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Aktienmärkte: Das Phänomen der Santa Claus Rally

Aktienmärkte - das Santa Claus Rally Phänomen

Vor einer Woche wurde an dieser Stelle für die Aktienmärkte noch die Frage aufgeworfen, „Silvesterblues oder Jahresendrally?“. Letzeres ist doch viel wahrscheinlicher geworden, denn das 68. Allzeithoch in diesem Jahr zeigt, dass ungeachtet der vielen Warnsignale von allen Seiten wieder einmal das saisonale Muster zutreffen könnte. Der Dezember ist allgemein als guter Monat bekannt, aber die großen Gewinne werden in der Regel in der zweiten Monatshälfte gemacht.

Aktienmärkte und der aktuelle Stand

Die Umsätze sind gering, viele Großanleger haben ihre Bücher bereits geschlossen – und dennoch sind die Aktienmärkte in der letzten Woche gestiegen. Wie in mehreren Artikel angedeutet, dass es schon extremer Gegenkräfte bedarf, um nach einem Jahr mit so großen Gewinnen bis November, das Jahresende noch zu „vermasseln“. Es gibt viel zu verteilen, aber auch zu verpassen, wenn manch aktiver Fondsmanager auf Cash sitzt und der passive Indexfonds davonläuft.

Die Indizes gingen am Donnerstag mit folgenden Gewinnen ins Wochenende:

Dow Jones plus 0,6 Prozent auf 35.950 Punkte
Nasdaq plus 0,9 Prozent auf 15.653 Zähler
S&P 500 plus 0,6 Prozent auf 4725 Punkte, damit wurde ein neues Rekordhoch erreicht, das 68. in diesem Jahr
Der Rekord des Jahres 1995 wird aber vermutlich noch lange Bestand haben.

Aktienmärkte Rekordjahre

Was den großen S&P 500 in der letzten Woche wieder einmal angetrieben hat, ist aus dieser Schautafel unschwer zu erkennen:

Tesla, Netflix, Microsoft und natürlich Apple.

Aktienmärkte Apple Tesla Microsoft

Auch unser Dax kletterte am Donnerstag bereits den dritten Tag in Folge, mit einem Plus von einem Prozent auf 15.756 Punkte, oder mehr als 600 Punkte in diesem Zeitraum. Folgt jetzt die bereits angedeutete Santa Clause Rally, die die letzten fünf Börsentage des Jahres plus die beiden ersten des neuen umfasst?

Von einem Goldman Sachs Treffen der Ehemaligen hieß es:

Die größten US-Banken geben ihrem profitabelsten Jahr aller Zeiten den letzten Schliff und bereiten sich darauf vor, einige massive Boni auszuschütten, aber die üblichen Geräusche von Wall Streets sind verblasst.

Was spricht für die Santa Claus Rally?

Der Dezember ist bekannt als guter Monat für die Aktienmärkte, aber aus vielen Übersichten geht hervor, dass die Mehrheit der Gewinne in der zweiten Phase des Monats gemacht werden. Einige Gründe hierfür wurden bereits genannt: Das Rebalancing bei Mischfonds in der Aufteilung Aktien – Anleihen zu Monatsbeginn, steuerliche Aspekte (Tax-Loss-Selling), der große Verfall im Dezember und Weiteres mehr.

Auch diese Übersicht über die Performance des Weltleitindex S&P 500 seit 1950 (seine jetzige Größe stammt eigentlich von 1957) zeigt diese so unübersehbare statistische Wahrscheinlichkeit.

Aktienmärkte Apple Tesla Microsoft

Entdeckt wurde das Phänomen der Santa Claus Rally im Jahre 1972 von Yale Hirsch, dem Begründer von Stock Trader’s Almanac, jetzt fortgeführt von seinem Sohn Jeff Hirsch. Und die Historie seit 1950 belegt die Häufigkeit dieser Rally: In 78,9 Prozent der Jahre, eine Wette dagegen war nicht besonders ertragreich.

