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US-Dollar vs Euro – der Vorsprung schmilzt

Mit dem gestrigen Eingeständnis des US-Notenbankchefs Jerome Powell, dass es sehr wahrscheinlich doch zu einer Zinssenkungsserie und einer erneuten Bilanzaufblähung kommen wird, bauen sich die Vorteile für den US-Dollar gegenüber Euro weiter ab.

US-Dollar vs. Euro – Bärenstärke sieht anders aus

In Anbetracht der zuletzt schlechten Daten aus der Eurozone und dem dramatischen Showdown im Brexit-Drama hätte man auch einen kräftigeren Rückgang des Euro gegenüber US-Dollar erwarten können. Stattdessen hält sich die Gemeinschaftswährung in Schlagdistanz zur 1,10er Marke. Im Vergleich zu früheren Wechselkursrückgängen erleben wir eher ein sanftes Abtröpfeln der Euro-Notierungen in einem engen Abwärtstrendkanal. Dies könnte ein erstes Anzeichen für einen perspektivischen Trendausbruch des Euro nach oben sein.

Euro vs US-Dollar seit 2015

Atypisches Muster bei der Zinsdifferenz

Wie bereits mehrfach erwähnt, spielt der Zinsunterschied eine entscheidende Rolle bei der Wechselkursentwicklung. Durch die Dominanz des globalen Forex-Marktes bestimmen im Wesentlichen die von Zinsdifferenzen getriebenen Carry-Trades, wohin die Reise bei den einzelnen Währungen geht. Schaut man sich das längerfristige Bild an, dann ist die derzeitige Situation in Bezug auf eine höhere Verzinsung des US-Dollars gegenüber dem Euro eine Ausnahme, wie man an der Entwicklung des Kapitalmarktzinsen deutlich erkennen kann. Dies gilt sogar im Vergleich zu den am niedrigsten verzinsten europäischen Staatsanleihen – den Bundesanleihen.

Rendite Vergleich USA Deutschland

Es ist in Anbetracht der zyklischen Phasenverschiebung der jeweiligen Konjunkturverläufe in den USA und Euroland in Folge des amerikanischen Steuerstimulus durchaus denkbar, dass sich der noch vorhandene Zinsvorsprung der USA im Zuge der konjunkturellen Angleichung erneut umkehrt. Eine Bereits eine sehr wahrscheinliche Egalisierung der Zinsen diesseits und jenseits des Atlantiks hätte entsprechenden Auswirkungen auf den Wechselkurs Euro vs. US-Dollar.

Dollar büßt an Attraktivität ein

Im Vergleich zur letzten Analyse vom 27. September hat sich die Gesamtsituation schon etwas in Richtung Euro gedreht. Wobei man korrekterweise von einem zunehmenden Wegfall der Vorteile des US-Dollars sprechen muss. Schaut man sich die Terminmarkt-Positionierungen für den Dollar gegenüber den sechs wichtigsten Handelspartnerwährungen an (US-Dollar Index), dann haben sich dort extreme spekulative Long-Positionen pro Dollar aufgebaut – eine klassische Kontraindikation. Der Euro ist mit 57,6 Prozent am stärksten in diesem Index gewichtet.

Die Saisonalität springt ab Dezember für den Euro in den grünen Bereich. Die wichtigste Veränderung gab es aber bei den politischen Einflüssen, zu denen auch die Geldpolitik gehört. Das Eingeständnis der Fed, dass es sich doch um eine Serie von Zinssenkungen handelt und auch die Bilanzsumme durch Geldmengenausweitung wieder aufgepumpt werden muss, nimmt dem US-Dollar sukzessive den entscheidenden Vorteil gegenüber dem Euro.

*Die Fundamentals berücksichtigen die Sonderstellung des US-Dollars als Weltleitwährung sowie Wachstumsdifferenzen zwischen der EU und den USA
**Politik umfasst die Bereiche Fiskal-, Handels- und Geldpolitik
***Der Moneyflow wird bei Währungen an Hand der Carry-Trades und der Leistungsbilanzen ermittelt
****Die Terminmarktanalyse erfolgt an Hand der COT-Daten der CFTC
*****Die Saisonalität basiert auf Daten von Seasonax

Fazit

Die US-Wirtschaft gerät immer mehr in den Sog des globalen Konjunkturabschwungs. Hausgemachte Probleme, wie die extreme Verschuldung und die starke Konsumabhängigkeit der USA, fressen die relativen Vorteile gegenüber anderen Währungsräumen sukzessive auf. Für den US-Dollar gilt das Gleiche wie für die gesamte US-Wirtschaft: Die Fallhöhe ist hoch. Dreht der Trend erst einmal gegen den US-Dollar, dürfte es sich um ein längerfristiges Phänomen handeln. Daher lohnt es sich, diese Entwicklung frühzeitig im Auge zu behalten, denn für die Zukunft des US-Dollars gilt: Steigen kann er, fallen muss er.



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2 Kommentare

  1. Hallo Herr Zipfel,

    „In Anbetracht der zuletzt schlechten Daten aus der Eurozone und dem dramatischen Showdown im Brexit-Drama hätte man auch einen kräftigeren Rückgang des Euro gegenüber US-Dollar erwarten können.“

    Das Brexit-Drama, liebe Leute, vielleicht kann ich nicht analysieren, aber dass der USD einen ganz ganz klaren Vorsprung gegenüber dem EUR hatte (durch den Zinsvorspung) –
    und daraus gar nichts, gar nichts gemacht hat, das sollte doch jedem klar sein !!

    Die bei der FED mussten (!!!) zurückziehen, weil unser Eur-Laden (die EZB) überhaupt nicht reagiert hat, wer ist jetzt mächtiger.. ?
    Und dann labern die „Analysten“ vom USD als „Weltwährung Nummer Eins !!!“ ????

    „Wie bereits mehrfach erwähnt, spielt der Zinsunterschied eine entscheidende Rolle bei der Wechselkursentwicklung. Durch die Dominanz des globalen Forex-Marktes bestimmen im Wesentlichen die von Zinsdifferenzen getriebenen Carry-Trades, wohin die Reise bei den einzelnen Währungen geht. Schaut man sich das längerfristige Bild an, dann ist die derzeitige Situation in Bezug auf eine höhere Verzinsung des US-Dollars gegenüber dem Euro eine Ausnahme, wie man an der Entwicklung des Kapitalmarktzinsen deutlich erkennen kann.“

    :D

    Der EUR/USD hätte, wenn dem so sein sollte aber mindestens (!!!) auf die Parität fallen sollen !!!

    Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Herr Zipfel, eine klasse Anlayse von Ihnen. Bravo !

  2. Und was heißt das..?

    Der Markt vertraut dem Amis / dem USD unter Donald Trump nicht !

    Ist aber wohl keine Ausnahme / kein Wunder.. ?

    Und um ehrlich zu sein, wenn man die handelnden Führungspersonen vergleicht, na dann…

    Der Brexit ist doch längst schon ein Fall für die Aschetonne.. ?

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