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Öl-Verknappung wegen Saudi-Absturz? Warum das für Deutschland kein Problem darstellt

Wird es in Deutschland zu einer Öl-Verknappung kommen? Durch die Huthi-Angriffe auf die wichtigste saudische Öl-Anlage fehlen den Saudis von ihren gut 10 Millionen Barrels Fördermenge pro Tag jetzt erst einmal 5,7 Millionen Barrels pro Tag. Das ist ein enormes Problem. Der Ölpreis ist bereits seit heute früh 0 Uhr dramatisch nach oben geschossen. Eines kann man daher wohl sagen: Demnächst dürften die Benzinpreise auch an deutschen Tankstellen wohl ansteigen, weil die Weltmarktpreise am Terminmarkt (WTI und vor allem Brent) viel höher liegen, und damit auch die deutschen Importeure deutlich mehr für Öl bezahlen müssen, wenn der Ölpreis länger auf dem jetzt höheren Preisniveau bleibt, oder sogar weiter ansteigt.

Öl-Verknappung in Deutschland?

Aber zurück zur Kernfrage, welche deutsche Autofahrer, Spediteure und Industrie interessieren dürfte. Wird es in Deutschland zu einer Öl-Verknappung kommen? Wird es an Tankstellen zu wenig Benzin geben? Wird die Wirtschaft still stehen, Chaos etc? Laut aktuellen Äußerungen des deutschen „Mineralölwirtschaftsverband e.V.“ sollten sich die Auswirkungen des Fördermengeneinbruchs in Saudi-Arabien für Deutschland „in Grenzen“ halten. Die Gefahr eines Engpasses bestehe nicht, da letztes Jahr nur 1% des in Deutschland importierten Öls aus Saudi-Arabien stammte.

Wir haben uns die Statistik des Verbandes mal angeschaut. Die aktuellsten Zahlen (aufbereitet in einem Jahresbericht) gibt es für das Jahr 2017. Und sie bestätigen auch die 2018-er Zahl (einsehbar hier auf Seite 60). 90,7 Millionen Tonnen Rohöl importierte Deutschland 2017. Davon stammten nur 1,02 Millionen Tonnen aus Saudi-Arabien, also gerade mal 1,1%. In dieser Größenordnung schwankte die Menge auch in den beiden Vorjahren, und laut der aktuellen Verbandsaussage ja auch im Jahr 2018. Interessant ist, wer die großen Lieferanten für Deutschland sind.

Wer Deutschland beliefert

33 von 90 Millionen Tonnen stammen aus Russland, 10 Millionen aus Norwegen, und 8 Millionen aus Kasachstan. Wer hat Kasachstan jemals im Blick gehabt als viel wichtigeren Öl-Lieferanten für Deutschland als Saudi-Arabien? Aber natürlich, für den Weltmarkt (vor allem für China) sind die Saudis viel wichtiger als Kasachstan. Aber zurück zu den deutschen Importen. Mit 4,6 Millionen Tonnen ist der Irak zumindest in 2017 ein deutlich wichtigerer Lieferant für Deutschland gewesen als Saudi-Arabien.

Libyen und Nigeria sind mit 6,9 und 4,9 Millionen Tonnen auch deutlich wichtiger. Mit 8,5 Millionen Tonnen ist Großbritannien mit seinem Nordseeöl auch ein deutlich bedeutender Lieferant als die Saudis. Man sieht: Abgesehen vom großen Lieferanten Russland, der 1/3 der deutschen Öl-Lieferungen stellt, ist Deutschland breit aufgestellt bei, und nicht auf die Saudis angewiesen. Die beliefern eher schwerpunktmäßig Asien. In Deutschland wird es wohl also so schnell keine Öl-Verknappung geben. Aber auch wenn die Fördermenge erst einmal deutlich sinkt, dürfte es auch weltweit keine Öl-Verknappung geben. Denn die USA und auch Saudi-Arabien haben schon angekündigt die Öl-Reserven auf den Markt werfen zu wollen. Aber dennoch, der Ölpreis ist heute früh schon kräftig gestiegen.

Öl-Verknappung in Deutschland? Terminal in Wilhelmshaven
Raffinerie in Wilhelmshaven mit Terminal für Öl-Tanker. Foto: Bin im Garten CC BY-SA 3.0



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4 Kommentare

  1. Die Preise dürften sich sowieso wieder stabilisieren, sprich abfallen. Wir reden hier von lächerlichen 5% des gesamten Ölbedarfs,das wird überhaupt keine signifikanten Auswirkungen haben. Beim Ölpreis war klar das der jetzt erstmal nach oben schießen wird, weil vermutlich auch viele kurzfristige Spekulanten auf den Zug aufspringen.

    Aber an den Börsen wird ja eher Psychologie als tatsächliche Fakten gehandelt…

    1. Willkommene Gelegenheit, die Benzinpreise zu erhöhen und dort eine (lange) Weile zu belassen.

      1. Das wird vermutlich sowieso passieren. Hat man gleich einen Grund zum abkassieren gefunden, so wie immer.

      2. Und dabei natürlich die gestiegenen Energiekosten neben den Mieten aus der Inflation heraus- oder zumindest im Warenkorb schönrechnen. Nicht, dass man noch die Zinsen erhöhen müsste.

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