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Aktienmärkte: Ist das Beste bereits eingepreist – sell on good news?

Aktienmärkte - alles schon eingepreist?

Aktienmärkte versuchen ständig die Entwicklung der mittleren Zukunft (6-12 Monate) zu antizipieren. Deshalb ist ein Soll-Ist-Vergleich der aktuellen Wirtschaftsdaten und des Aktienmarktes eigentlich sehr oft sinnlos.

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Aber eines ist in den letzten Jahren sehr oft zu beobachten gewesen: Gibt es ein saisonales Muster, so funktioniert dies beim nächsten Mal nicht mehr, die Algos wurden vorher mit der Faktenlage gefüttert. So auch in der 2. Junihälfte, die eigentlich eine der schlechtesten Perioden des Jahres sein sollte – aber sie wurde dann eine der Besten. Hat man damit die saisonal typische gute Entwicklung der ersten Juli-Hälfte vorweggenommen und befinden wir uns damit im berühmten Sommerloch, welches nie genau zu terminieren war?

Aktienmärkte: Die kommende Berichtssaison und Inflation

In selten gesehener Heftigkeit wurden im Jahr 2021, der Phase des großen Reopenings, die Gewinne der S&P 500- Unternehmen nach oben revidiert. Nachdem man schon im ersten Quartal mit einem Gewinnanstieg von über 50 Prozent überrascht worden ist, sollen es jetzt im zweiten Vierteljahr sogar über 60 Prozent werden.

Dabei hat sich aus dem global synchronen Wirtschaftsaufschwung großes Bremspotenzial entwickelt: Lieferketten sind massiv gestört, wie es in der Automobilindustrie ganz besonders deutlich wird, da man wegen Chipmangel die Produktion teilweise stilllegen muss.

Außerdem wird die Inflation bei den Produzentenpreisen auf die Marge gehen. Sind daher die Erwartungen für Q2 zu hoch und vor allem – was noch wichtiger ist – wie wird dies die Aussichten auf den Rest des Jahres beeinflussen?

Weil die Aktienmärkte eben in die Zukunft blicken, die Anleihekurse zeigen es an – und die Federal Reserve könnte recht haben mit ihrer „Transitory-Theorie“ (aber anders, als sie sich das vorgestellt hat).

Die Theorie einer Stagflation halte ich übrigens in diesem Zusammenhang auch nicht für besonders wahrscheinlich. Aus folgenden Gründen: Wenn sich die Nachfrage nur etwas zurückbildet, wird die jetzt hoch gefahrene Produktion rasch zu einem Überangebot und damit zu sinkenden Preisen führen (Just-in-Time-Fertigung).

Der Inflationsvergleich mit den 1970-er-Jahren hinkt, weil es damals einen echten Mangel gab – der Schmierstoff der Welt, das Rohöl und die Monopolstellung der arabischen Staaten, die mit dem damaligen Boykott die westliche Welt in die Zange nahmen. Eine Unterversorgung, die auf Jahre nicht ausgeglichen werden konnte.

Das zweite Argument sind steigende Löhne, die aber nur dann zur Gefahr werden, wenn sie nicht zurückgenommen werden können. Weil es eben starke Gewerkschaften gibt. Wie soll eigentlich eine Lohndivergenz in den USA Bestand haben, wenn ich in einer Fast-Food-Kette den Neueinstellungen 20 Dollar Stundenlohn anbiete, während ich den Altbeschäftigten aber nur 12 Dollar bezahle?

Was bedeutet der starke Rückgang der 10-Jährigen?

Geradezu unheimlich ist der Fall der langfristigen Zinsen in den USA. Eigentlich schon seit Ende März, aber gewaltig beschleunigt in den letzen Tagen, von 1,43 auf gestern 1,25 Prozent im Tief. Während es im April noch eine Folge einer gewaltigen Fehleinschätzung von Investoren bezüglich weiter steigender Zinsen war (Short Squeeze), so herrscht jetzt regelrechtes Rätselraten. Ein Fall wie der sprichwörtliche Stein, obwohl es von der Federal Reserve keine neue Verlautbarungen gegeben hat.

Ist es China, mit seinen Maßnahmen zur Konjunkturankurbelung, sind es die asiatischen Länder mit den neuen Virusausbrüchen, sind es allgemeine Sorgen über die Gewinne der S&P 500 Unternehmen, die die Erwartungen nicht einhalten können? Hier ein Überblick, wie gigantisch die Quartalsgewinne für 2021 im Vergleich zu den Vorjahren ausfallen sollen.

