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Scheitert die Ampel? Neuwahlen in Deutschland nach FDP-Mitgliederbefragung? Folgen für Dax und Co

Christian Lindner
Christian Lindner. Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg

Wenn es bald doch zu Neuwahlen in Deutschland kommen sollte, hätte das auch Folgen für Dax und Co: Bekanntlich läuft bis Ende Dezember die Mitgliederbefragung der FDP, und sollte sich dabei eine überwältigende Mehrheit der FDP-Mitglieder für ein Ende der Ampelkoalition aussprechen, gerieten Lindner und die FDP-Spitze unter starken Druck. Würde die FDP-Spitze dem Votum der Mitglieder nämlich nicht folgen, droht eine massive Austrittswelle aus der Partei. Folgen Lindner und Co dagegen dem Votum, wäre die Ampelkoalition gescheitert, Neuwahlen die Folge.

Neuwahlen in Deutschland nach FDP-Mitgliederbefragung? Folgen für Dax und Co

Laut aktueller Umfrage von Forsa kommt die Ampelkoaltion gerade einmal noch auf 32% – und läge damit nur noch ganz knapp vor der CDU/CSU, dier es alleine auf 31% schafft. Käme es zu Neuwahlen, wäre es also durchaus wahrscheinlich, dass die CDU den nächsten Kanzler stellen würde. Das würde eine Wende in vielen Politikbereichen bedeuten – nicht zuletzt in der Energiepolitik. Und das wiederum hätte Folgen für die Finanzmärkte: für den Dax, den MDax oder den SDax. Vor allem aber für viele an der Börse gelistete Unternehmen: jene, die bisher eher Profiteure der Energiewende waren, dürften die Verlierer sein (so wahrscheinlich etwa Wasserstoff-Aktien). Die Verlierer der Energiewende higegen dürften dann die Gewinner sein.

Auffallend ist: je stärker ein börsennotiertes Unternehmen vom Geschäft in Deutschland abhängig ist, umso schlechter tendentiell die Performance an der Börse – kein Wunder bei der mauen Wirtschaftslage in Deutschland. Das wird sichtbar daran, dass vor allem die mehr auf Deutschland fokussierten Indizes wie MDax und SDax stark hinter dem großen Dax zurück bleiben, dessen Unternehmen deutlich mehr Geschäft im Ausland als in Deutschland machen:

Wahrscheinlich ist, dass MDax und SDax die schlechtere Performance im Falle von Neuwahlen und eines dann absehbaren CDU-Sieges gegenüber dem großen Dax verringern würden. Die Aussicht auf eine CDU-geführte Regierung in Deutschland dürfte also vor allem zahlreichen Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe zugute kommen – vor allem jenen, die energieintensiv arbeiten (zum Beispiel Aurubis). Im Dax schließlich könnten Autobauer wie Volkswagen Profiteure sein, denn unter einer CDU-Kanzlerschaft wäre zu erwarten, dass die Energiewende zumindest in Teilen zurück gedreht werden dürfte.

Man kann diesen Gedankengänge weiterspinnen, etwa, was Neuwahlen in Deutschland für den Euro bedeuten würden. All das ist natürlich noch Spekulation, aber eben auch Antizipation: denn nur wer vor der Masse auf die richtigen Pferde setzt, wird profitabel investieren!

FDP-Mitgliederbefragung – Partei ist nervös

Es ist davon auszugehen, dass die Parteiführung über den Stand der Abstimmung unterrichtet ist. Umso auffälliger, das führende FDP-Politiker nun in einem offenen Brief für einen Verbleib in der Ampel werben. Offenkundig stehen die Dinge nicht allzu gut aus Sicht der Ampel-Befürworter in der Partei. Denn die Stimmung scheint, wenn man sich die Kommentare zum Thema ansieht, für ein Verlassen der Ampelkoalition zu sprechen. Man erinnert häufig an den Lindner-Satz: „Lieber nicht regieren als schlecht regieren“. Oder fordert: „lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“. Wie aufgebracht die Stimmung aktuell ist, kann man an den aktuell 572 Kommentaren zu dem Welt-Artikel „Niemand mag Menschen, die vor der Verantwortung davonlaufen“ sehen, in dem der offene Brief von drei prominenten FDP-Mitglieder aus Bayern veröffentlicht worden ist. Bei dem Artikel nehmen wirklich alle 572 Kommentare eine gegensätzliche Position zu dem offen Brief der Ampel-Befürworter ein!

