Gas

WTO und Gas-Opec erwarten volatile Gaspreise

Jüngst legten die Welthandelsorganisation WTO und das Forum der gasexportierenden Länder, auch Gas-Opec genannt, aktuelle Berichte vor. Hier ein Detailblick auf die Erwartung für die Gaspreise.

Tanker befördert verflüssigtes Gas (LNG)

Jüngst legten die Welthandelsorganisation WTO und das Forum der gasexportierenden Länder, auch Gas-Opec genannt, aktuelle Berichte vor, in denen sie im Verlauf des Jahres neue Gaspreissprünge erwarten. Für Aufwärtsdruck sorgt demnach ein kalter Winter und eine sich erholende Nachfrage in China und Asien. Eine lahmende Weltkonjunktur dämpft indes die Gaspreisentwicklung.

Preise für Gas könnten im Winter erneut steigen

Im letzten Jahr hätten die Schwankungen der Rohstoffpreise die Inflation und das Handelsvolumen stark beeinflusst, konstatierte die WTO im aktuellen Global Trade Outlook, den sie im April jüngst vorlegte. Diese zeigten sich besonders bei den europäischen Erdgaspreisen, die zwischen Januar und August 2022 um 48 Prozent gestiegen und bis Februar 2023 um 76 Prozent zurückgegangen seien. Im Gegensatz zu Ölpreisen, die tendenziell regional stark korrelieren, weichen laut Outlook Erdgaspreise in der Regel erheblich voneinander ab. Der verstärkte Handel mit verflüssigtem Gas (LNG) könnte die regionalen Gaspreise in Zukunft ausgleichen. Derzeit werde dies durch die Schifffahrts- und Pipelineinfrastruktur jedoch begrenzt.

Verlauf verschiedener Energiepreise

Die europäischen Länder hätten infolge des Verlusts von Gaslieferungen aus Russland mehr Gas von anderen Lieferanten importiert, darunter die Vereinigten Staaten, Katar, Norwegen und Algerien. Das scheine für einen Anstieg der LNG-Preise anderswo gesorgt zu haben, einschließlich in Japan, wo sich der Preis zwischen Januar 2022 und Februar 2023 verdoppelt habe. „Europa hatte das Glück, 2022 einen milden Winter zu haben, der einen weiteren Anstieg der Energiepreise verhinderte. Wenn die europäischen Länder jedoch nicht in der Lage sind, ausreichende Erdgasvorräte für den nächsten Winter zu sichern, und wenn das Wetter kälter wird, könnten die Preise erneut steigen“, so der Outlook der WTO.

Mehr Gasnachfrage begünstigt Aufwärtsdruck

Auch das Gas Exporting Countries Forum, kurz GECF und auch als Gas-Opec bezeichnet, weist im Jahresbericht zum Gasmarkt 2023 vom April wie die WTO auf Preistendenzen nach oben hin. In Summe blieben die weltweiten Gas- und LNG-Spotpreise im Jahr 2023 volatil und könnten durch mehrere Faktoren Gegenwind erfahren und so Preise auf niedrigem Niveau halten. Zu solchen Faktoren zählen die Analysten der Gas-Opec einen relativ milden Winter, hohe Gasspeicherfüllstände in Europa, hohe LNG-Lagerbestände in Asien und eine abgeschwächte Gasnachfrage bei einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums weltweit. Dem entgegen stellen sie: „Aufgrund der erwarteten Erholung von Chinas Gasnachfrage, einer höheren Importnachfrage in preissensitiven Ländern Asiens und einer Erholung der Gasnachfrage im Industriesektor könnte es in diesem Jahr jedoch zu einem gewissen Aufwärtsdruck auf die Spotpreise kommen. Weitere Lieferunterbrechungen oder extreme Wetterbedingungen im Laufe des Jahres können die Preise ebenfalls nach oben treiben.“

Markteingriffe können Volatilität nach sich ziehen

Zugleich könnten Markteingriffe die Gas- und LNG-Spotpreise im Jahr 2023 beeinflussen, die Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage korrigieren sollen. So trat etwa die Verordnung (EU) 2022/2578 des Rates zur Koordinierung der Gasbeschaffung und zu Preisreferenzwerten am 15. Februar 2023 für ein Jahr lang in Kraft. Sie sieht einen Marktkorrekturmechanismus bzw. Gaspreisdeckel vor, der dann ausgelöst wird, wenn der TTF-Month-Ahead-Preis drei Tage lang 180 €/MWh übersteigt und 35 € über dem Referenzpreis für LNG auf den Weltmärkten liegt. Den betreffenden Referenzpreis für LNG veröffentlichte die EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) jüngst im April.

