliarden Euro entzogen hat.

Elektroautos, Wasserstoff

Beispiele für Projekte, bei denen es Einschnitte geben könnte, sind Ladestationen für Elektroautos oder die Wasserstoff-Infrastruktur. Durch künftige Einschnitte dürfte es nicht einfacher werden, die Klimaziele zu erreichen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte nach dem Urteil zwar an, “dass alle zugesagten Verpflichtungen eingehalten werden”, dass aber “neue Verpflichtungen erst dann eingegangen werden können, wenn der neue Wirtschaftsplan aufgestellt wird”. Die Förderungen für den Austausch von Heizungssystemen mit fossilen Brennstoffen sollen etwa weitergehen.

Subventionen: Industrie-Lobby ist besorgt

Die deutsche Industrie-Lobby zeigt sich besorgt darüber, dass die Bundesregierung nun an der Steuerschraube dreht oder Subventionen kürzen könnte — etwa durch eine Wiedereinführung der Umlage für erneuerbare Energien oder eine Kürzung der Strompreissubventionen.

“Die Politik muss nun schnellstmöglich die Finanzierung wichtiger energie- und klimapolitischer Vorhaben sicherstellen – insbesondere die Entlastungen bei der EEG-Umlage sowie die Strompreiskompensation”, sagt Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer. “Mehr Investitionen sind das Gebot der Stunde. Das gilt für den Staat wie für die Unternehmen.”

Der Engpass kommt auch zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt in der internationalen Klimadiplomatie. Habeck reist nächsten Monat zum COP28-Gipfel der Vereinten Nationen nach Dubai, um den deutschen Kohleausstiegsplan zu erläutern und große Emittenten wie China davon zu überzeugen, dasselbe zu tun.

Das Urteil hat “die Welt noch ein bisschen komplizierter gemacht”, sagte seine Parteikollegin und Außenministerin Annalena Baerbock am Mittwoch während eines Informationsgesprächs zum COP28. “Wir werden in der Bekämpfung der Klimakrise, die finanzielle Mittel braucht, nur dann vorankommen, wenn alle ihre Verantwortung wahrnehmen.”

FMW/Bloomberg



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13 Kommentare

  1. Fuer alle möglichen Dinge ist Geld da nur fuer Rentner nicht, im Gegenteil die Rentenkasse wird immer wieder gepluendert

  2. Schade, dass die Ökosozialisten nun zumindest vorübergehend ausgebremst sind.
    Aber vielleicht kann ja ein Umwelt-Soli, oder andere Abgaben, zumindest die Finanzierung der geplanten Maßnahmen retten.
    Wenn doch damit die Welt vor der Klima-Katastrophe gerettet werden kann, wäre doch sicherlich auch ein Lastenausgleich gerechtfertigt, oder das Aussetzen der Schuldenbremse für die nächsten 25 Jahre.
    Die Ökosekte soll mal schön weitermachen, und die Billionen verbrennen.
    2050 soll Niemand sagen können: Es war ja nicht genug Geld vorhanden.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  3. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Was wir Ostdeutsche nicht verstehen, ist die totale Bessenheit der Wessis mit dem Atomausstieg. Gut könnte man sagen, Merkel war auch ein Ossi, in Wahrheit war die aber eine geborene Hamburgerin.

