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Wenn es so weiter geht, haben die USA in 40 Monaten eine positive Handelsbilanz – aber Trump hätte ein Problem..

Warum "The Donald" mal ganz dringend über das Defizit der US-Handelsbilanz nachdenken sollte..

Von Markus Fugmann

Zugegeben: die Überschrift „wenn es so weiter geht, haben die USA in 40 Monaten eine positive Handelsbilanz“ ist eher scherzhaft gemeint – schließlich fahren die USA seit den frühen 1970er-Jahren eine Handelsbilanzdefizit. Nicht selten liest man sogar in seriösen US-Medien, dass das auch in Ordnung gehe, schließlich wachse die US-Wirtschaft ja trotzdem, und ausserdem sei es doch so, dass sich die Amerikaner das offenkundig ja auch leisten könnten, schließlich verdienten sie eben mehr als die Menschen in den meisten anderen Ländern.

Heute sind die Daten aus dem September veröffentlicht worden zum Handel der USA mit anderen Ländern – und siehe da, das Defizit schrumpfte um 2,7% im Vergleich zum Vormonat. Würden die USA prozentual Monat für Monat ihr Defizit in diesem Tempo weiter verringern können, wären sie in 37 Monaten bei einer ausgeglichenen Handelsbilanz (zumindest auf Basis eines Monats) – aber das dürfte wohl ein frommer Wunsch, gewissermaßen ein feuchter Traum von Donald Trump bleiben!

Letzterer will ja einen Spagat machen, der logisch unmöglich funktionieren kann: einerseits „America first“ als krasseste Form der Rücksichtslosigkeit gegenüber zukünftigen Generationen und vor allem anderen Ländern, für die man sich angeblich ja so dolle aufgeopfert habe in den letzten Jahren durch ach so unvorteilhafte Handelsverträge etc. Nun ist uns aus irgendwelchen Gründen dieser amerikanische Altruismus noch nicht aufgefallen, aber vielleicht haben wir da ein Aufmerksamkeits-Defizit, ein chronisches Aufmerksamkeits-Defizit angesichts der Uneigennützigkeit der US-Politik.

Mit Trump aber soll das Handelsbilanzdefizit verringert, am Besten umgekehrt werden. Was würde das faktisch bedeuten? Zunächst: die Amerikaner können sich das Leben, wie sie es führen, gerade die Unterschicht und die Mittelschicht, nur deswegen überhaupt leisten, weil man etwa Billig-Waren aus dem Ausland importiert in großem Maßstab.

Würden diese Waren in den USA hergestellt werden, gäbe es nur zwei Alternativen: entweder die Waren würden deutlich teurer, weil die Amerikaner eben nicht für Dritte-Welt-Löhne bereit sind zu arbeiten – mit der Folge, dass sich ein großer Teil der Amerikaner viele Waren dann nicht mehr leisten könnten. Oder die Warenpreise würden gleich bleiben, die Amerikaner dann aber Dritte-Welt-Löhne bekommen, damit die Preise gleich bleiben können. Sonst wären amerikanische Unternehmen auf dem Weltmarkt nicht mehr wettbewerbsfähig. Unwahrscheinlich, dass Trump dies je so bedacht hat bei seinem Lamento über angeblich unfairen Wettbewerb und das Defizit der USA!

Das immense Handelsbilanz-Defizit der USA funktioniert ja nur, weil die „Restwelt“ bereit ist, das Defizit durch Bereitstellung von Krediten zu refinanzieren. Etwa indem man amerikanische Staatsanleihen kauft. Und: solange die „Restwelt“ bereit ist, die Defizite der Amerikaner zu finanzieren, werden die Amerikaner Defizite produzieren! Wer etwa von einer Bank stets Geld zugesteckt bekommt, wird vermutlich nicht eines Tages sagen: ach, ich ändere jetzt meinen Lebensstil, fahre meine Ausgaben herunter, werde bescheidener, damit mir die Bank nicht immer Geld zustecken muß! Oder?

