Aktien

Öl, Dollar und der US-Aktienmarkt: Bewegungen hinter den Kulissen

Von Markus Fugmann

Der Anstieg der Ölpreise ist gut für die Aktienmärkte? So zumindest wird es derzeit an den Märkten gespielt – aber vielleicht irren sich die Märkte mit dieser Annahme. Klar: für die US-Banken ist das positiv, weil es den Druck vom amerikansichen Öl-Sektor nimmt und weniger Kredite ausfallgefährdet sind. Und so ist auffällig, dass vor allem Finanzwerte und Energieaktien derzeit in den USA haussieren, sie sind die Treiber der Rally.

dowseit2008
Der Dow Jones seit dem Jahr 2008

Aber der starke Anstieg des Ölpreises hat auch eine Kehrseite: steigende Ölpreise befeuern die Inflation. Und genau das wird eingepreist am Anleihemarkt und bei den Fed Fund Futures, die die Wahrscheinlichkeit des Zeitpunkts der nächsten US-Zinsanhebung einpreisen. So ist seit Anfang der Woche, laut Fed Fund Futures, die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhbeung bereits im Juni von 49% auf 62% gestiegen – in der Kürze des Zeitraums eine enorme Bewegung.

Auch am Anleihemarkt macht sich das bemerkbar: so sind die Renditen für die 10-jährige US-Staatsanleihe zuletzt deutlich gestiegen – eben weil die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung gestiegen ist. Nur der US-Aktienmarkt kümmert sich nicht um diese Verschiebungen – noch nicht.

Die Ausländer aber reagieren – und ziehen Gelder aus dem US-Aktienmarkt ab. So zum Beispiel die Chinesen: sie waren zwischen 2008 und 2015 auf der Käuferseite und investierten in diesem Zeitraum 117 Milliarden Dollar in US-Aktien. Das aber änderte sich ab dem zweiten Quartal 2015, als die Chinesen 14 Milliarden Dollar abzogen, im dritten Quartal dann 34 Milliarden Dollar, im vierten Quartal sogar 68 Milliarden Dollar. Insgesamt zogen die Chinesen damit 116 Milliarden Dollar aus dem US-Aktienmarkt ab – also praktisch soviel, wie sie zwischen 2008 und dem ersten Quartal 2015 investiert hatten! Ist es da Zufall, dass die US-Aktienmärkte im Mai 2015 ihren Hochpunkt erreicht hatten? Gleichzeitig zogen die Chinesen in großem Umfang auch Gelder aus US-Unternehmensanleihen ab: in 2015 satte 130 Milliarden Dollar.

Aber auch ander Ausländer sind auf der Verkäufer-Seite – vor allem Öl-lastige Länder. So etwa die Kanadier, die wichtige Investoren in den USA sind. Sie zogen 80 Milliarden Dollar aus dem US-Aktienmarkt ab – es verbleiben noch 102 Milliarden Dollar. Oder die Länder des Mittleren Ostens, die 2015 39 Milliarden Dollar abzogen (2013 22 Milliarden, 2014 20 Milliarden). Nun halten Investoren aus dieser Region nur noch knapp 3 Milliarden Dollar in US-Aktien.

Aber auch die Europäer sind auf der Verkäufer-Seite: sie verkauften 2015 im Umfang von 24 Milliarden Dollar – halten aber nach wie vor 556 Milliarden Dollar in den US-Aktien – sollten die Europäer nervös werden, wird es also für die Amerikaner ungemütlich. Insgesamt zogen Ausländer 171 Milliarden Dollar aus dem US-Aktienmarkt ab – aber wer kauft dann?

Die Vergangenheit (Daten seit 1980) zeigt nämlich, dass Ausländer dann verkaufen, wenn der Dollar steigt – und kaufen, wenn der Dollar zu den anderen Hauptwährungen fällt. Insofern ist ein fallender US-Dollar gut für die US-Aktienmärkte.

Auf der Käufer-Seite ist die mit Abstand wichtigste Gruppe: die US-Unternehmen selbst. Durch diese Buybacks, also Aktienrückkäufe, so Schätzungen von Goldman Sachs, werden in 2016 450 Milliarden Dollar in den US-Aktienmarkt fließen – mehr als die Ausländer abziehen. 2015 betrugen diese Buybacks sogar 561 Milliarden Dollar, das Allzeithoch war 2007 mit 710 Milliarden Dollar.

Die US-Unternehmen aber, auch das zeigt die Vergangenheit, kaufen nur dann, wenn sie optimistisch sind. Als Fazit kann man sagen: sollte die Unternehmen ihren Optimismus verlieren (so wie Anfang des Jahres, als während des Abverkaufs an den Aktienmärkten kaum Buybacks erfolgten) und der Dollar stärker werden, wird es ungemütlich. Und so hängt alles mit allem zusammen: steigt der Ölpreis, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von US-Zinsanhebungen, was wiederum den Dollar stärkt.

Es besteht also eine Wahrnehmungs-Differenz zwische dem US-Aktienmarkt und anderen Märkten. Meist haben die Anleihmärkte, auch das teigt die Vergangenheit, die klar bessere Prognose-Fähigkeit!



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage