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Briefkastenfirmen geht es an den Kragen Schweiz: Das Schweizer Bankgeheimnis ist passé

Schweiz: Das Schweizer Bankgeheimnis ist passé
Schweizer Bankgeheimnis - Foto: freeepik4434 - Freepik.com

Die Schweiz ist nicht nur für ihre Neutralität bekannt, sondern auch für die Diskretion und Geheimhaltung der Banken. Sie misst dem Bankgeheimnis einen hohen Wert bei, daher waren für Reiche, die Geld verstecken wollen, Schweizer Briefkastenfirmen lange Zeit das Mittel der Wahl. Doch wie vor einem Jahrzehnt schon das legendäre eidgenössische Bankgeheimnis, steht heute die Briefkastenfirma unter Beschuss. Wie Bloomberg berichtet, soll ein Gesetz nun helfen den Briefkastenfirmen an den Kragen zu gehen.

Die Schweizer Regierung will ein Gesetz durchbringen, das Firmen zwingt, ihre tatsächlichen wirtschaftlichen Eigentümer offenzulegen, und Anwälte verpflichtet, verdächtige Geschäfte zu melden. Bei den Advokaten, aber auch im Parlament, stößt der Bundesrat damit auf Widerstand. Dabei entsprechen die Regelungen weitgehend den internationalen Gepflogenheiten.

Briefkastenfirmen unter Beschuss

Kritiker — darunter die USA und die OECD — monieren schon seit Jahren, dass die Schweiz bei der Bekämpfung von globaler Steuerhinterziehung und Geldwäsche trotz Reformen weiter hinterherhinkt. Und obwohl Diskretion und Geheimhaltung eine starke Tradition in dem neutralen Land zwischen Bodensee und Lac Léman haben, wächst die Unterstützung für weitreichende Änderungen.

“Banken haben eine Sorgfaltspflicht, warum also nicht auch Anwälte?”, sagt Katia Villard, Rechtsprofessorin an der Universität Genf. “Einige Anwälte — nicht alle — haben dieses Privileg missbraucht, und auf sie zielt das Gesetz ab.”

Public Eye, eine Organisation, die sich für mehr Transparenz in der Schweiz einsetzt, hat im Jahr 2021 ermittelt, dass es in der Schweiz fast 33.000 Briefkastenfirmen gab. Absoluter Spitzenreiter ist Genf, wo eine solche Firma auf 37 Bürger des Kantons kommt.

Schweiz: Bankgeheimnis passé - Gesetz gegen Briefkastenfirmen - Banken mit Widerstand

Das Gesetz zielt besonders auf jene Anwälte ab, die bei der Gründung von Unternehmen und dem Kauf von Immobilien helfen, da sie besonders stark Gefahr laufen, in illegale Aktivitäten verwickelt zu werden. Sollte es verabschiedet werden, würde die Regelung Anwälte dazu verpflichten, verdächtige Finanztransaktionen an die Schweizer Geldwäsche-Meldestelle zu berichten. Bei Verstößen drohen Geldstrafen von bis zu 500.000 Franken.

Bankgeheimnis: Widerstand gegen das Gesetz

Für Banken sind solche Meldungen schon seit Jahren Alltag, doch die Anwälte wollen das Gesetz nicht widerstandslos hinnehmen. Sie halten den Gesetzesentwurf für zu weitreichend und vage, etwa bei der Abgrenzung des Anwaltsgeheimnisses. Er würde auch reguläre Immobiliengeschäfte oder Firmenübernahmen betreffen, argumentiert Miguel Oural, Partner in der Kanzlei Lenz & Staehelin und Präsident der Genfer Anwaltskammer.

“Abgesehen von diesem inakzeptablen Eingriff in das Berufsgeheimnis ist der Anwendungsbereich der geplanten Gesetzgebung so weit gefasst, dass Unternehmens-, Handels- oder Immobilienanwälte, die einen sehr großen Teil der Arbeit von Anwaltskanzleien ausmachen, mit einer untragbaren Menge neuer, sehr komplizierter und zeitaufwändiger Compliance-Arbeit konfrontiert werden”, sagt Oural.

Der Schweizerische Anwaltsverband lehnte eine Stellungnahme ab und sagte, er werde zu dem Entwurf ein Positionspapier veröffentlichen.

Laut Shahram Dini, Anwalt und Präsident der Commission du barreau, der Aufsichtsbehörde für die Genfer Rechtsanwälte, unterschätzt die Regierung auch den Aufwand für die Umsetzung des Gesetzes. Die Commission verfügt über nicht einmal 10 Mitarbeiter, die die 2.700 Genfer Anwälte beaufsichtigen müssen.

“Der Kanton muss uns die Mittel zur Verfügung stellen: Entweder werden die Kontrollen von uns durchgeführt und der Kanton gibt uns das Geld, oder der Kanton weigert sich und ein Bundesinspektor kommt und macht das”, sagt er. “Man hat die Wahl zwischen schlecht und schlechter.”

