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Scholz ernennt Goldman-Sachs-Mann zum Staatssekretär: Ein klares Signal an die Finanzelite

Wenige Tage nach seiner eigenen Ernennung zum Finanzminister hat Olaf Scholz Jörg Kukies, Deutschlandchef der US-Großbank Goldman Sachs, zu einem seiner Staatssekretäre ernannt. Kukies soll sich vor allem um die Europapolitik und die Finanzmarktregulierung...

Gastkommentar von Ernst Wolff

Wenige Tage nach seiner eigenen Ernennung zum Finanzminister hat Olaf Scholz Jörg Kukies, Deutschlandchef der US-Großbank Goldman Sachs, zu einem seiner Staatssekretäre ernannt. Kukies soll sich vor allem um die Europapolitik und die Finanzmarktregulierung kümmern.

Ernst Wolff Goldman Sachs
Ernst Wolff ist freier Journalist und Autor des Buches „Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs“, erschienen im Tectum-Verlag, Marburg.

Scholz’ Personalentscheidung dürfte kein Zufall sein. Die neue Große Koalition in Berlin sieht schweren Zeiten entgegen, denn die politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Zeichen stehen auf Sturm. Während sich der Westen systematisch auf die Ausweitung eines Krieges im Nahen Osten und eine mögliche Konfrontation mit Russland und China vorbereitet, kommt die globale Wirtschaft trotz aller anderslautenden Meldungen auch zehn Jahre nach der letzten großen Krise nicht wieder in Schwung.

An den Finanzmärkten brodelt es

Besonders kritisch ist die Entwicklung an den Finanzmärkten: Sie werden seit einem Jahrzehnt nur durch künstliche Manipulation am Leben erhalten. Die dazu erforderlichen Maßnahmen – Gelddrucken und Zinssenkungen durch die Zentralbanken – zeigen aber immer stärkere und gefährlichere Nebenwirkungen (u. a. Blasenbildung und Geldentwertung).

Um ihnen entgegenzusteuern, müssten die Flut billigen Geldes eingedämmt und die Zinsen erhöht werden. Das aber trifft auf den erbitterten Widerstand genau der Banken, die vor zehn Jahren für „too big to fail“ erklärt wurden und die mittlerweile so mächtig sind, dass sie jede Regierung der Welt innerhalb vor wenigen Tagen in die Knie zwingen können. Diese Großbanken haben sich mittlerweile wie Süchtige an das billige Geld gewöhnt und setzen es Tag für Tag in horrendem Ausmaß zur Finanzspekulation ein.

Damit aber stecken sowohl die Zentralbanken als auch die Regierungen in einer Klemme, aus der es für sie langfristig kein Entrinnen gibt. Da beide aber von Menschen geführt werden, die nur kurzfristig – nämlich an die eigene Macht und die eigene Karriere – denken, reagieren sie durchweg auf dieselbe Art und Weise: Sie unterwerfen sich bedingungslos den Interessen der „Too-big-to-fail“-Banken. Genau diese Botschaft möchte Scholz offenbar der Wall Street senden.

Scholz und die SPD-Führung positionieren sich – für die Großbanken

Scholz’ Maßnahme ist aber auch noch aus einem anderen Grund ein klares Signal an die Wall Street: Das Hin und Her der SPD nach den Wahlen, das Personalkarussell an ihrer Spitze und die Mitgliederabstimmung zur GroKo haben der internationalen Finanzelite, die vor allem auf Verlässlichkeit setzt und mit großem Misstrauen auf jede Veränderung reagiert, überhaupt nicht gefallen. Um sie zu beruhigen, gibt Deutschlands neuer Finanzminister ihr jetzt durch Kukies’ Ernennung zu verstehen, dass sein Ministerium sich in den kommenden Stürmen voll und ganz ihren Interessen unterordnen und an ihre Vorgaben halten wird.

Dass dieses Zeichen gerade von Scholz kommt, sollte nicht verwundern: Er hat erst vor wenigen Wochen als Hamburger Bürgermeister dazu beigetragen, dass die profitablen Reste der HSH Nordbank an den US-Geier-Hedgefonds Cerberus verramscht wurden, während die unprofitablen Teile beim Staat blieben und die Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein in den kommenden Jahren einen zweistelligen Milliardenbereich kosten werden.