Die Parteiführung hat dem im Wesentlichen auch nur entgegen zu setzen: man habe doch erfolgreich Schlimmeres verhindert. Das wirkt wenig überzeugend, schon gar nicht motivierend. Auch das Argument, man stehle sich nicht aus der Verantwortung, scheint nicht zu verfangen.

Beispielhaft dafür steht ein Aufruf eines FDP-Mitglieds, der uns zugespielt wurde:

Liebe FDP-Mitglieder,

mit der aktuellen FDP-Mitgliederbefragung haben Sie die einmalige Möglichkeit, sich als einfaches Parteimitglied in einer basisdemokratischen Richtungsentscheidung für vorgezogene Neuwahlen auszusprechen. Damit ergibt sich für Deutschland die Chance, durch eine andere Konstellation in der Regierungsverantwortung den überfälligen Reformstau anzugehen, der leider nicht wie erhofft durch die Ampel-Koalition angegangen wurde.

Die zentrale Frage ist, ob nach Ihrer Einschätzung die guten FDP-Impulse von z.B. dem Wachstumschancengesetz ausreichen oder ob man trotz des positiven FDP-Einflusses in der Summe der Ampel-Koalition eine wachstums- und leistungsfeindliche Politik attestieren muss.

Tatsache ist, dass in den letzten Monaten viele Unternehmensentscheidungen in Richtung Deindustrialisierung getroffen wurden, da der Standort Deutschland durch Entscheidungen der Ampel-Koalition stark geschwächt wurde. Die Staatsquote liegt mittlerweile bei über 50% und die Wachstumsraten sind die drittschlechtesten aller OECD-Länder (nur Russland und Argentinien schneiden noch schlechter ab).

Entgegen der Behauptung der FDP-Ampel-Befürworter, dass eine Entscheidung gegen die Ampel den Gang in die Opposition bedeutet, gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass nach der nächsten Wahl die CDU den Kanzler stellt und diese die FDP als Koalitionspartner braucht. Dabei ist es egal, ob 2024 oder 2025 gewählt wird, die Stimmung in der Bevölkerung steht ganz klar auf Wechsel.

Die Argumente der FDP-Ampel-Befürworter wie Wolfgang Kubicki oder der drei prominenten FDP-Mitglieder aus Bayern können nicht überzeugen. Das Kernargument, dass die FDP sich mit dem Ausscheiden aus der Ampel-Koalition aus der Verantwortung stehlen würde ist falsch. Die FDP würde nach Neuwahlen nicht in die Opposition wechseln, sondern in einer neuen Konstellation mit der CDU wieder Regierungsverantwortung übernehmen, um dann viel effektiver den Reformstau der Merkel-GroKo und der Ampel-Koalition zu überwinden. Die letzten Parteitage der SPD und Grünen haben ganz klar gezeigt, dass zentrale FDP-Ziele für eine wachstums- und leistungsfreundliche Politik auf absehbare Zeit nicht mehr in einer Koalition mit SPD und Grünen umzusetzen sind.

Auch das Argument, dass eine Trendwende in der Coronapolitik erst durch die FDP möglich wurde, überzeugt nicht, da die FDP gemeinsam mit der CDU diese Wende durch die Ablehnung der Impfpflicht, gegen den Willen von SPD und Grünen eingeleitet hat.

Die aufgeworfenen Fragen der drei prominenten FDP-Mitglieder aus Bayern „Wer soll uns dann bei einer Neuwahl noch wählen? Welches Wahlziel, welche Koalition sollen wir dann potentiellen Wählerinnen und Wählern in Aussicht stellen?“ sind, wenn man mutig ist, recht einfach zu beantworten: Menschen, die grundlegende Reformen für mehr Wachstum und weniger Staat sowie die Förderung von Leistung befürworten, werden die FDP wählen, um diese Punkte in einer Koalition mit der CDU sicherzustellen.

Es wird also spannend werden – die FDP-Mitgliederbefragung jedenfalls ist ein auch für die Finanzmärkte und speziell für deutsche Aktien durchaus relevantes und spannendes Thema!