Schritte gegen Steuerhinterziehung einleiten

Mit dem Gesetz würde die Schweiz Schritte gegen die Steuerhinterziehung nachvollziehen, die in anderen Ländern schon umgesetzt wurden — und das nicht ganz erfolglos: Laut dem EU Tax Observatory ist die Offshore-Steuerhinterziehung in den letzten 10 Jahren auf ein Drittel zurückgegangen.

Dennoch bemängelt auch das Schweizer Parlament, dass der Entwurf beim Umfang der Meldepflicht zu ungenau sei und womöglich den Regeln zur anwaltlichen Verschwiegenheit widerspreche.

Schon ein vorangegangener Anlauf für ein ähnliches Gesetz scheiterte 2021 nicht zuletzt an den zahlreichen Parlamentariern, die im Hauptberuf selbst Anwälte sind. Der Bundesrat hat diesmal versucht, dem Rechnung zu tragen, indem er den Anwendungsbereich auf bestimmte anwaltliche Tätigkeiten beschränkt hat. Ob dies ausreicht, wird sich zeigen, wenn das Parlament im kommenden Jahr über das Gesetz berät.

Villard von der Uni Genf sieht Parallelen zum Widerstand der Bankiers gegen die Aufweichung des Bankgeheimnisses vor 15 Jahren. “Zuerst sagten die Banken, ‘wir werden unsere Kunden verlieren’, aber inzwischen haben sie sich daran gewöhnt.”

FMW/Bloomberg



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8 Kommentare

  1. Das Knacken des Bankgeheimnisses gilt nur für die Armen und Mittelarmen bis etwa 5 Mio Vermögen. Darüber lohnt sich schon lange eine Treuhandlösung mit Trusts, Stiftungen und sonstigen Finanzkonstruktionen. Das kostet natürlich, aber zum Verstecken von kriminellem oder unversteuertem Geld immer noch der Goldstandard. Die angestrebte Lösung von OECD und USA wäre das Minimum, dass aber immer noch Schlupflöcher offen lässt.

  2. Na, dann sollten sie mal im Bidenstaat Delaware anfangen, der international bekannten grössten Vermögensversteckschachtel der Erde. Oder auf den Cayman Islands, Panama, etc etc !
    Hinter den Angriffen auf die Schweiz steckt die US Hochfinanz mit ihren perfiden Methoden, gegen die Konkurrenz kriminell vorzugehen. Die US Höchstelite ist das grösste Krebsgeschwür dieser Welt!

    1. EXAKT, so ist es!!! Es gibt leider noch viel zu wenige Menschen die dies erkennen. ALLES was im Moment in Europa passiert ist ein Wirtschaftskrieg… USA lässt grüssen!!!!

  3. Richtig, Gegen die EU müssen sie nicht einmal kriminell vorgehen, der 500Mio. Hühnerhaufen lässt sich über die kontraproduktiven Sanktionen und teuren Importe aus den USA selber in die Abhängigkeit der Amis treiben.Genau so wie es Georg Friedmann in 2015 voraussagte.
    P.S Aber auch in der heilen EU gibt es noch Steuer- Oasen

  4. Als PR Coup würde ich der russischen Führung empfehlen, der Schweiz anzubieten, BRICS beizutreten. Man habe nichts gegen die Schweiz, ganz im Gegenteil, man bewundere ihre demokratische Tradition. Man hieße sie willkommen in einem Vielvölkerbündnis, dass Eigensinn schätzt usw. usw.

  5. Ein wirklich grosses Problem stellt das jetzt nicht dar. Es war halt einfach und bequem. Jetzt wird es halt etwas schwieriger. Interessant ist nur, dass sich die Schweiz ausgerechnet von den Amis hier ins Bockshorn jagen lässt!

    1. Leider fehlt den aktuell zuständigen Stellen die nötige „Chutzpe“. Den Amerikanern geht es nicht um die sogenannte Steuergerechtigkeit sondern um die Schwächung der Konkurrenz. Bezeichnend ist die erwähnte aktuelle Eigenwerbung von Staaten wie Delaware, Wyoming etc. mit exakt den Dienstleistungen die mit Hilfe der OECD bekämpft werden. Dazu kommt die 15% Mindeststeuer für international tätige Unternehmen (von Trump abgelehnt) auch mittels der von Hochsteuerstaaten dominierten OECD lanciert, deren Einführung von grossen Unterzeichnerstaaten wie den USA, China, Indien, Russland etc. vorerst ausgesetzt wurde.

  6. Thema Steuergerechtigkeit,Steuerhinterziehung :
    Die Steuereinnahmen der EU Staaten jagen von Rekord zu Rekord,immer mehr Regulierung und Verbote,immer mehr Gesetze.
    Ausser Japan sind Nirgendwo auf der Welt die Steuern und Regulierung so hoch, wie in Europa.
    Und trotzdem steigen die Staatsschulden immer weiter und die Armut steigt.
    Der Wohlstand verlagert sich immer mehr in andere Teile der Welt.
    Europa hat in seiner moralischen Überheblichkeit vergessen, dass Kapital,Wirtschaft und damit der Wohlstand nicht dorthin zieht wo man es sich wünscht,sondern dorthin wo die besten Bedingungen vorherrschen.

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