Faktisch haben die Amerikaner also wenig Motivation, das Leben auf Pump und auf Kosten der Restwelt aufzugeben. Warum auch, wenn die Anderen bereitwillig zahlen?

Get that, Donald!

Aber auch in den USA wird man, trotz Trump, nun offenkundig bescheidener: „nur“ noch ein Defizit im September von -42,40 Milliarden Dollar. Man glaubt es kaum, aber es gibt eine Hand voll Länder, mit denen die USA einen Handelsbilanzüberschuss aufweisen: Süd- und Zentralamerika (+2,7 Mrd. Dollar), Hong Kong (+2,5 Mrd. Dollar), Singapur (+0,8 Mrd. Dollar), UK (+0,6 Mrd. Dollar) und Brasilien (+0,4 Mrd. Dollar).

Dagegen negativ: China (-29,7 Mrd., aber damit 2,1 Mrd. weniger als im Vormonat), Europäische Union (-10,9 Mrd., damit 1,2 Mrd. weniger als im Vormonat), Japan (-6,3 Mrd.), Mexiko (-5,8 Mrd.), Deutschland (-4,8 Mrd.), Italien (-2,5 Mrd.), Südkorea (-2,1 Mrd.), Indien (-1,6 Mrd.) – und so weiter und so weiter..

Aber der kleine Rückgang im September ist, zum Leidwesen Trumps, kein Trend. Vielmehr liegen diese „nur“ -42,4 Mrd. im September noch 8,8% über dem Defizit aus dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die USA werden in 2017 das höchste Handelsbilanzdefizit seit fünf Jahren produzieren.

Und eines ganz fernen Tages, wenn Donald Trump kapiert haben wird, was es bedeutet für die Amerikaner und die Unternehmen der USA, eine positive Handelsbilanz zu haben, nämlich dass eine positive Handelsbilanz auch bedeutet, entweder mehr zu arbeiten für aber nicht mehr Geld oder aber weniger zu konsumieren, dann, ja dann wird auch Donald seinen Frieden mit der US-Handelsbilanz machen..


Donald Trump. Foto: Michael Vadon/Wikipedia (CC BY-SA 2.0)



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11 Kommentare

  1. Sind wir nicht mehr in der EU?
    Europäische Union (-10,9 Mrd., damit 1,2 Mrd. weniger als im Vormonat), Japan (-6,3 Mrd.), Mexiko (-5,8 Mrd.), Deutschland (-4,8 Mrd.)
    habe ich da etwas verpasst, oder warum wird Deutschland extra gezählt?

    1. @Dreistein, so weit mein Kenntnisstand reicht, sind wir noch in der EU; aber die USA schlüsseln ja trotzdem nach einzelnen Ländern auf und eben auch die EU als Gesamtheit. Warum auch nicht?

  2. Weil es für die Knalltüten aber weder in Frage kommt, mehr fürs gleiche Geld zu arbeiten, noch, weniger zu konsumieren (sie sind ja noch nicht fett genug, unsere amerikanischen Freunde), wird sich das Donald so oder so ins eigene Fleisch schneiden.
    Weniger Import = Strafzölle = weniger Konsum und/oder sinkende Qualität der Importwaren.
    Mehr Export = günstigere US-Produkte = noch schlechtere Qualität der US-Produkte und/oder sinkende Lohnkosten.

    1. Warum sind Amerikaner „Knalltüten“? Wie kommen sie darauf das amerikanische Produkte eine schlechte Qualität haben? (Beispiele?)
      Wenn Amerikaner „fett“ sind, was sind dann die Deutschen?
      Haben sie sich überhaupt ernsthaft mit der Thematik auseinandergesetzt, oder haben sie nur den Artikel als Vorwand genutzt um ihren dumpfen Amerikahass auszukübeln?