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16 Kommentare

  1. Wie kommt man darauf, das es mit der CDU eine Wende gibt??? Es geht höchstens langsamer. Wer ist Chef der CDU, Merz. Und wer ist Merz, „Lobbyist von Blackrock“, und wer ist Blackrock??? Eng verbunden mit dem WEF, Larry Fink sitzt im Vorstand des WEF, gleich neben „Klausi“

  2. Zwei Seiten einer luftverkehrspolitischen Medaille sind, daß sich Ministerrat-Staatsministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau und FDP-Präside auf Bundesebene Daniela Schmitt, die sich für eine Fortsetzung der Bundeskanzler Olaf Scholz-Bundesregierung/Koalition ausspricht, in diesem Zusammenhang aufgerufen ist, die vorgesehene „weitere Erhöhung“ der wettbewerbsverzerrenden, rein entfernungsbezogenen Luftverkehrssteuer bestmöglich zu verhindern versuchen. Grundlage: Staatsministerin Daniela Schmitt spricht sich für ein „konkurrenzfähiges Steuersystem“ aus. Am genannten lobenswerten, luftverkehrspolitischen Willen wird sich die genannte Wirtschafts- und Verkehrspolitikerin nunmehr messen lassen müssen.

  3. @Markus Fugmann

    „– und läge damit nur noch ganz knapp vor der CDU/CSU, dier es alleine auf 31% schafft.“
    Vorausgesetzt, die CSU würde die 5-Prozent-Hürde noch knacken. Die knabbern bekanntlich schwer an der so lange überfälligen Wahlrechtsreform, weshalb man mal wieder vors Bundesverfassungsgericht zog. Das ist inzwischen Goldstandard in der Oppositionsarbeit à la Union. Dazu machen die FW den Christen derzeit viele Wähler abspenstig, was nicht gerade zu guter Stimmung zwischen Maggus und Hubsi beiträgt 😄

    Auf Ampelseite wäre andererseits auch die FDP gefährdet, was wegen ihrer fundamentalen Oppositionsarbeit in Regierungsverantwortung (=schlecht regieren) 😉 nicht allzu verwunderlich ist. Dann müsste Lindner seinen Satz umschreiben in „Lieber nicht im Parlament als schlecht regieren.“ 😮

    Welche Koalition würde bei der Konstellation am Ende wohl herauskommen? Schwarz-Blau? 😲

  4. Hinterher sind wir alle schlauer…..

    oder verprügelt….

    oder betrunken….

    oder schwanger

  5. Was wollen wir mit denen ? Ich betrachte sie als meine Angestellten – und sie bringen es nicht. Sie wollen sich selber oder eine übergeordnete Agenda verwirklichen. Dazu sind sie aber nicht gewählt worden. Volkes Wille geht sie nichts an.
    Kaum jemand der an diesen Personen in der Regierung was findet ihnen was zutraut. Man hatte es Scholz sowieso vorher nicht zugetraut – ich jedenfalls nicht. Er kann zwar nichts dafür (denk ich mal) aber seine äußere Erscheinung, sein Gesichtsausdruck flößt keine Zuversicht, wenig Vertrauen in eine Macherqualität ein. Und so benimmt er sich auch. Und wenn er dann auch noch Gedächtnisverlust in wichtigen Angelegenheiten hat – na ja.
    CDU/CSU = Merkel Partei ? Von der ist nicht so viel zu erwarten. Merz hatte vor 20 Jahren mehr Hoffnung gemacht.

    Die Bauern machen es vor ! Und Anthony Lee ist eine guter Sprecher des Verbandes.

  6. Berliner mit Füllung

    Wenn die FDP mit einem Ampel-Austritt unvermutet so etwas wie „Rückgrat“ gegenüber ihren Grundsätzen zeigen würde, würden sie wohl ein paar Prozent gewinnen. Aber für die der CDU/CSU fehlenden 15% reicht es natürlich nicht, d.h. die SPD müsste her, denn Richtung AfD bröselt die „Brandmauer“ wohl in 2024 noch nicht genug. Außerdem, die AfD hätte bis dahin vermutlich 25% und wäre zu groß und selbstbewusst als Juniorpartner und Lückenfüller. Die CDU wäre auch inhaltlich der SPD am nahesten.
    Neuwahlen brächten also wahrscheinlich Schwarz-Rot und eine FDP in der Opposition bei knapp 7%.

    1. @Berliner mit Füllung

      Dumm nur, dass es für Schwarz-Rot nicht reichen würde. Außerdem ist es äußerst unwahrscheinlich, dass sich die SPD auf eine Koalition mit Merz einlassen würde, der gerade ihr Hauptanliegen – die Sozialpolitik – zu pulverisieren versucht.

