Die Türkei geht mit 9 % Leitzins in das Jahr 2023. Im Sommer waren es noch 14 %. Und das, obwohl die Inflation in der Türkei im Verlauf dieses Jahres regelrecht explodiert ist. Vor wenigen Minuten hat die Zentralbank in Ankara in ihrer letzten Zinssitzung in diesem Jahr entschieden, dass sie den Leitzins unverändert bei 9 % belässt. So hatte sie es auch angekündigt. Der Zinssenkungszyklus sollte unter 10 % beendet werden. Die Türkei geht mit ihrer Geldpolitik genau den entgegengesetzten Weg zu dem, was weltweit anerkanntermaßen notwendige wäre, um eine so hohe Inflation zu bremsen. Mit sinkenden Zinsen sorgt man für noch mehr Kreditvergabe, was die Wirtschaft und damit tendenziell auch die Preise anheizt.
Kurioserweise liegen aktuell die Kreditzinsen für Unternehmen in der Türkei derzeit unterhalb des Zinsniveaus für Bankeinlagen. Damit kann man die Wirtschaft noch mehr befeuern. Aber zurück zum aktuellen Leitzins. Im Chart sehen wir seit 2018 als blaue Linie den Leitzins für die Türkei, und im Vergleich dazu in orange die Inflation, die seit Dezember 2021 von 36 % auf jetzt 84 % gestiegen ist – eine gut erkennbare negative Korrelation.
Schaut man genau hin an den linken Rand des Charts, dann sieht man: 2018 konnte die damals noch nicht von Präsident Erdogan beeinflusste Zentralbank mit stark steigenden Zinsen die Inflation wieder einfangen. Heute sieht es anders aus. Präsident Erdogan wollte kräftig unter 10 % fallende Zinsen. Und nach seinen Personalwechseln an der Spitze der Zentralbank hat er diesen tieferen Leitzins nun auch bekommen. Auch wenn die Inflation in vielen Ländern derzeit vor allem wegen der fallenden Ölpreise leicht sinkt – besonders im Fall der Türkei mit den deutlich gesenkten Zinsen ist keine Entwarnung angesagt.
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