Aktien

Starke Hände, schwache Hände – was am Aktienmarkt derzeit passiert

Von Markus Fugmann

Gestern hatte ich im Marktgeflüster mit dem Titel „Die gepumpte Rally“ gesagt (und im Begleittext dazu auch geschrieben), dass die aktuelle Rally darauf basiert, dass Aktien von den starken Händen (also Banken und andere institutionellen Investoren) in die schwachen Hände (also Privatinvestoren) wechseln. Daraufhin gab es in einigen Börsen-Boards, auf denen das Marktgeflüster erscheint, Negativ-Kommentare: das sei alles Schwachsinn, eine Verschwörungstheorie, ich solle doch zugeben, dass ich mit meiner skeptischen Haltung zu dieser Rally schlicht falsch liege.

Nun: wenn man wie ich schon seit einigen Jahren über Videos etc. aktiv ist und täglich Prognosen abgibt, dann bleibt einem nichts anderes übrig, als Irrtümer einzugestehen. Ich denke, das habe ich in der Vergangenheit auch getan – und nie behauptet, dass ich die Weisheit mit Löffeln gefressen habe. Dass ich – wie alle anderen auch – einfach falsch liege.

Im Folgenden möchte ich kurz skizzieren, warum ich gestern im Marktgeflüster behauptet habe, dass derzeit die Aktien von den starken in die schwachen Hände wechseln. Mithin warum die Institutionellen derzeit nicht kaufen, weil sie davon ausgehen, dass wir bald tiefere Kurse sehen werden – vor allem an den US-Märkten!

Zuletzt haben sich in dieser Richtung zahlreiche Banken geäußert (JP Morgan, Rabobank, Goldman Sachs etc.) – man empfiehlt überwiegend, Rallys zu verkaufen oder warnt gar vor crashartigen Verlusten, die in 2016 wahrscheinlich sind (so gestern die Royal Bank of Scotland). Heute nun schlägt die Deutsche Bank in die selbe Kerbe und prognostiziert für die Aktienmärkte Verluste. Das Argument: steigende US-Zinsen, und damit zusammenhängend, schwächeres US-Wachstum, weiterer Abzug von Kapital aus Schwellenländern, weitere Abwertung des Yuan. Dabei sagt die Deutsche Bank auch: möglich, dass die Aktienmärkte kurzfristig noch einmal ein bißchen Luft nach oben haben, weil China den Yuan stabilisieren wolle – und das dürfte derzeit in der Tat wohl der wichtigste Grund für die derzeitige Rally sein. Aber viel nach oben werde da nicht kommen, die seit Anfang des Jahres begonnene Korrektur werde sich dann dynamisch fortsetzen.

Die Deutsche Bank senkt daher ihr Jahres-Ziel für den Stoxx-600 auf 380 von 410 Punkten. Das entspricht wiederum den Analysen von Volkswirten der Deutschen Bank, die ihre 2016er Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft zuletzt deutlich gesenkt hatten. Wie gesagt: der Treiber dieser Einschätzung ist die US-Zinspolitik, die Fed wolle die Verschuldung der US-Unternehmen eingrenzen und glaubt, dies durch Zinsanhebungen erreichen zu können, weil der US-Arbeitsmarkt robust ist und solche Zinsanhebungen rechtfertige.

Das bedeutet: fast alle Dickfische der Branche haben ihre Erwartungen inzwischen deutlich gesenkt und sich von ihren bullischen Prognosen verabschiedet. Nun könnte man als Verschwörungstheoretiker vermuten, dass diese Dickfische das Gegenteil tun, was sie sagen. Aber das ist unwahrscheinlich: treffen Prognosen von Banken regelmäßig nicht ein, ist der Ruf schnell ramponiert. Und das wiederum ist schlecht für das Geschäft, weil der Vertrieb sich dann schwerer damit tut, neue Gelder einzutreiben.

Die starken Hände also haben derzeit wenig Neigung, sich stark bei Aktien zu engagieren, weil sie aufgrund der Folgewirkungen der US-Zinspolitik skeptisch für die Zukunft der Aktienmärkte sind. Hinzu kommt, dass eine Art Desillusionierungsprozeß eingesetzt hat: man hat erkannt, dass selbst das QE der EZB nicht reicht, um die Aktienmärkte nachhaltig nach oben zu bringen bzw. oben zu halten. Wenn aber die Dickfische nicht kaufen, müssen es die „Dünnfische“ sein, also die schwachen Hände. Und die werden dann nervös, wenn die Märkte wieder fallen. Kein Zweifel: Banken werden wieder Aktien kaufen – aber sie wollen sie günstiger kaufen, dann, wenn die Privatanleger wieder verkaufen..