      25 % für die AfD können Sie vergessen. Die Umfragen berücksichtigen immer nur den Anteil an wahlwilligen Bürgern. Das heißt, in Umfragen fehlt immer ein großer Bevölkerungsanteil derer, die momentan sagen, sie würden aus Enttäuschung gar nicht wählen, weil sie sich von keiner Partei gut vertreten fühlen.
      Wenn es dann soweit ist, steigt die Wahlbeteiligung immer deutlich gegenüber den Umfragen an. Und diese zusätzlichen Wähler entscheiden sich dann eben nicht für die AfD, die ihr Potenzial aus dem Nichtwählerlager in derzeitigen Umfragen bereits ausgeschöpft hat.
      So gut wie alle potenziellen AfD-Wähler, also radikale Wutbürger und Protestwähler, sind laut vielen Umfragestatistiken in den aktuellen Wahlumfragen ständig präsent.

      Bei der letzten Bundestagswahl hat die AfD viele Stimmen ans Nichtwählerlager verloren, weil die klassischen Hass- und Wutthemen wie Migration (war da gerade nicht in Mode) und Grüne (die waren ja noch nicht in der Regierungsverantwortung) nicht bespielt werden konnten. Auch die Energiewende, die natürlich damals schon wie heute existent war, interessierte seltsamerweise keinen, vermutlich weil das Land von billigem Russengas überschwemmt wurde.
      Diese abgewanderten Nichtwähler sind inzwischen in den Umfragen wieder „aktiv“. Betrachtet man dazu die Wählerströme, sind viele vor allem von der SPD und FDP gewechselt. Diese Parteien befinden sich nun am unteren Rand etwa im Bereich ihrer treuen Stammwählerschaft. Woher also sollte die AfD noch mehr Stimmen mobilisieren?
      Oppositionsparteien haben es immer leicht bei Protestwählern und Enttäuschten. Daher dürfte es von der CDU/CSU nicht viel zu holen geben.

      Gehen Sie trotz aller aktuellen Höhenflüge also lieber von maximal 17 bis 18 % aus.

      1. „AfD-Wähler, also radikale Wutbürger und Protestwähler“

        Es mag für Sie nicht in ihr Weltbild passen, aber es mag tatsächlich Menschen geben die aus Überzeugung AfD wählen, da die Linken Blockparteien einschließlich CDU und FDP mit ihrer Ideologie eben keine Alternative darstellen, sondern das Problem sind.

        Ist natürlich alles nur Zufall, Rohstoffboom und die CDU schaltet passend Kohle und Atom ab. Das hilf wirksamen für niedrige Energiekosten, NICHT. Immobilienpreise fallen, aber da kann man noch nachhelfen mit einem Sanierungszwang.

        Aufwachen!

        1. @Übelkeit

          Erst lesen, dann denken, dann schreiben…
          Ich beziehe mich explizit und für jedermann erkennbar auf die potenziellen Wähler – speziell aus dem Lager der Nichtwähler – und nicht auf die Stammwählerschaft.
          Letztere ist gekennzeichnet durch eine gewisse Sympathie für rechtsextreme bis völkische Überzeugungen einerseits, und ein hohes Niveau an persönlicher Unzufriedenheit mit der individuellen Lebenssituation andererseits.
          Je nach Bundesland und Wahlanalyse wollen die Hälfte bis zwei Drittel der AfD-Wähler ihre Stimme der Partei geben, weil sie von den anderen Parteien enttäuscht sind. Der Rest von etwa 35 bis 50 %, weil er von der AfD überzeugt ist.

          Das sagt übrigens nicht mein Weltbild, sondern ist Ergebnis der Auswertung zahlreicher öffentlich zugänglicher Wahlstatistiken, Analysedaten und wissenschaftlicher Studien.
          “Ein klareres Profil ergibt sich, wenn man die Einstellungsmerkmale der Wählerschaft betrachtet. Die AfD-Wähler weisen hier zum einen im Vergleich zu den anderen Wählern ein wesentlich höheres Unzufriedenheitsniveau, zum anderen eine größere Nähe zu rechtsextremen Überzeugungen auf. Protest- und Einstellungswahl gehen bei der AfD insofern Hand in Hand und decken sich mit dem Selbstverständnis einer „Anti-Establishment-Partei“. Am deutlichsten ablesbar sind die Unterschiede zur politischen Konkurrenz bei der Bewertung der Migrations- und Flüchtlingspolitik, wo die rigorose Ablehnungshaltung der AfD von ihren Wählern nahezu einhellig geteilt wird.“
          https://www.bpb.de/themen/parteien/parteien-in-deutschland/afd/273131/wahlergebnisse-und-waehlerschaft-der-afd/#node-content-title-1

