Der amerikanische Ölpreis (WTI) fällt unter 90 Dollar mit einem Kurs von aktuell 88,87 Dollar. Gestern Mittag sah man noch Kurse über 96 Dollar! Im Chart sehen wir den Kursverlauf seit Jahresanfang – jetzt hat WTI den tiefsten Stand seit Februar erreicht. Das europäische Brent-Öl fällt entsprechend auch tiefer. Was ist hier los? Offenbar sieht der Ölmarkt etwas, was der Aktienmarkt nicht sehen will? Denn die Aktienkurse tendieren seit Tagen aufwärts.
Ölpreis fällt deutlich – OPEC ignoriert
Gibt es in den letzten Wochen immer mal wieder Phasen, wo sich Rezessionsängste und Verknappungsängste abwechseln, und dementsprechend die Kurse stark steigen oder fallen – so sind wir aktuell voll im Modus „Rezessionsangst“. Gestern hat die OPEC mit „nur“ 100.000 Barrels pro Tag zusätzlicher Öl-Fördermenge für September den Markt weiterhin knapp gehalten. Eigentlich hätte der Ölpreis gestern daraufhin kräftig steigen können. Aber seitdem entschied er sich für den Weg gen Süden.
Rezessionsangst
Die invertierte Zinskurse (kurzlaufende Anleiherenditen über den Langlaufenden) spricht für eine Rezession in den USA. Außerdem hat die Bank of England heute bei ihrer Zinsanhebung davon gesprochen, dass sie für Großbritannien eine lange Rezession erwartet, die mehr als ein Jahr anhalten könnte. Rezession ist immer Gift fürs Öl. Je schwächer die Wirtschaft, desto weniger Öl wird nachgefragt. Und immer wenn eine Rezession im Anflug ist, wird sie im Ölpreis schon möglichst weit vorher eingepreist. Der Aktienmarkt sieht diese Gefahr aktuell aber offenbar noch nicht. Seit letzter Woche sind die USA bereits „technisch“ in einer Rezession – man hat im ersten und zweiten Quartal des Jahres eine geringfügig schrumpfende Wirtschaftsleistung gesehen. Das ist die ökonomisch anerkannte Definition einer Rezession. Auch die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen fällt heute um weitere 0,07 Prozentpunkte auf 2,67 Prozent – noch am 21. Juli lag sie über 3 Prozent. Man sieht also auch am Anleihemarkt eine Rezession im Anflug.
Zerohedge formuliert es aktuell so: „Der Markt sagt, dass der Ölpreis angesichts der bevorstehenden globalen Rezession fallen muss, während die saudi-arabische Light-Prämie angesichts einer beispiellosen physischen Verknappung gerade einen neuen Höchststand erreicht hat“. Nun ist es die Quiz-Frage: Übertreibt der Ölmarkt aktuell mit diesem Preisabsturz und der Angst vor einer Rezession, und Öl ist viel knapper als gedacht? Oder hat er recht, und die aufkommende Rezession wird die Öl-Nachfrage so stark zurückgehen lassen, dass man keine Angst vor einer Verknappung haben muss?
Oil prices have to plunge, market says, eyeing coming global recession, meanwhile Saudi Arab Light premium just hit a new all time high amid unprecedented physical shortage
— zerohedge (@zerohedge) August 4, 2022
Öl-Lagerbestände helfen dem fallenden Ölpreis
Dem fallenden Ölpreis helfen tun die gestern Nachmittag veröffentlichten Öl-Lagerbestände in den USA. Im Wochenvergleich füllten sich die Lagertanks für Rohöl um 4,5 Millionen Barrels. Vereinfacht gefragt: Jüngst war also mehr Rohöl am US-Markt vorhanden als verbraucht wurde? Jedes Argument kann derzeit gut dabei helfen das Szenario der Rezession zu untermauern, so auch mehr Ölangebot als Verbrauch.
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Das Einzige was interessant ist, ist das Schulden machen weiterhin der beste Weg zum Wohlstand ist. Die vorübergehend leicht gestiegenen Zinsen (aber immer schön real deutlich negativ) schmieren gerade wieder ab. Was hab ich einen Spaß daran das die Bank mit die Hütte zahlt.
Womöglich „sparen“ ist dagegen weiterhin eine völlig bescheuertes Idee (der gemeine Amie macht da alles richtig, raus mit der Kohle und dann dem Gläubiger den Stinkefinger zeigen).
Ach ja und auch Aktienanlagen machen real weiterhin ordentlich Miese. Deswegen können die Zentralbanken das Gelddrucken ruhig wieder volle Kanne aufnehmen (die EZB stoppt das eh nicht). Der fällige „Vermögenseinzug“ erfolgt einfach über die Inflation.
Zwei Jahre Realverluste von jeweils 10% und schon ist ein Fünftel der Globalvermögens verdampft. Und 99% haben das dann nicht Mal mitgekriegt.
Die G20-Staats- und Regierungschefs sind im Hinblick auf den G20-Gipfel im November d.J. in Indonesien aufgerufen, erste Überlegungen zwecks Stimulierung der Weltwirtschaft auf den Weg zu bringen. Hierbei sollte jedoch die G7 aufhören, geopolitisch/außenwirtschaftspolitisch zu spalten. Außenwirtschaftspolitik muß auf Grundlage einer multipolaren Außenpolitik im Rahmen der UN-Charta erfolgen. Apropos letzteres: Zu den G20-Gipfel-Teilnehmern gehört der UN-Generalsekretär.