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US-Zölle gegenüber der EU, wirklich ohne Grund?

Vielleicht hat der ganze Handelsstreit auch ein kleines positives Element: Er zeigt auf, wie stark sich Staaten durch Zölle abschotten..

Kommen bald US-Zölle gegen die EU?

US-Präsident Trump hat im Frühjahr 2018 durch seinen Handelskonflikt mit China, eine Phase der Deglobalisierung und des Protektionismus eingeläutet – in der Absicht, das US-Handelsbilanzdefizit abzubauen. Mit großen Folgen für den globalen Handel und einem großen Aufschrei, auch von Seiten der Europäischen Union. Diese müsste sich eigentlich mit der Kritik an Zöllen zurückhalten, wie Datenreihen der WTO aufzeigen.

US-Zölle unberechtigt? Die EU – eine Zoll-Hochburg

Betrachtet man die Warenströme zwischen den beiden großen Wirtschaftsblöcken, so muss man eines feststellen: Während die Hälfte der europäischen Waren in die USA ohne Bezollung eingeführt werden können, sind es umgekehrt nur 25 Prozent. Die USA verlangen auf die europäischen Produkte durchschnittlich 3,5 Prozent Einfuhrzölle, die Europäische Union hingegen 5,2 Prozent.

Nach der Entscheidung der Welthandelsorganisation WTO über die Rechtswidrigkeit europäischer Subventionen für den Flugzeugbauer Airbus, hat Donald Trump US-Zölle auf Agrarprodukte und Werkzeuge ab dem 18. Oktober gegen die EU verhängt. Dies führte zu einem großen Aufschrei in den europäischen Staaten, der bei genauerem Hinsehen gar nicht so gerechtfertigt erscheint.

Hier ein paar Warenkategorien der gegenseitigen Zölle (Quelle: ifo-Zolldatenbank):

Lebensmittel, Getränke, Tabak : USA 8,3 Prozent, EU 18,3 Prozent
Lebende Tiere:  USA 3,1 Prozent, EU 19,8 Prozent
Pflanzliche Produkte:  USA 2,7 Prozent, EU 11,5 Prozent
Fahrzeuge: USA 2,5 Prozent, EU 10 Prozent
Allerdings bei Light Trucks: USA 25 Prozent, EU 10 Prozent
Fette und Öle: USA 3,4 Prozent, EU 9,5 Prozent
Kunststoffe: USA 3,6 Prozent EU 4,7 Prozent

Das Gesamtvolumen im Handel zwischen der EU und den USA betrug 2018 811 Milliarden US-Dollar, dabei exportierten europäische Firmen Waren in Höhe von 470 Milliarden Dollar, die US-Gegenseite 320 Milliarden und daraus resultiert das von Donald Trump so kritisierte Defizit von 170 Milliarden Dollar.

Allerdings ist dies relativ moderat im Vergleich zum chinesischen Handelsüberschuss von 419 Milliarden im vergangenen Jahr. Deutschland allein brachte es auf einen Überschuss mit den USA von über 66 Milliarden Dollar. Für den US-Präsidenten ist dies ein Dorn (Stern) im Auge.

Fazit

Vielleicht hat der ganze Handelsstreit auch ein kleines positives Element: Er zeigt auf, wie stark sich Staaten durch Zölle abschotten, mit Subventionen sich Vorteile verschaffen und für unfaire Bedingungen und manchmal auch für Ausbeutung sorgen. Gerade die EU sorgt mit ihrer unfertigen Wirtschaftsunion für ein Wirrwarr an Zollbestimmungen, die in den laufenden Verhandlungen zur Sprache kommen.

Aus diesem Blickwinkel wird es in den nächsten Wochen spannend. Mitte November läuft die von Trump gesetzte Frist gegenüber der EU aus, in der man ihm substanzielle Zugeständnisse machen sollte. Für Deutschland wird dies besonders bedeutsam, wegen der überaus dominanten Automobilindustrie. US-Zölle und damit weitere Zolleskalationen wirken hier besonders fatal: Zwischen der EU und den USA, den USA und China sowie China und Europa – überall stehen Fabriken der drei großen deutschen Autokonzerne.

Kommen bald US-Zölle gegen die EU?



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4 Kommentare

  1. Die EU sollte sich definitiv bemühen, den Amis in dieser Hinsicht den Rücken freizuhalten, damit es ihnen leichter fällt auf China einzudreschen. Also weg mit den EU-Zöllen und her mit dem transatlantischen Deal.

    1. @rote_pille, was ich Sie schon seit Jahren fragen wollte: Haben Sie Ihren Nickname aus der Matrix-Filmserie entlehnt?

  2. @Wolfgang M., über die Fairness oder Unfairness von Zöllen zu diskutieren, ist eines. Wie Sie heute an anderer Stelle geschrieben haben, ein anderes: Der Dollar als dominierende Währung beschert den USA eine permanente Nachfrage nach ihrer Währung und ermöglicht ihnen so eine (bisher) nahezu ungebremste Verschuldungsfähigkeit.

    Ich denke, die USA respektive ihr großartiger und weiser Präsident sollten sich nicht ständig über die unfaire Behandlung aufgrund der Zölle beschweren, ohne zu berücksichtigen, wie sehr sie die Welt in den letzten 70 Jahren zu ihrem eigenen Profit und Vorteil ausgeweidet und in Ketten gelegt haben. Sei es durch die Bankenkrise oder die FAANG-Unternehmen, das ständige Diktat der Wall Street…

    1. Hallo@Michael. Es ging mir bei der Aufstellung mehr um den grassierenden Lobbyismus, der zur Entwicklung von Zöllen führt, als um eine Bewertung der USA. Wenn es nach Trump ginge, dann würden die Abgaben auf ganz andere Höhen gehoben werden. „We ˋll tax the hell out…“, er kann nur nicht, wie er möchte. Aber Amerika hat schon immer seine Interessen durch seine dominante Währung gnadenlos durchgesetzt. Allein schon das Verhalten, welches zur Finanzkrise geführt hat, spricht Bände. Milliarden über Milliarden an faulen Hauskrediten, für die man höhere Gebühren (subprime) kassiert hat, zu verpacken (CDOs), mit Triple A zu bewerten und dann weltweit zu verkaufen, aber für diesen Betrug kaum Konsequenzen zu bekommen, das ist mit heute noch schleierhaft.
      Grüße

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