          Durch die Hetze und Diskriminierung gegen Ausländer und Menschen mit Migrationsgeschichte – was auf fast 25 % der deutschen Bevölkerung zutrifft – schafft es die AfD, den eigenen Unterstützern einzureden, sie würden wirtschaftlich, sozial und politisch gewinnen, wenn soziale Leistungen oder Grundrechte für diese Gruppen eingeschränkt würden. Die AfD versucht immer häufiger, sozioökonomische Themen mit völkisch-rechtem Kulturkampf zu vermischen, indem sie Probleme wie Ungleichheit mit Migrationspolitik kausal verschwurbelt.

          Das AfD-Paradoxon
          Zahlreiche statistische Auswertungen und soziologische Studien zeichnen ein klares und übereinstimmendes Bild von einer falschen Selbsteinschätzung vieler AfD-Wähler bei gleichzeitiger Fehleinschätzung gesellschaftlicher Realitäten. Ein Paradoxon, das nicht selten in fragwürdigen Verschwörungstheorien mündet.

          Viele AfD-Wähler etwa beklagen den fehlenden gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land, obwohl es gerade die AfD wie keine andere Partei versteht, Wut und Unzufriedenheit zu schüren und tiefe Spaltkeile in die Gesellschaft zu treiben.

          Ein kleinerer Teil der AfD-Wähler – vor allem in den neuen Bundesländern – rekrutiert sich aus prekären Einkommensschichten. Im Osten Deutschlands wählen gut ein Drittel der Arbeitslosen die AfD. Also genau die Partei, die den Sozialstaat und eine Erhöhung des Bürgergeldes ablehnt und in großen Teilen abschaffen will.

          Unter den Beschäftigten schätzt die Wählerschaft der AfD ihre eigene soziale Situation deutlich schlechter ein als die Anhänger anderer Parteien, obwohl die tatsächliche Einkommensverteilung durchaus divergierende Fakten widerspiegelt.
          Obwohl die zur Verfügung stehenden Median-Haushaltseinkommen eine andere Realität aufzeigen, halten nur 42 % der AfD-Anhängerschaft ihren Lohn für angemessen, während es bei den übrigen Wählern mit vergleichbaren Einkommen 55 % sind. Dass ihre Arbeitsleistung vom Arbeitgeber nicht wertgeschätzt werde, monieren 48 % im Vergleich zu 40 %.
          Starke oder äußerst starke Belastungen verspüren Befragte mit Präferenzen für die AfD im Hinblick auf die Gesamtsituation und die finanzielle Situation fast doppelt so oft wie die anderen.
          Man könnte die AfD durchaus treffend als Partei der sich ausgeliefert fühlenden und überproportional jammernden Durchschnittsverdiener beschreiben.

          Das Paradoxe dabei ist, dass Menschen aus der AfD-Wählerschaft mit am stärksten unter der extrem neoliberalen AfD-Politik und ihren radikalen Einschnitten in der Sozialpolitik leiden würden. Würde sich die AfD-Politik durchsetzen, käme es zu einer noch stärkeren Umverteilung von Einkommen und sozialen Leistungen von AfD-Wählern hin zu den Wählern anderer Parteien.

          Eine Sparpolitik, wie sie derzeit vom Bundesfinanzminister vorgegeben wird, dürfte da nicht unbedingt hilfreich sein und diese gefühlten Realitätsverzerrungen weiter anheizen.

          Die einzige weniger ausgeprägte Sorge im Vergleich zum großen Rest der Bevölkerung bezieht sich auf eine mögliche Ausweitung des Ukrainekrieges.
          Ein erheblicher Teil der AfD-Sympathisanten tendiert zu Verschwörungserzählungen oder russlandfreundlichen Interpretationen des Kriegs gegen die Ukraine. Der These, dass der Krieg in der Ukraine genauso künstlich dramatisiert werde wie die Pandemie, stimmt weit mehr als die Hälfte der AfD-Wähler zu. Unter Wählenden anderer Parteien sind es lediglich 16 %. Ähnlich stark vertreten ist auch die völlig irrwitzige Deutung der Schuldfrage, dass die NATO Russland zum Krieg “provoziert“ habe.