      1. @rainer, und sonst keiner:
        Ich habe explizit von fett, nicht von übergewichtig gesprochen. Auch zahlreiche Deutsche sind übergewichtig, aber einen BMI über 30?
        Von den insgesamt 671 Millionen Menschen, die einen BMI von 30 oder höher haben, lebt der größte Anteil in den USA.:
        Siehe z.B.:
        http://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/gesundessen/gefaehrlicher-trend-fast-ein-drittel-der-weltbevoelkerung-ist-zu-dick_id_3879429.html
        http://www.fr.de/panorama/uebergewicht-dickes-amerika-a-873366
        https://www.welt.de/gesundheit/article10735003/Zahl-der-Fettleibigen-waechst-gigantisch.html
        Qualität amerikanischer Produkte: Warum kaufen die Amis für ihre Rüstungsindustrie so viel Stahl aus Deutschland bzw. dem Ausland, was dem Donnie ja eigentlich gar nicht gefällt? Weil ihr eigener Stahl beispielsweise für U-Boote bzw. die Marine nicht wirklich taugt. Die Qualität der meisten Häuser, der sanitären Anlagen, der Heiz- und Versorgungstechnik weiß jeder, der öfter in Wonderland ist, realistisch-kritisch einzuschätzen.
        Was sind die Exportschlager der USA: Autos, raffiniertes Öl, pharmazeutische Produkte. Obwohl Autos die Nr. 1 der Exporte (nach Mexiko, Kanada und wegen des SUV-Wahns inzwischen nach China und Saudi-Arabien) sind, werden ungleich viel mehr Autos importiert, als exportiert. Ein Großteil des US-Auto-Exportanstiegs ging sogar auf BMWs, Mercedes-Benz, Nissans und Toyotas zurück, die lediglich in amerikanischen Werken produziert werden.
        Nehmen wir die Stromversorgung: Ist nicht in einem Kaskadeneffekt die halbe Ostküste wegen eines Sonnenstürmchens lahmgelegt worden?
        Nehmen wir Apple-Produkte: Bis vor etwa 10 Jahren sensationell gut, dem Rest der Welt weit voraus. Inzwischen nur noch sinnlos überteuerter Schrott, bei dem von Update zu Update weniger funktioniert.
        Nehmen wir Tesla: Toll, nur schafft man es nicht, die Autos auch zu produzieren. Abgesehen von den Pannen und Unfällen, die die paar handgefertigten Modelle bisher zu verbuchen hatten.
        Aber wir haben ja noch ZIPPO-Feuerzeuge für 30,- €, die nach zwei Jahren im Eimer sind und die sensationellen Weber Grills für 100,- bis 300,- € aufwärts. Ein Lichtblick, obwohl mein Grillgut aus dem Tchibo-Grill für 50,- € auch nicht schlechter schmeckt und das Teil seit 10 Jahren seinen Dienst verrichtet.

      2. @rainer
        Knalltüten sind die Wonderlander für mich vor allem wegen der Tatsache, dass sie aus allen endlich erreichten zarten Pflänzchen von Klimaschutzabkommen aussteigen und den menschgemachten Klimawandel nach wie vor verleugnen, obwohl sie mit die besten Wissenschaftler der Welt hervorbringen, welche dieses Thema bereits längst bestätigt haben.
        Weil sie der Ansicht sind: Gib jedem möglichst einfach möglichst viele Waffen, und die Gewalt wird sich automatisch reduzieren.
        Und weil sie sich in jedem zweiten Satz in einer persönlichen „Krise“ oder einem persönlichen „Erfolg“ auf Gott berufen (I did this for God bzw. God answered me, God chose me), jede noch so belanglose Tat, die an die Öffentlichkeit gelangt, irgendeinen verstorbenen oder vergessenen Verwandten oder Bekannten widmen (I did this for my Grandpa’s Grandma), den Begriff „ich liebe dich“ so inflationär verwenden, wie wir hierzulande sagen: schau ma mal…
        Weil sie sich als Land of the Free bezeichnen, in dem angeblich alle Menschen, egal welcher ethnischen Herkunft, willkommen und gleichberechtigt sind, gleichzeitig aber noch nicht einmal die Menschen vollkommen integriert haben, denen sie das Land geraubt bzw. die sie als Sklaven importiert haben. Weil sie sich historisch noch nicht einmal als Usurpatoren des Landes, das sie anderen geraubt haben, sehen.
        Weil sie das Land der Doppelmoral schlechthin sind: Tun und Labern sind in Wonderland zwei unvereinbare Welten.