    Ihr Vater übersiedelte in den Fünfzigern in den Osten, weil er hier eine Stelle als Pfarrer erhielt, die er im Westen nicht erhalten konnte, weil er kein abgeschlossenes Studium der Theologie besaß.
    Er hat zwar in Hamburg zwei, drei Semester Theologie studiert, aber immer ohne Abschluss. Wäre also auch nicht berechtigt gewesen im Osten zu predigen, aber das bog sich die Politik zurecht. Der Prestigeerfolg gegen den Westen war entscheidend, aber das nur nebenbei…
    Nun gut kommen wir zum Atomausstieg. Wir im Osten konnten dieser ganzen Anti-Atomkraft- Bewegung noch nie viel abgewinnen, auch nach Tschernobyl nicht…
    Tschernobyl ist ein ungeklärtes Thema für sich. Bei uns im Osten hieß es immer, die Russen hätten sowieso immer bei der Arbeit gesoffen und wüssten somit nicht was die täten…
    Das Tschernobyl in der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik lag war uns voll bewusst, aber umgangssprachlich waren das alles Russen für uns, auch was die Sowjets in den Kasernen betraf….
    Jedenfalls bis heute streiten sich die Gelehrten, wie es zum Unglück kam, die einen sagen so, die Anderen so…
    Japan war eindeutig Schlamperei. Der ursprüngliche Chef- Ingenieur veränderte die Konzeption und ließ bei der Errichtung des AKW 15 Meter vom Top des Felsens,worauf dann das spätere AKW errichtet worden ist, abtragen, weil er fürchtete, die Steigleitungen des Kühlwassers, würden die Höhe vom Meer aus nicht schaffen…
    Hätte es die 15 Meter noch gegeben, so wären die Wellen beim Tsunami am Felsen abgeprallt. Aber das nur nebenbei…
    Wie man dann aber im Bundeskanzleramt drauf kommen musste ,ausgerechnet unsere Kernkraftwerke abzuschalten, erschließt sich mir und vielen anderen aus dem Osten nicht…
    Wahrscheinlich ist die akademische Durchbildung der Bundeskanzlerin auch nicht die beste gewesen. Es gab in der Wende immer wieder Anschuldigungen vom „Neuen Forum“ in dieser Richtung, sie hätte unter dem Namen IM Erika für die Stasi spioniert und die Diplom- und Doktorarbeit wäre nicht auf ihrem Mist gewachsen…
    Von übergroßer Intelligenz ist ja ihre Kanzlerschaft nicht begleitet gewesen….Wenn man ihre Auftritte in der Öffentlichkeit verfolgte oder im Deutschen Bundestag, da dachte man eher, die Putze spricht, aber nicht die Bundeskanzlerin…
    Ich bin seit der Wende oft in unserem Nachbarland Frankreich unterwegs, dort sieht man es genau so. Vor allem können die Franzosen nicht die westdeutsche Bessenheit mit dem Atomausstieg verstehen…
    Das scheint aber auch an der Durchbildung des Westens zu liegen, wenn man Mathe oder Physik einfach beim Abi abwählen kann, wo soll das hinführen…?
    Wie ein Atomausstieg ohne Ausnahme und Alternative funktionieren soll, das weiß nur Herr Habeck…

    1. „Wie man dann aber im Bundeskanzleramt drauf kommen musste ,ausgerechnet unsere Kernkraftwerke abzuschalten, erschließt sich mir und vielen anderen aus dem Osten nicht…“

      Die Leistung eines Politikers ist der Stimmenfang der Wähler.
      Insofern hat sie einen guten Job gemacht, zum Schaden des deutschen Volkes durch die wirtschaftlich schädliche Stilllegung und den Strafzahlungen an die Betreiber.

      1. Zur Erinnerung:

        https://www.welt.de/politik/wahl/baden-wuerttemberg-wahl/article12967935/Mappus-droht-das-Aus-Merkel-der-Anfang-vom-Ende.html

        Marketing ist nicht alles, aber ohne Marketing ist alles nichts. Mit ihm allerdings auch.

        1. @Nvidianer – Danke für diese „Erinnerungskultur“. Was war das für ein politisches Geschacher damals – mit „für“ und „wider“ hinsichtlich der Atomkraft hatte das nichts zu tun… Der Machterhalt steht bei Politikern halt immer an oberster Stelle – und das „Wohl des Volkes“ eher an unterster Stelle… Naja – mit dem ungebildeten Wahlvolk lässt es sich ja auch leicht machen…

          1. @Lausi, Der Machterhalt steht bei Politikern halt immer an oberster Stelle – und das „Wohl des Volkes“ eher an unterster Stelle… Naja – mit dem ungebildeten Wahlvolk lässt es sich ja auch leicht machen…

            Es geht nicht allein um Machterhalt oder um Bildung, sondern um eine spezielle Pathologie, in Demokratien, in denen Parteien gezwungen sind, aufgrund unklarer Mehrheitsverhältnisse, Koalitionen zu bilden. Die CDU hat sich daran angepasst und würfelt ihre jeweiligen Überzeugungen neu aus, nicht nur weil sie eine Landtagswahl gewinnen will ( das allein wäre bloß Machtkampf bzw. Machterhalt ), sondern weil sie darauf aufgrund aktueller Umfragen, darauf spekuliert, mit der einen oder anderen Partei eine Regierung zu bilden. Das kostet sie nichts, lässt aber die Wähler dumm dastehen, die nicht schlau daraus werden können. Sie wissen nie, woran sie bei den Parteien sind und gilt für alle Parteien. Das allein an der CDU fest zu machen ist ein Beispiel für „overfitting“.