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7 Kommentare

  1. Meine Positionierung zur langfristigen Asset-Allokation:
    25% Immobilien (das ist i. d. R. das selbstgenutzte Eigenheim),
    8% Goldbarren/-münzen,
    30% Aktien-ETFs/-Fonds,
    30% Absolute-Return-Strategie-Fonds,
    7% liquide Mittel (Bankguthaben höchstens 100 T€ pro Institut! – und geldmarktnahe Anlagen).

    Derzeit sind allerdings Aktien weltweit sehr hoch bewertet, die Mehrzahl deutlich überbewertet. Dazu zwei Artikel, die die Problematik vor Augen führen, und sicherlich auch bei Herrn Fugmann „im Hinterkopf mitschwingen“:

    http://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/the-third-crest-of-a-rolling-tsunami/

    http://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/when-is-the-crash-going-to-happen/

    Allein schon aus diesem Grund sollte man seinen Aktien-Anteil im Gesamtportfolio reduzieren. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, verbieten sich Anleihen bei dem derzeitigen Renditeniveau.

    Hinzu kommt, dass man eine vorübergehende Deflationsphase und einen globalen Finanzkollaps nicht mehr ausschließen kann. Deflation führt bei Immobilien- und Aktieninvestments zu Werteinbußen, erst recht wenn das Ausgangsniveau der Preise bzw. Kurse derart hoch wie derzeit ist.

    Vor diesem Hintergrund sollten Aktieninvestments zu Gunsten der Liquidität reduziert werden; ich selbst habe die Aktien-ETF/-Fonds-Quote von 30% auf 13,5% abgebaut und die Quote liquider Mittel von 7% auf 23,5% aufgestockt.

    Nach einem nennenswerten Aktienmarkteinbruch von sagen wir mehr als 40% vom Index-Top im S&P 500 und MSCI World kann man dann überlegen, die Aktienquote wieder auf 30% des Gesamtvermögens aufzustocken. Jedenfalls sollte man zum Tiefpunkt der Krise keine zu geringe Aktienquote haben! Dann sollte „die Freude über günstige Einstandskurse“ größer sein als „die Angst vor den donnerden Kanonen“.

    Jetzt ist noch Zeit zu handeln. Wann der zu erwartende deutliche Markteinbruch (Crash) oder gar globale Finanzkollaps kommt, das weiß natürlich keiner. Aber im Vorfeld sollte man so vernünftig sein, Risikoanlagen wie Aktien, Wandel-, Hochzins-, kritische Fremdwährungs- und kritische Staatsanleihen (auch aus dem Euroraum) zu vermindern. Immobilieninvestments wird man, selbst wenn es vom erreichten Preisniveau eigentlich attraktiv wäre, kaum schnell zu Geld machen können und wollen. Die Royal Bank of Scotland empfiehlt sogar etwas verkürzt „alles“ zu verkaufen. Das ist vielleicht etwas übertrieben, denn man weiß ja nicht, wie lange es die Zentralbanken noch schaffen, mit zusätzlichem billigen Geld die Immobilien- und Finanzmärkte am Laufen zu halten. Ich fürchte, wenn die im Zuge der ungebremst fallenden Rohstoffpreise immer schwächer werdende Weltwirtschaft einige große Volkswirtschaften in die Rezession drückt, wird es zum Zusammenbruch einiger Kreditinstitute und auch zum Auseinanderbrechen der Eurozone kommen. Das dürfte dann dem derzeit noch vorhandenen Vertrauen in die EZB und andere Zentralbanken „den Rest“ geben.

  2. Alle Argumente von Ihnen, Herr Fugmann, mögen stimmen und ich würde nicht wagen zu widersprechen. Bis auf eines.

    Ich höre/lese immer wieder, dass es gerade die Privatanleger sind, welche Ihre Verluste laufen lassen und nicht durch Stopps absichern. Die hektisch Reagierenden sind im allgemeinen die Profis mit ihren Computerprogrammen.

    Ist es nicht der Kleinanleger, der die „sicherere Hand“ darstellt?