Oder waren die gefallenen Zinsen schon wieder ein Short-Covering, weil große Investoren auf steigende Zinsen gewettet haben? Nach Berechnungen von JP Morgan sind in den letzten fünf Monaten nur Staatsanleihen im Wert für 13 Milliarden Dollar auf den Markt gekommen. Die US-Regierung konnte sich eines Billionen Dollar schweren Guthabenkontos bei der Fed bedienen, welches man im Corona-Jahr angelegt hatte. Außerdem habe die Fed in diesem Zeitraum für 330 Milliarden Dollar Staatsanleihen vom Markt genommen. Dies alles wären wieder Gründe für eine Fehlspekulation der Märkte, aber zugleich für einen baldigen Wiederanstieg der Renditen.

Jetzt herrschen große Lieferschwierigkeiten, es könnte zu Enttäuschungen kommen. Die Aktienmärkte zeigen es aber auch schon an: Der Reflation-Trade stockt, man preist Peak Konjunktur ein, seit Anfang Mai ist der Russell 1000 Growth um 13,5 Prozent gestiegen, die konjunktursensitiven Value-Titel des Index gerade mal um 1,5 Prozent – Stand 7.Juli.

Auf alle Fälle sind die Rückgänge bei den Renditen in vielen Ländern aber auch kein Zeichen dafür, dass es mit der Inflation noch längere Zeit nach oben gehen könnte – eher von Peak Inflation.

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1 Kommentar

  1. Lieber Herr Müller, Sie haben mehr Fragen als Antworten in ihrem Artikel. Bezeugt für mich die Redlichkeit Ihrer Bemühungen Licht ins Dunkel zu bringen.
    Wenn es zu verwirrend wird sollte man sich vielleicht vom Tagesgeschäft lösen und sich einiger Basiserkenntnisse erinnern die mehr als „75 %“ Eintreffwahrscheinlichkeit haben.

    1. Der Investor hat einen zu kleinen Erkenntniswinkel. Er vergißt den Staat als bewahrende Kraft mit seiner Machtfülle die er auch ausspielt wenn es sein muß.

    2. Der Investor schaut zu sehr auf die Reaktion der anderen, auch gegen seine Überzeugungslage. 2007 wurde zunehmend und immer dringender auf die Immokrise hingewiesen. Reaktion zunächst: „Warum soll ich rausgehen wenn’s andere auch nicht tun?“
    Solche Dinge verzerren, verschieben die Zeitpunkte an sich notwendiger Marktreaktionen.

    3. Auf die Überreaktion auf Nachrichten bzw. das Hinterherinterpretiere haben Sie, wenn ich mich recht entsinne, auch schon oft hingewiesen.

    4. Etwas ketzerisch: Niemanden interessiert die Wirtschaft wirklich. Der einzige Fokus des Investors ist sein Gewinn. Wirtschaftsbetrachtungen sind nur das Mittel zum Zweck.
    Das führt zur These daß es im Grundsatz nur um den Kampf zwischen Gier und Angst geht, begleitet von Massenphänomenen. Eigentlich braucht man Wirtschaftsnachrichten kaum.

    Es ist wie in der Steinzeit. Du hast Angst ein Feind kennt deine Höhle, Panik ergreift dich und du packst deine Sachen und haust ab. Du hast Angst vor Verlusten und haust auch ab.

    5. Ob du heute an der Börse Angst hast, unsicher bist oder dich die Gier beherrscht ist manipulierbar, auch dadurch welchen input du zuläßt.

    6. In Communities, Foren usw. herrscht oft ein freundschaftlicher Ton, man tauscht sich aus, berät andere usw. obwohl der Gewinn der Verlust des anderen ist und umgekehrt.

    Momentane Situation: Corona hat riesigen Schaden angerichtet, zunächst zu Lasten der Staaten, die zähneknirschend-überfreundlich zu Hilfe eilten.
    Die heute immer noch zähneknirschend-freundlich agieren um die Restaurierung nicht zu gefährden.
    Die aber auch schon die Weichen stellen (oder noch darüber nachdenken) wie sie sich das Geld zurückholen bzw. sich ihrer Corona-Schulden entledigen. Dabei weiß der Staat daß er in Ländern mit hoher Aktienbedeutung wie USA vorsichtiger vorgehen muß.

    Unter dem Strich werden die Bürger zur Kasse gebeten werden, in irgendeiner Form. Anders geht es gar nicht. Das ist aber auch das Einzige was feststeht.
    Es wäre sogar denkbar nach meiner Ansicht daß die Realinflation 3 % beträgt (gut für Staatsentschuldung) und die Aktien trotzdem steigen. Weil sich jeder in Aktien als Werterhalt oder Wertzunahme flüchtet. Und sich reine Buchgewinne 10 Jahre lang halten. Weil zu Wenige die Buchgewinne realisieren.

    Letzter Erkenntnisgewinn: Börse hat entgegen allgemeiner Annahme vielleicht doch was mit Roulette zu tun. Glücksache. Trotz der Hoffnung das Geschehen rational begreifen zu können.
    Trotz aller meiner geäußerten Basiserkenntnisse. Das einzige was ich weiß ist daß ich …

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