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Märkte glauben kein Wort, preisen Senkungen ein Zinsen: EZB kämpft verbissen gegen Windmühlen

Zu frühe Senkung wäre "schwerer Fehler"

EZB Zinsen Windmühlen

Die EZB beharrte auch gestern bei ihrer Sitzung darauf, dass die Zinsen erst ab dem Sommer sinken würden – aber die Märkten glauben das nicht und preisen weiter rasche Senkungen bereits ab April ein. Heute versuchen nun weitere EZB-Mitglieder, die Erwartung der Märkte in die Schranken zu weisen – aber es ist offensichtlich ein ziemlich erfolgloser Kampf gegen Windmühlen!

EZB versucht, Erwartung bald sinkender Zinsen zu dämpfen

Der lettische Notenbankchef Martins Kazaks mahnt am heutigen Freitag zur geldpolitischen Geduld und sieht eine verfrühte Sennkung der Zinsen als den schwerwiegendsten Fehler an, den die EZB jetzt begehen könnte.

Auch wenn die Zinsen “beginnen sollten zu sinken”, sofern keine größeren Schocks eintreten, sollte die EZB nichts überstürzen, sagte das EZB-Ratsmitglied im Interview mit Bloomberg TV.

“Das wäre auf jeden Fall schlimmer, als noch ein wenig zu warten”, sagte er am Freitag in Riga. “Wir haben in den 70er und 80er Jahren gesehen, dass, wenn man zu früh mit der Lockerung beginnt, das Risiko besteht, dass die Inflation zurückkommt und man dann die Zinsen viel stärker anheben müsste.”

Die EZB hat ihren Einlagensatz bei der Ratssitzungen am gestrigen Donnerstag zum dritten Mal in Folge auf dem Rekordniveau von 4% belassen. Nachdem sich Präsidentin Christine Lagarde weniger energisch als erwartet gegen die am Markt eingepreiste frühere Zinssenkung gewehrt hat, gehen die Wetten auf auf einen Schritt im April wieder in die Höhe. Auch von Kazaks ließen sie sich nicht weiter beeindrucken. Die EZB tendiert eher zu einem Schritt im Juni.

Trotz des starken Rückgangs der Inflation im vergangenen Jahr sind die Euro-Währungshüter noch nicht bereit, den Sieg über die Teuerung zu verkünden, und befürchten insbesondere, dass der starke Lohnanstieg noch in die Quere kommen könnte.

Die Inflationsrate hatte im Dezember wegen Basiseffekten wieder auf 2,9% angezogen, die EZB erwartet aber einen weiteren Rückgang in diesem Jahr, wenn auch mit einem langsameren Tempo.

Gleichzeitig lahmt die Konjunktur und dürfte in der zweiten Hälfte des letzten Jahres einen leichten Abschwung erlitten haben. Eine Schätzung für das Schlussquartal wird am Dienstag von Eurostat erwartet. Kazaks räumte ein, dass eine Rezession möglich sei.

EZB-Mitglied über Zinsen: „Sind nicht dovisher geworden“

Die EZB hat ihren Ton am Donnerstag nicht gelockert, sagte EZB-Ratsmitglied Boris Vujcic, nachdem die Märkte ihre Wetten auf eine rasche Senkung der Zinsen erhöht hatten. Nach Amsicht einiger Marktteilnehmer hatte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde weniger scharf gegen baldige Zinssenkungen gewendet als erwartet.

Der kroatische Zentralbankchef sagte am Freitag, dass er die Botschaften Lagardes Pressekonferenz nicht als dovish empfand, nachdem die EZB ihren Einlagensatz für eine dritte Sitzung bei 4% gehalten hatte.

„Sie spiegelte die Diskussion, die wir in den beiden Tagen geführt haben, sehr gut wider“, sagte er gegenüber Maria Tadeo von Bloomberg Television. „Aber in letzter Zeit habe ich das Gefühl, dass die Märkte alles, was man sagt, als dovish auffassen. Sie überchießen derzeit mit ihren Erwartungen.“

Die Anleger sehen nun eine 90-prozentige Chance, dass die EZB im April mit der Senkung der Zinsen beginnen wird – weit früher als auf der Juni-Sitzung, auf die sich die EZB-Notenbanker als möglichen Starttermin geeinigt zu haben schienen. Vujcic betonte, dass die Entscheidungen auf Signalen aus der Wirtschaft beruhen und nicht im Voraus getroffen werden.

„Wir brauchen derzeit Geduld, um genügend Daten zu erhalten, damit wir zuversichtlich sein können, dass sich die Inflation wirklich fest und nachhaltig auf dem Weg zu unserem mittelfristigen Ziel befindet“, sagte er. „Das wird sich allmählich einstellen, das wird sich jeden Monat ändern.

Sobald die Senkung der Zinsen beginnen, sagte Vujcic, er bevorzuge Schritte von 25 Basispunkten, schloss aber auch größere Schritte nicht aus.

„Es besteht immer die Möglichkeit“, sagte er. Viertelpunktschritte sind eine „sanftere Art der Geldpolitik, aber natürlich gibt es auch die Möglichkeit, mehr zu tun, wenn die Daten dies rechtfertigen“.

FMW/Bloomberg

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