Anleihen

Tag 1 nach dem Start des EZB-Aufkaufs von Unternehmensanleihen

FMW-Redaktion

Die EZB hat gestern ihren Ankauf für Unternehmensanleihen gestartet (Corporate Sector Purchase Programme / CSPP). Bisher stand im Raum, dass die EZB pro Monat Anleihen für 3-5 Milliarden Euro aufkauft. Wie man gestern aus Bankenkreisen hörte, schätzen einige Analysten diese Summe auf zukünftig 5-10 Milliarden Euro pro Monat.

Unternehmensanleihen

Die EZB hat gestern jeglichen Kommentar zum Start ihres Programms verweigert. Sie hatte aber vorher schon angekündigt, dass man ab dem 18. Juli ein Mal pro Woche eine genaue Aufstellung veröffentlichen will, was man genau gekauft hat. Wie aber jetzt schon aus Bankenkreisen zu erfahren ist, hat die EZB gestern angefangen für erstmal kleinere Millionenbeträge (ist ja gerade der erste Tag) Anleihen zu kaufen von Telekomunternehmen und Versorgern aus der Eurozone (Stromerzeuger), aber auch von Versicherungen. So sollen zu den ersten „Glücklichen“, die in den Genuss der EZB-Flut kommen, u.a. Firmen wie Generali und Telefonica gehören. Bei letzterer sanken gestern die Renditen für ihre 10jährigen Bonds auf ein Rekordtief von 1,43%

Auch liegt die Vermutung nahe, dass Firmen wie e.on und RWE von der EZB beglückt werden. Als Indiz dafür kann man ansehen, dass gestern z.B. die Rendite eines RWE-Bonds mit noch 5 Jahren Laufzeit von 1,18 auf 1,06% gesunken ist. Durch den von der EZB ausgelösten Kaufdruck steigen die Anleihepreise, wodurch für den Käufer die Rendite auf seinen Einsatz sinkt. Schaut man sich den gesamten Markt für europäische Unternehmensanleihen am gestrigen Mittwoch an, so sanken die Renditen auf den niedrigsten Stand seit einem Jahr – es geht stramm Richtung 1%-Marke. Und wir sind ja gerade mal am ersten Tag dieser neuen EZB-Orgie – die EZB ist ja gerade dabei sich ein wenig aufzuwärmen.

Das unausgesprochene Signal der EZB ist eindeutig: Profianleger, Privatanleger, ihr habt hier nichts mehr zu suchen, für euch gibt´s hier keine Rendite mehr zu holen. Sucht euch gefälligst was Anderes. Kauft doch Aktien, oder noch besser Fernseher, Autos und Möbel, das bringt (hoffentlich bitte irgendwie) die Preise nach oben! Deutsche Bank-Chefvolkswirt David Folkerts-Landau sagte gestern zum Start dieses „Programms“ die Entscheidung der EZB jetzt auch Unternehmensanleihen zu kaufen sei ein Akt der Verzweiflung – wie wahr!

Von heute an wird die EZB entscheiden, welcher privatwirtschaftliche Konzern besonders günstig an Kredite kommt. Wenn das keine Bevorzugung der Konzerne vor kleinen Handwerksbetrieben und Mittelständlern ist? Denn die können es sich gar nicht leisten überhaupt ein Rating bei einer Ratingagentur zu bestellen – denn so ein (positives) Rating braucht man um überhaupt von der EZB auf die Kaufliste gesetzt zu werden.

Bei Versorgern wie RWE und e.on, von denen wir mal annehmen, dass die EZB auch ihre Schulden aufkauft, kann man gut sehen, dass damit auch eigentlich kaputte Geschäftsmodelle am Leben gehalten werden. Noch so ein schöner Nebeneffekt! Die EZB hat sich selbst auferlegt „nur“ maximal 70% der jeweiligen Anleiheemission kaufen zu wollen. Der „ehrbare“ Grund dahinter: Man will schauen, dass es auch noch „normale“ Anleihekäufer gibt, die einzelnen Firmen Geld leihen – man will ja nicht zu 100% eine Staatsfinanzierung von Konzernen einrichten, oder? Wollen Sie eher lachen oder weinen?



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2 Kommentare

  1. Man darf sich auch mal selbst zitieren:
    Dragobert Draghi im (Fiat-)Geldrausch…schwemmt die Geldkeller weiter…lädt ein zum finalen Badevergnügen…bis zum Ersäufnis.

  2. Wenn denn die Gelder auch mal bei denen ankommen würden, die sie brauchen und nutzen würden, könnte das Ganze ja vielleicht Sinn machen. Was helfen niedrigste Zinsen, wenn EU-Richtlinien zur Bonität die Banken davon abhalten, Kredite an selbständige Einzelunternehmer oder kleinere Firmen zu vergeben? Also an das Rückgrat der Wirtschaft, an Menschen, die bereit sind, auch 16 Stunden am Tag zu arbeiten und die ihre Angestellten solange zu halten versuchen, wie es nur eben geht.
    Bei dieser Gruppe trifft nur eine andere Schwemme ein, nämlich der Steuertsunami des Herrn Schäuble!
    Kredite werden doch nur noch an die vergeben, die sie nicht nötig haben, weil ohnehin genug Geld vorhanden ist. Also an die, die massenhaft Leute entlassen, weil sich der letzjährige Gewinn nur noch auf 5 Milliarden statt der erhofften 8 belaufen hat.

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