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Warum die US-Börsenaufsicht jetzt Margin Calls verhindern soll!

New York ist das Finanzzentrum der USA - MBS Margin Call einschränken?

Es geht um das Thema Margin Calls – und das an einem Ort, wo man sie nicht vermuten würde! Dass Notenbankeingriffe den Markt nicht stabilisieren, sondern ihn langfristig destabilisieren, erleben in diesen Tagen Immobilienfinanzierer in den USA. Sie wandten sich flehend an die US-Börsenaufsicht, doch bitte doch unerwünschten Konsequenzen der Markteingriffe der Notenbank abzumildern. Sie könnten zur Pleite der Immobilienunternehmen und letztendlich zu steigenden Zinsen führen, obwohl die Fed genau das Gegenteil bewirken wollte.

Bereits gestern schrieb ich über die massiven Verwerfungen auf dem Markt für forderungsbesicherte Wertpapiere (MBS) in den USA. Dabei verpackten Banken und Immobilienfinanzierer ihre Immobilienkredite zu strukturierten Wertpapieren und verkaufen selbige an der Börse an Investoren. Binnen weniger Tage crashte der Markt für diese Papiere. Die Preise sackten um teilweise dutzende Prozent ab und die Renditen schossen in die Höhe. Während die US-Notenbank Fed die Zinsen massiv senkte, stiegen die Zinsen für Immobilienkredite. In der Folge erklärte die Fed, künftig in unbegrenzter Höhe auch forderungsbesicherte Wertpapiere zu kaufen. Deren Preise stiegen sofort an, das Zinsniveau jedoch liegt noch immer höher als Anfang März vor den US-Zinssenkungen.

Absicherungsgeschäfte für Immobilienkredite waren ein Bumerang

Eigentlich sollte man meinen, die Immobilienfinanzierer wären glücklich. Wenn die Notenbank als finanziell unbeschränkter Käufer bereitsteht, gibt es keine Risiken mehr. Sie könnten praktisch auch noch den letzten Schrottkredit bei der Notenbank abladen. Und doch hatte der Markteingriff der Notenbank eine Nebenwirkung, die jetzt ausgerechnet die Immobilienfinanzierer an den Rand der Zahlungsunfähigkeit bringt.

Denn als die Preise für die Papiere in die Tiefe und die Zinsen in die Höhe rauschten, schlossen die Unternehmen schnell Absicherungsgeschäfte ab. Denn zwischen der Kreditgewährung bzw. dem Kreditankauf, der Strukturierung als Wertpapier und dem Verkauf an Investoren liegen oft Monate. Steigen in der Zeit die Zinsen, kann das empfindliche Auswirkungen auf die Rentabilität des Geschäfts haben. Steigen die Zinsen in wenigen Tagen um ein Drittel, so wie Mitte März, kann das das Ende eines Unternehmens bedeuten. Also wurden Absicherungen vorgenommen, zum Beispiel indem MBS mit ähnlichen Parametern wie den noch zu emittierenden leer verkauft wurden.

Das Problem ist nun, dass die Banken reihenweise Margin Calls an die Immobilienfinanzierer schickten, weil die Zinsen und damit die Preise der leer verkauften MBS nach einer Berg- und Talfahrt Ende vergangener Woche im Wesentlichen wieder da lagen, wo sie schon Anfang März zu finden waren. Wer bei 4% Zinsniveau eine Absicherung gegen steigende Zinsen kaufte bzw. MBS leer verkaufte, musste am Freitag bei einem damaligen Zinsniveau von 3,35% die Wertdifferenz dem Versicherungsgeber ersetzen bzw. die Preisdifferenz zwischen Verkaufs- und aktuellem Marktpreis als Verlust tragen.

Was das heißt, können wir schnell durchkalkulieren. Nehmen wir an, eine Milliarde US-Dollar Kredit sollen für 30 Jahre bei einem Zinssatz von 4% abgesichert werden. Bei 4% Zinsen werden also knapp 720 Millionen US-Dollar Zinszahlungen abzusichern sein. Sinkt der Zinssatz nun wieder auf 3,35% wie am vergangenen Freitag, geht es nur noch um knapp 590 Millionen US-Dollar. Theoretisch hätte der Immobilienfinanzierer also einen Ausgleich von 130 Millionen US-Dollar zu zahlen. Verständlich, dass angesichts dieser drastischen, für die Leerverkäufer ungünstigen Entwicklung von den Banken zusätzliche Sicherheiten (Margin Call) gefordert werden. Doch die haben die Immobilienfinanzierer in der geforderten Höhe oft nicht.

Börsenaufsicht soll Margin Calls für leer verkaufte Wertpapiere verbieten

Über ihre Lobbyorganisation wandten sie sich daher an die US-Börsenaufsicht. Die solle doch bitte dafür sorgen, dass die Banken die das System destabilisierenden Margin Calls nicht länger versenden bzw. nicht länger auf deren Abhilfe bestehen sollten.

Wenn die Börsenaufsicht diesem Begehren nachkommt, dann haben wir es mit einem weiteren massiven Markteingriff zu tun, der mit Sicherheit weitere unerwünschte Konsequenzen nach sich zöge. Denn wenn die Banken keine zusätzlichen Sicherheiten bekommen, dann sind sie die nächsten, die in Probleme geraten werden. Zum Beispiel, weil sie irgendwelche Mindestkapitalreserven nicht mehr aufbieten können. Die Folge wären weitere Systemeingriffe durch Notenbanken oder Regulierer, um die Banken am Leben zu erhalten. Am Ende haben wir es mit einem Zombiesystem zu tun, bei dem der Markt weder eine Preisfindung ermöglichen und Risiken reflektieren kann, bei dem sich niemand mehr an irgendwelche Verträge und Regularien halten muss und bei dem die Notenbank mit Billionenbeträgen in einer Rezession eine Nachfrage simuliert, die de facto nicht mehr gegeben ist und die dadurch Fehlanreize setzt zu Kreditaufnahmen und Immobilienkäufen auf einem marktunüblich hohen Preisniveau zu das Risiko nicht reflektierend niedrigen Zinsen. Das System wird dadurch auf jeden Fall massiv geschwächt und nicht wie ursprünglich beabsichtigt gestärkt.

Übrigens: Trotz der unbegrenzten Käufe durch die Notenbank stiegen die Zinsen für 30-jährige Immobilienkredite in den USA seit Freitag um mehr als ein Zehntel auf nun 3,75%. Es sieht so aus, als schwinde der Einfluss der Fed in hohem Tempo. Auch über diese Möglichkeit dachte ich bereits gestern nach. Wenn die Notenbank unbegrenzte Käufe ankündigt und die Preise für die Papiere trotzdem fallen, dann fehlt es offensichtlich am Vertrauen in die Zentralbank. Sie wäre dann mit ihrem Latein endgültig am Ende.



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