Mehrere Handelsfirmen und Finanzinstitute haben dem Gas-Opec-Bericht zufolge ihre Besorgnis über mögliche Auswirkungen dieser Verordnung auf das Funktionieren des europäischen Gasmarktes geäußert. Demnach habe der Betreiber Intercontinental Exchange (ICE), an der TTF-Derivate gehandelt werden, eine Bewertung zu potenziellen Auswirkungen auf Handel und Finanzstabilität durchgeführt und beschlossen, einen parallelen TTF-Markt zu eröffnen, damit die Kunden ihr Risiko angemessen steuern können, wenn der Korrekturmechanismus den Handel aussetzt. Am 20. Februar 2023 startete die ICE daher ihren parallelen TTF-Markt an ihrer Londoner ICE Futures Europe Exchange. Selbst die Europäische Zentralbank (EZB) habe davor gewarnt, dass dieser Mechanismus zu höherer Volatilität und mehr Forderungen nach Sicherheitsleistungen führen sowie Anreize zur Migration von Handelsplätzen in der EU schaffen könne.

Gaspreise hängen an China und weltweiter Konjunktur

Erholt sich China nach extensiven COVID-Maßnahmen und Wirtschaftseinbruch, wächst auch die Nachfrage nach Gas, was wiederum auf Preise an Handelsplätzen für Gas und LNG durchschlägt. Aktuell lässt sich Staatspräsident Xi Jinping mit einer Reaktion auf die riesigen Gasversprechen vom russischen Präsidenten Wladimir Putin Zeit bei seinem Arbeitsbesuch in Moskau im März Zeit. Auch das riesige LNG-Angebot aus Russland findet keinen Nachhall. Im Januar hatte Xi in Peking mit dem turkmenischen Präsidenten Serdar Berdimuhamedow ebenfalls eine strategische Partnerschaft geschlossen und anders als gegenüber Putin die Erdgaskooperation als Eckpfeiler der Beziehungen zwischen China und Turkmenistan gewürdigt. Turkmenistan ist mit gut 31 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr Chinas größter Lieferant und plant, die Gaslieferungen nach China auf 65 Milliarden Kubikmeter im Jahr mehr als zu verdoppeln.

Hinzu kommt, dass die WTO im aktuellen Outlook davon ausgeht, dass das Wachstum des Welthandels im Jahr 2023 trotz einer leichten Anhebung der BIP-Prognosen seit letztem Herbst voraussichtlich immer noch unterdurchschnittlich sein wird. Belastet durch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, die hartnäckig hohe Inflation, eine straffere Geldpolitik und die Unsicherheit an den Finanzmärkten werde das Volumen des Weltwarenhandels in diesem Jahr voraussichtlich um 1,7 Prozent wachsen. Im letzten Jahr lag das Wachstum bei 2,7 Prozent und fiel durch einen starken Einbruch im vierten Quartal nach unten geringer aus als erwartet. Dennoch folgt daraus keine eindeutige Tendenz für dauerhaft niedrige Gaspreise. Mag die Nachfragesituation in China unklar sein, ist sie zugleich Barometer für Aufwärtsbewegungen. Eine lahmende Konjunktur der Weltwirtschaft dürfte auch in China Spuren hinterlassen. Die Gas-Opec erwartet bei den LNG-Importen in diesem Jahr insgesamt ein Plus, das sich auch auf China erstreckt, während Japan und Südkorea die Importe einschränken. Welcher Flügelschlag eine Preisrallye auslöst, liegt derzeit im Nebel.

Welthandelsvolumen und BIP



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