  3. Ich denke dass kritische Kommentare in der Funktion die Sie ausüben Herr Fugmann normal sein sollten andernfalls würden Sie keinen guten Job machen! Häufig sind die Leute die negative Kommentare abgeben mit sich selber NICHT im reinen und versuchen bei jemandem den man nicht „ausstehen kann“ seine Luft rauszulassen. Deshalb würde ich das gar nicht so dramatisieren. Das Problem was wir im Deutschsprachigen Raum haben ist das die Mehrheit der Leute einfach schlechte Erfahrungen mit der Börse gemacht hat und Angst haben sich die Finger zu verbrennen. Der Kleinanleger der Ihre täglichen Videos und Kommentare sieht weiss einfach nicht was er tun soll. Man muss keinen Doktor in Volkswirtschaftslehre haben um zu verstehen, dass die derzeitige Politik der Zentralbanken einfach nur zu einer Geldentwertung führt und insbesondere für Leute, die Ihr Geld nicht aktiv anlegen und umschichten von Zeit zu Zeit. Die Idee eine Aktie über 20 Jahre zu halten funktioniert einfach nicht mehr. Ich schau selber in meinem Bekanntenkreis und Freundeskreis und Leute investieren mehr Zeit nach dem perfekten Urlaub zu suchen anstatt sich 30 Minuten hinzusetzen am Wochenende und einfach mal die Märkte zu studieren. Fundamentaldaten analysieren insbesondere im Makroökonomischen Bereich ist gar nicht so schwierig wie viele Leute meinen, bisschen Interesse und schon versteht man das Basiswissen, welches ausreicht um immer noch anständige Rendite über 10% p.a. zu machen. Ich bleibe weiterhin ein Fan Ihrer Seite und würde mich freuen wenn Sie häufiger die Langfristanlage im Blick haben könnten. Ich bin kein Daytrader, Handel mein eigenes Geld in Vollzeit mit einer ganz simplen Strategie mit Fundamentaldaten und technischer Analyse. Das hat mich ein bisschen Zeit gekostet das zu verstehen, es funktioniert aber gut. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!

  4. Wenn im Vorfeld alle Welt von stark fallenden Kursen bzw. einem Crash reden, stehen m. E. die Chancen gut, dass genau dies nicht eintreten wird. Fachzeitschriften äußern sich skeptisch zu Aktien, die Bild spricht von China-Crash, Banken reduzieren reihenweise Kursziele und raten sogar jetzt vereinzelt zum Totalverkauf. Als der Dax bei 12000 stand, haben (fast) alle gejubelt, Aktien müsse jetzt jeder haben und danach schmierte er ab. Ein billiger Ölpreis wurde als Konjunkturprogramm für Europa betitelt und nun sorgt man sich um eine Kettenreaktion an den Märkten. Ölpreis demnächst bei 10€? Sollte Euro/Dollar nach Meinung einiger Großbanken nicht schon längst bei 0,95 € oder sogar tiefer stehen?

    Ich persönlich rechne in nächster Zeit auch erst einmal mit tieferen Kursen, aber ob das nachhaltig ist, ist eine andere Frage. Umso mehr „Verkaufen“ brüllen, umso mehr werde ich jedenfalls über Aktienkäufe nachdenken. In einem pessimistischen Umfeld, genügen ja oft kleinste positive Meldungen, um einen Markt nach oben zu treiben. Man stelle sich nur vor, China liefert demnächst überraschend gute Zahlen?! Seriös oder nicht interessiert doch dann Niemanden. Eine Fr. Yellen wird sicherlich auch um die Risiken einer zu schnellen Zinserhöhung wissen.

    Mal nebenbei…ich bin sehr großer Fan von FMW, aber ich kann mich nicht erinnern, hier mal einen durchweg positiven oder gar bullischen Beitrag gelesen oder gehört zu haben…abgesehen von Herrn Riße natürlich:) ansonsten weiter so und großes Lob!

  5. Hallo Herr Fugmann,

    Sie haben in den letzten Tagen alles richtig gemacht!!! Schön, daß Sie auf die Meinungen in den Boards reagieren, das zeichnet Sie aus, aber bleiben Sie bitte bei Ihrerer eigenen Marktauffassung, dafür schätze ich Sie….

    Viele Grüße

    GN

    Ps: DAX zum Xetraschluß -200 Pkt.; Nasdaq100 -3,5%….Augusttiefs werden wir klar wiedersehen…..

  6. Ich möchte mal die Gelegenheit nutzen, um mich bei Finanzmarktwelt und speziell Markus Fugmann zu bedanken. Die Vielzahl an interessanten Hintergrundinformationen sind wirklich sehr hilfreich. Auch sehe ich die kurzweiligen Statements im „Tagesausblick“ und „Marktgeflüster“ sehr gerne. Jeder kann sich selbst ein Bild machen, ich persönlich finde es gut, wenn Schieflagen und Risiken benannt und thematisiert werden – und zwar auch dann, wenn ein Großteil nichts von Risiken hören will. Was die Börse macht, kann sowieso keiner so richtig vorhersagen.
    Also: Vielen Dank & macht bitte weiter so !

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