            Hier wäre mein Vorschlag für eine Wahlrechtsreform. Parteien müssen sich im Wahlkampf festlegen, ob sie bereit wären mit einer anderen Partei zu koalieren. Ich nenne das eine „optionale Zusage“, d.h. die Zusage kann eingelöst werden oder auch nicht ( sie erwerben das Koalitionsrecht, müssen es aber nicht ausüben ). Was nicht möglich ist, ist eine Koalition ohne eine vorausgehende optionale Zusage. Wenn eine Regierung nicht zustande kommt, dann gibt es Neuwahlen. Dabei gelten andere Regeln: a) nur Parteien, die in Runde 1 über 10% gekommen sind, können daran teilnehmen und b) eine Partei A kann seine optionale Zusage zu einer Partei B nur dann erneuern, wenn A+B in Runde 1 keine rechnerische Mehrheit hatten. Hätten sie eine Regierung bilden können, wurde das Koalitionsrecht aber nicht ausgeübt, dann entfällt die optionale Zusage und kann in Runde 2 nicht erneuert werden. Wenn es nach Runde 2 weder eine rechnerische Mehrheit für eine Partei gibt, die alleine regieren kann, noch eine Koalition gebildet werden kann, dann gewinnt die stärkste Partei die Wahl. Sie erhält dann automatisch 51% der Sitze im Parlament. Die Anzahl der Sitze der übrigen Parteien wird entsprechend der prozentualen Stimmenanzahl reskaliert [1], s.d. sie zusammen 49% der Sitze erhalten.

            Für die Wähler ist das alles viel klarer, weil sie nicht die Katze im Sack kaufen. Die Zukunft bzw. die möglichen Zukünfte, werden viel deutlicher, wenn Wahlen keine Experimente mit verzögerter Entscheidung sind.

            [1] Ist p der prozentuale Anteil der Stimmen der siegreichen Partei A, so beträgt der Skalierungskafor 0.49/(1-p). Hätte A z.B 35% der Stimmen bekommen, so wäre der Skalierungsfaktor 0.49/0.65 ~ 0.75

    2. Zitat: „da dachte man eher, die Putze spricht, aber nicht die Bundeskanzlerin…“ Ich lach mich weg…🤣

    3. Herr Dr.
      Hier haben die grün-linken Medien den Atomausstieg befeuert, schön geredet und die Hirne der Bevölkerung vernebelt. Fukushima sowie Tschernobyl wurden so zurechtgebogen, dass Kerkraft ein nicht zu beherrschendes Ding ist. Angstverbreitung stand im Vordergrund.
      Jetzt sind die Gehirne so umgedreht, dass es schwierig wird sie dafür wieder aufnahmefähig zu machen.

  4. Der Atomausstieg kommt uns (noch) teuer zu stehen.

    https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/deutschland-muss-immer-h%C3%A4ufiger-strom-verschenken-und-ihn-anschliessend-teuer-zur%C3%BCckkaufen/ar-AA1k5dNq?rc=1&ocid=winp1taskbar&cvid=1c4a7fa2136a485bc7ab2e846955fb68&ei=8

    Erst müssen wir Stromüberschüsse teuer ins Ausland exportieren um sie dann wieder teuer zu Importieren.
    So einen Unsinn kann sich nur eine (noch) sehr reiche Volkswirtschaft leisten (oder auch nicht 😉)

    Und diese grünlinken Lügner verdrehen die Daten so lange, bis sie selber an das Märchen vom billigeren Strom in Deutschland glauben. Und da selbst der Habeck und sein Wirtschaftsministerium die noch absehbar Jahrzehntelangen Strompreisanstiege eingestehen musste, kommen diese Datenverdreher auf die Idee das mit Inflation klein zu Reden.
    Wobei der Habeck und sein Wirtschaftsministerium die Inflation in deren Strompreisprognosen genauso gut berücksichtig hat, wie die EZB bei Ihren Inflationsprognosen 🤣

    Aber Hauptsache die Atomkraftwerke laufen überall auf der Welt, nur nicht mehr in Deutschland.

  5. C. Lindner hat als Einziger in der Ampel das Urteil verstanden, indem er sagte: Es ist auch eine Chance.
    Das BVG hat ja nicht die Höhe der Schuldenmacherei für den Ökowahn beanstandet, sondern nur die Zweckenfremdung der 60 Milliarden.
    Das das BVG den Klimaschutz selber an die höchste Stelle im Grundgesetz gesetzt hat, stehen nun Tür und Tor offen für neue Sondervermögen, damit die Deutschen die Welt bzw. das Klima retten können.
    Hunderte von Milliarden, wenn nicht sogar mehrere Billionen an Sondervermögen werden wohl schon benötigt.
    Was sollte das BVG dagegen haben?

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  6. Ich hab‘ die Lösung: Einfach den CO2-Preis ordentlich anheben – da kommen die 60 Milliarden schwupp-di-wupp schnell wieder rein. Und das Klima dürfte sich auch darüber freuen.

  7. Also die Ziele, nämlich die Rückkehr Buntlands ins Mittelalter, sind nicht nur weiterhin in Takt, sondern werden weiterhin effizient und effektiv umgesetzt. Und was sind „Klimaziele“? Ach ja, dieser besonders in Deutschland endemisch verbreitete schwere pathologische Hirnschaden.

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