          Aufwachen! ??? Erinnert irgendwie an Erwachet!, die Sektenzeitschrift von Jehovas Zeugen 😉

    2. Thüriger auf Abwegen

      @Berliner mit Füllung
      „so etwas wie „Rückgrat“ gegenüber ihren Grundsätzen“ 😂🤣
      Andere Parteien bemühen sich um Rückgrat hinsichtlich ihrer Grundsätze.

      Das bedeutet, die Grundsätze der FDP sind amöbenhaft befreit von Rückgrat, stets flexibel, anpassungsfähig, opportunistisch, windig und an Wahlumfragen orientiert.
      Immerhin „würden sie wohl ein paar Prozent gewinnen“. Nur das ist es doch schließlich, was die FDP antreibt, nicht wahr?

      Danke für den Kommentar, besser kann man diese windigen Vertreter der oberen 5% in der Einkommens- und Vermögensverteilung nicht beschreiben 👏 👍
      Leider sind den dynamisch-flexiblen Freelancern seit der letzten Wahl weitere 6% aus der Jung- und Erstwählerschicht – sprich Erben – zur AfD entfleucht, während die Multi-Millionärs- und Milliardärs-Papas und -Sponsoren langsam abtreten 😮

      Langsam aber sicher würde es mir gefallen, wenn nach Neuwahlen eine Koalition aus CDU und AfD das Land zugrunde streiten würde. Die Konsequenz: Erneute Neuwahlen nach spätestens einem Jahr völliger Regierungsunfähigkeit und Paralyse. Nur aus Erfahrung wird man schlau, nur aus Erfahrung lernt man. Das müssen AfD-Wähler erst noch begreifen, während CDU-Wähler dagegen bereits immun zu sein scheinen.
      Dann würde die ganze Welt tatsächlich über Deutschland lachen. Über kurzsichtige Menschenfischer am rechten Rand der kleinen Bucht, die die linke Seite und den großen tiefen Teil des Ozeans völlig aus dem Blickfeld verloren haben 😁

      1. @Thüringer auf Abwegen
        Ich finde auch, etwas Rückgrat gegenüber Moskau statt gegenüber den eigenen Prinzipien wäre angebracht. Sofern so etwas wie Rückgrat und Prinzipien in dieser freien und wirren Ansammlung von Lobbyschülern überhaupt existiert.
        Erst einmal sollten sich Silberrücken wie Kubicki und Strack-Zimmermann einig werden, bevor flexibel-verlogene Softies wie Lindner, Buschmann und Wissing auf die Allgemeinheit losgelassen werden.

  7. Die FDP sollte an der Ampel festhalten, denn sie macht dort einen guten wenn auch undankbaren Job. Mit Schuldenabbau und Sanierung des Bundeshaushalts gewinnt man zwar keine Mehrheiten, aber der Kauf von Wählerstimmen mittels Neuverschuldung ist nichts anderes als Korruption.
    Es wäre überhaupt kein Drama, wenn Deutschland wegen Konsolidierung mal für ein paar Jahre in die Rezession schlittert. Sicherlich würden viele, die mit falschen Hoffnungen und Versprechungen hier her gelockt oder verschifft wurden, weiterziehen und so mancher Maulheld oder Rattenfänger müsste sich aus dem Staub machen, um nicht an sich selbst gemessen zu werden. Andererseits würde es Leistungs- und Investitionsbereitschaft ins Land holen oder mobilisieren, so dass Deutschland durchaus wieder die Lokomotive werden könnte, die man allgemein erwartet.
    Das ganze Krisengefasel ist nichts weiter als ein verkapptes Eingeständnis politischen und staatlichen Versagens, dass u. a. daraus resultiert, dass Probleme heutzutage nicht mehr gelöst sondern verstetigt werden, um an Pfründen festhalten, fortwährend Kompromisse und Komplexitäten rechtfertigen zu können, die im Grunde gar nicht nötig sind.
    Den Deutschen ist aus lauter Verständnisbereitschaft genauso die Genialität abhanden gekommen wie das Unterscheidungsvermögen, nicht an Allem festhalten zu können, wenn man Alle mitnehmen will. Sicherlich kann man Pensionslasten nicht einfach ablegen. Man kann aber Rentner, Pensionäre und Leisetreter daran erinnern, dass sie lediglich einen Versorgungsanspruch jedoch keinen auf die Regentschaft haben.
    Es wäre nicht neu, wenn die Jugend endgültig eigene Wege geht, weil sie gegen die Uneinsichtigkeit der Versager schlicht machtlos ist. Insofern sollte der Jugend bei der Mehrheitsfindung zumindest ein höheres Stimmgewicht verliehen werden und wenn die Alten nicht überzeugen können, dann weil sie im Unrecht sind oder sich selbst widersprechen.
    Vielleicht mache ich es mir zu einfach. Es gibt m. E. jedoch keine andere Herangehensweise, wenn man Rationalität zur Existenzgrundlage macht und ihr nur so viel Last aufbürdet, wie sie auch zu tragen vermag. Alles Andere wäre weniger Kompromiss als Selbstmord.