Rally Jahresende

Natürlich stellt man auch an der Wall Street die Frage nach den Gründen für diese so gehäuft auftretende Rally zu Jahresende. Dafür werden viele Möglichkeiten genannt – ob es der Optimismus für das kommende neue Jahr ist, die Urlaubsausgaben, die Händler im Urlaub, Großanleger, die ihre Bücher umstellen, oder die Weihnachtsstimmung, letztendlich glauben die Bullen an den Weihnachtsmann.

Die nach Börsenstatistik gierenden Amerikaner haben weiters untersucht, wie die Santa Claus Rally seit dem Jahr 2000 ausgefallen ist und vor allem, was dann in der Folgezeit geschah, falls diese Rally einmal ausgefallen ist. Eine fast schon „todsichere“ Baisse im Monat Januar.

Aktienmärkte Jahresende und Januar

Deshalb hatte der legendäre Yale Hirsch auch den Spruch geprägt:

„If Santa should fail to call, bears may come to Broad and Wall.” Broad and Wall deshalb, weil die New York Stock Exchange an der Ecke von Broad und Wall Street liegt. Auf alle Fälle ist es anscheinend ein deutliches Warnzeichen, nicht nur für den Januar, sondern auch für das Gesamtjahr, sollte die Investoren gerade um den Jahreswechsel hinweg der Optimismus für die Aktienmärkte verlassen.

Fazit

Die letzten Tage eines sehr erfolgreichen Börsenjahres sind angebrochen – auf Indexebene, denn viele Investoren, die sich der Einzelanlage von Aktien gewidmet haben, dürften ein anderes Fazit ziehen. Schließlich liegen beim Russell 3000 die Aktien im Durchschnitt bereits 30 Prozent im Minus, von ihrem Kurshoch betrachtet. Die Indizes verfälschen das Bild, allen voran der Nasdaq und der S&P 500: Nach 28,88 Prozent im Jahr 2019, 16,26 Prozent 2020, jetzt schon wieder 25,82 Prozent, eine unglaubliche Serie, trotz Pandemie, Rezession, Lieferengpässen und Inflation. Es waren natürlich die großen Tech-Titel, wie diese bisherige Jahresübersicht beim S&P aufzeigt.

Apple und Co Performance

Aber schon die erste Woche des Jahres wird zeigen, ob die Großanleger nach Realisierung der Gewinne zum Jahresultimo nicht doch wieder einmal an die Gesetze der Schwerkraft an der Börse denken, speziell beim Nasdaq 100, bei den Big Seven mit ihren vierstelligen Kursgewinnen im Zyklus seit der Finanzkrise. Das Thema des monetären Klimawandels ist nicht vom Tisch, auch wenn er nach den ersten Schritten nicht so wie befürchtet ausfallen sollte.

Die Aktienmärkte könnten wieder einmal auf die Fundamentalsituation der Unternehmen achten, auf die Abdiskontierung künftiger Gewinne und Ähnliches, der Januar dürfte es bereits zeigen. Aber vorher gilt es die Schäfchen (und die Boni) ins Trockene zu bringen, in einer Santa Claus Rally. Allein der Bankenriese JP Morgan wird das Jahr 2021 mit 45 Milliarden Dollar Nettogewinn abschließen (bis 2018 hatte man nicht einmal 25 Milliarden geschafft), dem höchsten Ergebnis aller Zeiten und entsprechenden Boni. Aber dann?

In internen Runden sind die Führungskräfte der Geldinstitute skeptisch, so wie der ehemalige Goldman Sachs-Direktor Christopher Flowers: Sein Statement: „Die Wall Street weiß, dass ein Großteil ihres Gewinns aus spekulativem Unsinn kommt, wie zum Beispiel die Flut an Zweckgesellschaften – oder SPACs –, die Führungskräfte und einige Banker reich machen, wenn sie auf den Markt drängen.“ Auch dies dürfte sich ändern.



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