Scholz hat damit nicht nur eindeutig Position für die Banken und gegen die arbeitende Bevölkerung bezogen. Sein Verhalten hat auch einmal mehr deutlich gemacht, wie die Arbeitsteilung in der SPD funktioniert: Diejenigen, die keine Entscheidungsgewalt haben, dürfen von „Erneuerung“ faseln und das Märchen verbreiten, die SPD sei wieder auf dem Weg zu einer Partei der arbeitenden Bevölkerung. Diejenigen, die die Fäden in der Hand halten, erledigen gleichzeitig hemmungslos das Geschäft der Finanzelite.

Goldman Sachs – ein weltumspannendes Spinnennetz an Kontakten

Dass mit Jörg Kukies ausgerechnet ein Mann von Goldman-Sachs ausgesucht wurde, war mit Sicherheit auch kein Zufall. Goldman Sachs zählt nicht nur zu den größten Finanzinstituten der Welt, sondern dürfte vor allem die Bank mit dem umfassendsten und effektivsten globalen Netzwerk und dem direktesten Zugang zu den Schaltzentren der internationalen Politik sein.

Zu ehemaligen Goldman-Sachs-Mitarbeitern zählen unter anderen EZB-Chef Draghi, Ex-EU-Kommissionspräsident Barroso, die Ex-US-Finanzminister Paulson und Rubin, der gegenwärtige US-Finanzminister Mnuchin, Trumps Ex-Berater Stephen Bannon und Gary Cohn, Ex-Weltbank-Chef Robert Zoellick, die ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Monti und Prodi, der ehemalige griechische Ministerpräsident Papadimos, aber auch der deutsche EZB-Direktor und Merkel-Berater Ottmar Issing und die AFD-Sprecherin Alice Weidel.

Wie kein anderes Finanzinstitut hat es Goldman Sachs geschafft, seinen Einfluss in der Politik geltend zu machen und sich über seine eigenen Leute grenzübergreifend Vorteile aller Art zu verschaffen. Dass die Bank nun auch einen direkten Vertreter im deutschen Finanzministerium besitzt, verdankt die arbeitende Bevölkerung unseres Landes ironischer Weise der Partei, die im zurückliegenden Wahlkampf als Vorkämpferin für soziale Gerechtigkeit angetreten ist.



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14 Kommentare

  1. https://www.facebook.com/herzdamemusic/videos/1146572338777101/
    Hört euch das an! Ein wie ich finde sehr treffender Song der in künstlerischer Form das ausdrückt was so abgeht. Ich finde ihn grossartig und sooooooooooo treffend!
    Es ist sehr erfreulich, dass Künstler den Wahnsinn thematisieren!
    Bleibt schön kritisch!

  2. Wer zu den Bilderbergern eingeladen wird, als „Belohnung“ von G20 und HSH-Skandal es zum Finanzminister schafft, von dem werden vermutlich gewisse Gegenleistungen erwartet. Wäre es da nicht ehrlicher gewesen, Herrn Kukies gleich zum Finanzminister zu machen? Oder das Finanzministerium an GS zu verkaufen? Wie blöd muss man eigentlich sein, um diese Partei zu wählen?

  3. Es ist schon sehr lange ein offenes Geheimnis das Goldman Sachs in der Politik national wie international sehr gut verdrahtet ist. Von daher verstehe ich ehrlich gesagt diese Empörung jetzt nicht.

    1. Zitat „verstehe ich ehrlich gesagt diese Empörung jetzt nicht.“
      -> Liegt der Fehler an den Empörenden?
      -> Wenn etwas unter Wasser steht, ist jede kräftige Wassererhöhung eine Empörung wert, da ja die Hoffnung, das Ding aus dem Wasser zu bekommen, sinkt. So ist ja auch jedes weiter Tor, auch wenn es schon 2 : 0 steht, ein Schreier wert, da die Wende dann immer schwieriger wird.
      Ich hoffe, ich konnte helfen.

      1. Werden Sie mal konkreter ! Es ist doch so. Seit Jahren und Jahrzehnten gehen Goldman Leute in der Politik ein und aus, und jetzt meint die deutsche Presse daraus ein riesen Ding machen zu müssen. Jeder der nicht vollkommen abgeschieden von der Außenwelt lebt, weiß darüber schon seit langem bescheid.