    1. @Crashcow (Zitat): „Man kann aber Rentner, Pensionäre und Leisetreter daran erinnern, dass sie lediglich einen Versorgungsanspruch jedoch keinen auf die Regentschaft haben.“

      Die Lust auf Regentschaft kann ich nirgends erkennen, allein die ausreichende Versorgung ist fast täglich ein Thema geworden. Diese wird nun langsam von der Inflation aufgefressen. Schadenfreude bei den Jüngeren ist nicht angesagt, da dies die Fragilität des Systems nur zu deutlich werden lässt. Die Konsequenz daraus ist eine Aufzehrung des Vermögens seitens der Älteren, Flucht in Frugalität oder die Versorgungsemigration der Jüngeren. Jeder der Faktoren führt zur Schrumpfung des Kapitalstocks der Bundesrepublik, ein sich selbstverstärkender Effekt. Mit rechter oder linker Politik hat das gar nichts zu tun.

      1. @AE-Conrady
        Ohne Ihnen widersprechen zu wollen: Rentner und vor allem Pensionäre wählen durchaus so, dass keiner an ihnen vorbei kommt. Das zeigt sich im Bundestag evtl. nicht so deutlich wie in den Landtagen, dann jedoch in einer subtilen Blockadehaltung. Die ist auch durchaus verständlich, insofern sie nicht zur Kastration der Jüngeren führt. An dem Punkt ist Deutschland jedoch längst angekommen und das lässt sich auch nicht mit höheren Schulden oder Inflation rückgängig machen. Solange die Jüngeren vorrangig den Interessen der Alten zu dienen haben, werden sie stets weniger partizipieren als ihre Herrschaften und mehr verlieren als ihre Gönner.
        Dem ist auch weder mit linker noch rechter Politik beizukommen. Es wird zu einem Bruch des Generationenvertrags kommen und zwar in der Form, dass man die Jugend mal wieder gegeneinander hetzt und sich ihrer auf den Schlachtfeldern entledigt, bevor sie begreift, was mit ihr getrieben wird. Nichts anderes bezweckt die gegenwärtige Militarisierung Europas, der Russland-Ukraine-Krieg sowie das Tabula-rasa der Israelis in Gaza. Aber auch schon der Vietnamkrieg und alle bisherigen Weltkriege belegen, wie man sich zu gegebener Zeit des No-Future-Problems überflüssigen Nachwuchses entledigt, bevor man von ihm überrannt wird. Überlebt haben letztlich stets die Alten.
        Man kann nur hoffen, dass es der Jugend endlich einmal früh genug gelingt, eine Parallelgesellschaft aufzubauen, um sich der etablierten Hierarchie verweigern zu können, ohne von ihr geopfert oder verheizt zu werden. Bei den selbstgefälligen Scheindemokraten mit ihren Hinhalteparlamentarismus wird sie zwar ab und zu Dampf ablassen können, aber keine Perspektiv finden.

  8. Da dampft doch gleich der Ofen auf, uns den mdax madig zu machen.
    Rational immer noch 20 Fach höher bewertet als der olle Dax.
    Da sich die ollen Dax Konzerne vom Staat haushalten lassen. Wie genau Da fragen sie mal einen, ach was lesen sie ein Märchenbuch..

  9. @Albi: Richtig, auf den MDAX würde ich auch nicht wetten. Keine echte Wachstumsphantasie, dort. Wenn die Immokonzerne ihre Probleme gelöst haben, könnte es bei einigen Werten wieder aufwärts gehen. Einzelwerte kann man sich sicher anschauen.

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