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Oberste Notenbank der Notenbanken erklärt die Politik der Inflationsziele für gescheitert

Komischerweise haben alle Notenbanken der wichtigsten Industrienationen exakt das selbe Ziel. Die Inflation (Verbraucherpreise) soll auf 2% steigen. Erst dann werde man seine Geldpolitik ändern. Warum liegen alle exakt bei...

FMW-Redaktion

Komischerweise haben alle Notenbanken der wichtigsten Industrienationen exakt das selbe Ziel. Die Inflation (Verbraucherpreise) soll auf 2% steigen. Erst dann werde man seine Geldpolitik ändern. Warum liegen alle exakt bei 2%? Dieses Rätsel hat bisher noch niemand aufklären können. Und warum gibt dieses Ziel überhaupt noch? Jüngst hat sich der Chefökonom der „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“ (die Notenbank der Notenbanken) Claudio Borio zur Wirksamkeit der Inflationsziele der Notenbanken geäußert.

Und seine Äußerungen sind letztlich vernichtend, auch wenn er sich natürlich höflich und neutral ausdrückt. So sagt Borio, dass die Notenbanken ihre „Rahmenwerke“ neu ausrichten sollten. Bisher sei die Höhe der Inflation der bisherige Standard für die Notenbanken („Controlling inflation is the bread and butter of modern central banking“). Dieser Ansatz sei aber inzwischen zerbrochen worden durch technische Fortschritte und die Globalisierung. Damit will er wohl unter anderem den mörderischen Preiskampf ansprechen, mit dem Onlinehändler wie Amazon weltweit stationäre Einzelhändler unter Druck setzen ihre Preise zu senken. Wie sollen so noch deutlich höhere Verbraucherpreise zustande kommen?

Genau das sagt sich wohl auch Borio. Es sei falsch anzunehmen, dass die Notenbanken mit ihrer expansiven Geldpolitik und bei der gut laufenden Konjunktur die 2%-Marke erreichen könnten. Bei längerem Bestehen auf der jetzigen Geldpolitik könne das zu großen Kollateralschäden für die weltweite Finanzstabilität führen, so Borio. Die Notenbanken sollten seiner Meinung nach ihre Rahmenwerke an die Realitäten anpassen, und verstärkt auf die Finanzstabilität achten.

Genauer gesagt meint er damit die hohe weltweite Schuldenlast, die durch die Notenbankpolitik unterstützt wurde. Selbstkritisch stellt Borio den Notenbanken die Frage, ob man (die Notenbanker) die eigene Fähigkeit überschätzt habe die Inflation zu kontrollieren. Auch geht er extrem kritisch mit dem immer noch für Notenbanker gültigen Konzept der Phillips-Kurse ins Gericht. Denn bisher galt ja: Bei geringer Arbeitslosigkeit oder sogar Vollbeschäftigung müssen die Preise kräftig ansteigen, weil die Menschen alle in Arbeit sind, viel konsumieren, und weil die Arbeitgeber die Löhne anheben um überhaupt noch an Arbeitskräfte zu kommen.

Hier auszugsweise der Originaltext seiner Rede bei OMFIF:

I am sure that 2% rings a bell with all of you: it is the most common. For those central banks with a numerical objective, the chosen number is their credibility benchmark: if they attain it, they are credible; if they don’t, at least for long enough, they lose that credibility. Yet the behaviour of inflation is becoming increasingly difficult to understand. If one is completely honest, it is hard to avoid the question: how much do we really know about the inflation process?3 After all, since the Great Financial Crisis (GFC), policymakers have been repeatedly surprised. During the Great Recession, inflation turned out to be higher than expected, given the depth of the slump. During the subsequent upswing, it has, overall, turned out to be lower than expected. And despite huge efforts to push it up, it has remained stubbornly low.

Moreover, if history is anything to go by, our profession has always struggled to understand
inflation. For instance, as Charles Goodhart (2017) has recently reminded us, albeit at the cost of some inevitable oversimplification, since the 1950s we have seen three major “fashions” wax and wane. From the 1950s to the mid-1970s, the focus was on labour markets and relative bargaining power, with little reference to aggregate demand. From the late 1970s to the 1990s, it was on money and monetary aggregates. And from the 1990s onwards, it has been on the NAIRU (non-accelerating inflation rate of unemployment) and the determinants of expectations – think of the prominence of forward-looking Phillips curves in today’s dominant analytical frameworks. Could it be that we know less than we think? Might we have overestimated our ability to control inflation, or at least what it would take to do so?

Nun, der normale Notenbanker bei Fed und EZB denkt immer noch in alten Mustern wie Phillips-Kurven, hohem Kreditvolumen, niedriger Arbeitslosigkeit, und dann logischerweise steigenden Preisen. Die BIS macht zumindest einen Anfang, damit die Denkprozesse der Notenbanker auch in der aktuellen Realität von Amazon und Co ankommen. Ebenso spricht Borio auch die zu niedrigen Kosten produzierenden Länder an, die in der Folge ebenfalls bei uns die Preise unten halten. Zitat:

More specifically, one can think of two types of effect of globalisation on inflation. The first is symmetrical: assuming something akin to a global Phillips curve, one would expect domestic slack to be an insufficient measure of inflationary or disinflationary pressures; global slack would matter too. The second is asymmetrical: one would expect the entry of lower-cost producers and of cheaper labour into the global economy to have put persistent down.

Aber letztlich wissen wir ja alle, dass die EZB die Zinsen niedrig hält um die Konjunktur in Südeuropa zu stützen. Die niedrige Inflation schafft da ganz wunderbar mehr zeitlichen Spielraum!


Die Zentrale der BIZ in Basel. Foto: Taxiarchos228 / Wikipedia / FAL



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3 Kommentare

  1. Es ging noch nie um die Inflation, es ging immer nur um die Emesen Staatsschulden.
    Da Südeuropa nicht aus dem Quark kommt werden die Zinsen unten bleiben. Keiner hat die Probleme (Reformen) angepackt, und Mackrönchen möchte die Schulden Vergemeinschaftung.

  2. Macrönchen wir sich die Zähnchen an der CGT ausbeissen. Wetten !?

  3. Da muss man weit in der Historie graben. Karl Klasen, damals Bundesbank-Präsident, hat im Jahre 1974 in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt gesagt: „Die Stabilität hört auf, wenn in einem Jahr die Geldentwertungsrate die 2-Prozent-Grenze überschreitet. Aber auch danach geht es nicht sofort in eine Inflation über. Für mich ist die Inflation eine starke Verringerung der Kaufkraft in schneller, sich ständig steigernder Weise.“ (Hamburger Abendblatt, 31. Oktober 1974)
    Das hat sich dann offensichtlich als Glaubensbekenntnis in Notenbankkreisen durchgesetzt, ohne das der exakte Wert je ökonomisch begründet wurde…

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