  4. was für ein Schwachsinn! Die Wirtschaft kommt also nicht in Schwung? Die Wirtschaft boomt regelrecht, weltweit. Die Arbeitslosigkeit geht rapide zurück, der Bedarf an Arbeitskräften kann teilweise gar nicht gedeckt werden, dazu enorme Unternehmensgewinne in fast allen Branchen, steigende Gehälter, etc. und Herr Wolff redet von Krise.

    1. Hallo Frank!
      Ja, sie haben, beurteilt man isoliert nur die Wirtschaftszahlen, recht. Die Frage ist nur zu welchem Preis diese Zahlen entstehen? Geld wird wie verrückt gedruckt, Staatsverschuldungen steigen und steigen. Was denken sie wie das enden wird? Irgendwer wird am Ende des Tages das alles bezahlen müssen. Wie ich schon seit Monaten warne – es wird crashen und am Ende zahlt es der Steuerzahler!
      Gruss

    2. Es ist nur ein künstlicher Aufschwung, wie wenn jemand auf Pump ein Haus, mehrere Autos usw. kauft. Dem geht es auch glänzend. Bis zum Knall. Wie bei S&K – denen es auch glänzend ging. Einige Jahre. Wie bei Drogen, anfangs geht es glänzend.
      In der Wirtschaft nennt man das aber nicht Aufschwung, sondern Blase! Und so wird ein Schuh draus!

      1. Es gibt tatsächlich immer noch genug Leute die sich auf solchen Finanzseiten herum tummeln und den Target-2 Mechanismus nicht verstanden haben. Daher glauben diese Leute tatsächlich an den Export-Weltmeister BRD und an die ehemals Rollstuhl fahrende schwarze Null :-). Die Propaganda von wegen: „die Rente ist sicher“, „Deutschland hat eine starke Wirtschaft“ und „Deutschland profitiert vom EURO“ ist aus den Köpfen der Leute nicht heraus zu bekommen. Ich glaube dass tatsächlich auch viele Leute die in der Finanzbranche tätig sind, das Spiel nicht wirklich verstehen …

        1. Die Wirtschaft brummt real, nicht nur auf dem Papier. Der Arbeitsmarkt ist doch real, es werden Leute gesucht, also real! Auch die Löhne steigen real! Es wird real mehr produziert, es werden Häuser gebaut, etc. Und ja irgendwann wird es auch mal wieder einen Abschwung geben, aber bis dahin kann man ja Reserven aufbauen.

  5. Wenn Scholz als neuer Finanzminister nun einen „Goldmann“ einstellt ist das positiv zu beurteilen, soviel Weitsicht hätte ich der SPD gar nicht zugetraut. Ich sehe nichts schlechtes daran, wenn ein Mann der die Bankenwelt und wirtschaftlichen Zusammenhänge versteht für das Deutsche Finanzministerium arbeitet. Bisher haben die Deutschen Finanzminister ja nicht gerade mit Kompetenz gepunktet.

    1. @frank, bin auch deiner meinung.

  6. Erfrischend ist, dass Hr. Wolff es in diesem Artikel ausnahmsweise vermieden hat auf den Kapitalismus zu schimpfen, was er sonst, z.B. ich seinem IWF-Buch oder zu Gast bei Ken Jebsen, gerne macht. Vielleicht ist Herrn Wolff ja mittlerweile ein Licht aufgegangen, nämlich dass die Banker nach den Regeln der Politik spielen und keine Aufwände scheuen, diese Regeln möglichst selbst zu gestalten. Natürlich haben Banken nichts anderes im Sinn als ihre Gewinne zu maximieren, welches Unternehmen hat das denn nicht, aber wenn im Hintergrund Politik und Staat das Scheitern und Pleitegehen von (too-big-to-fail) Banken durch Garantien verhindert, dann ist es nicht der böse Kapitalismus, der die Banken zu Risiko animiert, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Was wir seit 10 Jahren sehen ist globales „Die Reise nach Jerusalem“-Spiel, nur mit dem Unterschied, dass es nur einen einzigen Stuhl gibt und zwar den Stuhl des Sündenbocks. Auf diesem Stuhl will jetzt, nach 2008, niemand sitzen, denn jeder ahnt, dass es der finale Schleudersitz für eine bislang nie dagewesene Krise ist. Die Zentralbanken bailen daher golbal alles out, Hauptsache die sind nicht schuld. Die Politiker werden mit diesem Damokles-Schwert in schach gehalten und lassen es mit sich machen. Ob Trump wirklich eine Ausnahme ist? Mit jedem Tag schwindet meine Hoffnung …

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