        1. Ja Michael, hier treffen Sie den Nagel auf den Kopf. Die USA sind die gespaltenste Gesellschaft, die man sich derzeit vorstellen kann. Sie haben die meisten Nobelpreisträger in allen Naturwissenschaften, gleichzeitig glauben viele an die Schöpfungsgeschichte. Im Fernsehen wird jeder Busen akribisch verdeckt, parallel dazu dominieren sie die Pornoindustrie. In Enkaufszentren steht der Verkauf von Alkohol an 17-Jährige unter Strafe, während man sich dort Waffen und Munition für eine Kleinarmee beschaffen kann (täglich sterben 93 Menschen am Schusswaffengebrauch). Man könnte diese Liste der us-typischen Ambivalenz seitenweise fortsetzen. Früher wanderten die mutigen Menschen nach Amerika aus, um etwas zu schaffen, was auch zur “ leading nation “ geführt hat. Mittlerweile degenerierte ein großer Teil der Gesellschaft zu einer bildungsfernen Schicht. Woran das liegt? Vielleicht am exzessiven Streben nach dem schnöden Mammon, mit unglaublich vielen Verlierern? Ich war früher als Leistungssportler immer ein Fan der USA, aufgrund ihres grandiosen „positive thinking“, aber die derzeitige Entwicklung macht mich echt skeptisch.

  3. Bleibt die Frage: was folgt daraus?
    Kann die USA das noch zig Jahre weiter treiben oder platzt die Blase (das Vacuum) bald?
    Einzige langfristige Lösung ist doch mehr Inflation als die Steigerung des Defizites.

  4. Wie weit kann die USA diese Kreditblase treiben ?
    Nicht das Staatsdefizit sondern die Konsumentenkredite?
    Meiner Meinung ist der Konsument in den USA an seinem Limit angekommen.
    Steigen die Zinsen kommt da was unter Druck.
    Wer sind eigentlich die Gläubiger der USA Konsumenten ?

    1. Das liegt nicht in der Hand der USA, sondern eher in der Macht der Welt die soviel Geld in den USA anlegt. Ein viel viel billigere Dollar könnte das Defizit abschwächen, da dann ausländische Produkte für die Amerikaner zu teuer werden würden und gleichzeitig deren Produkte auf dem ausländischen Märkte billiger.
      Es gibt aber im Moment keinen Grund auf einen spürbaren billigeren Dollar zu setzen. Unter den blinden ist bekanntlich der einäugige König, die anderen großen Währungsräume EU und China stehen strukturell schlechter da.

  5. Tendenziöser und oberflächlicher Artikel, der die wirklichen Ursachen des Defizits gar nicht anreisst.
    Dem Defizit steht ein zwangsweise ein großer Kapitalimport in die USA gegenüber. Und dieser ist letztlich Ausdruck des Vertrauens der Welt in die US Wirtschaft. Das Defizit ist quasi eine Nebenwirkung des unglaublichen Erfolges dieser Volkswirtschaft. Wenn die Welt kein extremes Vertrauen in die Investitonswürdigkeit der USA habenwürde, würde sie dort kein Geld anlegen.
    Umgedreht ist ein absurd großer Handelsbilanzüberschuss wie in Dtl erwirtschaftet nicht so gut wie unsere „Weissen“ uns glauben machen wollen. Er geht mit starken Kapitalexport/Investitionsschwächeeihner. Ich denke auch das dieses starke Ungleichgewicht auf Dauer vermutlich nicht haltbar ist. Und die Anpassung eines Überschusses ist i.d.R. viel viel schmerzhafter als die Anpassung eines Defizits, weil sie mit Arbeitsplatzverlust einhergeht. Den Amerikanern wird es nicht wehtunwenn sie irgendwann auf die 2,5% vom BIPs die sie „zuviel“ konsumieren verzichten müssen. Soviel ist das nicht und ausserdem passiert das nicht über Nacht.

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