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Aktienmärkte: War es das bereits mit der Jahresendrally 2020?

War es das schon mit der Jahresendrally der Aktienmärkte, sind die Bücher schon geschlossen, versucht man das Jahresergebnis über die Zeit zu retten?

Die Aktienmärkte kamen in der letzten Woche nicht mehr so richtig von der Stelle, der deutsche Leitindex ließ sogar etwas Federn (minus 1,4 Prozent). Eigentlich nichts Ungewöhnliches für diese Periode, zumal man auch die große Kursentwicklung im November und den extremen Optimismus vieler Investoren abbauen muss, erkennbar am Angstbarometer Fear&Greed, welcher längere Zeit im Giermodus über 90 Punkten notierte. Aber war es das schon mit der Jahresendrally der Aktienmärkte, sind die Bücher schon geschlossen und versucht man das Jahresergebnis über die Zeit zu retten? Hierzu ein paar Gedanken.

Aktienmärkte: Der zweite Dezemberabschnitt, Zeit zur Muße?

Können die große Investoren einfach die Bücher Mitte des Monats schließen, um dann in den Weihnachtsurlaub zu gehen? Eigentlich nicht, denn wenn man nur an den Dezember 2018 denkt, mit dem gewaltigen Kursrutsch bis Weihnachten, hätte man die 180-Grad-Wende der Aktienmärkte durch Jerome Powells Rede verpasst und damit die einsetzende deutliche Gegenbewegung in den letzten Tagen des Jahres. Vom Tief an Heiligabend ein Kursanstieg bis Silvester von immerhin über sechs Prozent. Gut, das war eine besondere Situation, ein Game Changer in der Zinspolitik, aber ist das Coronajahr mit seinen Achterbahnfahrten nicht auch etwas ganz Besonderes für viele aktive Fonds?

Aktuell stehen in der nächsten Woche noch zwei wichtige Termine auf dem Kalender, mit dem Potenzial größerer Kursausschläge: Der Notenbankentscheid der Federal Reserve am 16. und der große Verfallstag am 18. Dezember.

Hat sich in der letzten Woche viel geändert hinsichtlich der be- und entlastenden Faktoren für die Aktienmärkte?

Die „Headwinds“ und „Tailwinds“

Derzeit ist es gar nicht so einfach bremsende und unterstützende Faktoren zu identifizieren, weil es zwei Elemente gibt, die fast jedes Ereignis der Gegenwart minimalisieren: Die Impfstoffgeschichte und die weiter fließende Geldflut der Notenbanken.

Belastend wirken dürfte zunächst der harte Lockdown über die Weihnachtstage werden, der für weitere wirtschaftliche Einbußen sorgen wird und damit für das Quartal Q4 2020. Hat die deutsche Börse am Freitag schon den Sonntagsbeschluss eingepreist? Weiters wird ein Scheitern der Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien in den nächsten Tagen immer wahrscheinlicher. Auch wenn die Unternehmen viel Zeit hatten, sich auf diese Situation einzustellen, hofft man immer noch auf eine Lösung. Der starke Euro verschlechtert zudem die Erträge für die exportorientierte Industrie in Deutschland. In jedem Fall käme es ab 1. Januar erst einmal zu einem ziemlichen Chaos an der britischen Grenze, sowohl am Kanal als auch an den Häfen. Staus und 10 Prozent Zoll auf Personenkraftwagen und 22 Prozent auf Nutzfahrzeuge.

Ein weiterer Gegenwind für die Aktienmärkte ergibt sich aus dem Anstieg der Coronazahlen, in Deutschland, in Europa, in den USA, aber selbst in Ländern wie Südkorea oder Israel. Es ist wie bei einem Jo-Jo, sobald die Kontaktbeschränkungen gelockert werden, oder die Menschen sich wieder mehr treffen, springt die Infektionsrate sofort in die Höhe.

In den USA hat sich die extreme Börsenlage noch nicht entspannt, manch ein Exzess hat sich sogar noch verstärkt. So wie die astronomischen Bewertungen bei den Börsengängen von Airbnb oder Doordash. Der extrem hohe Optimismus, erkennbar am Fear&Greed-Index, hat sich zwar auf 76 Punkte verringert, liegt aber immer noch im Bereich extremer Gier.

Entlastend oder belastend?

Obwohl die EZB mit ihren Beschlüssen – Erhöhung des Anleihekaufprogramms PEPP um 500 Milliarden Euro und Verlängerung bis März 2022 -, eigentlich für einen Schub der Aktienmärkte hätte sorgen sollen, ist dieser ausgeblieben – man hatte es schon eskomptiert. Was passiert nach der Fed-Sitzung am Mittwoch in dieser Woche? Klar ist die US-Notenbank wesentlich Börsen-erfahrener und auch -affiner als die EZB, dennoch könnte es nach den großen Aktiengewinnen seit November zu Gewinnmitnahmen kommen. Zu positiven Marktreaktionen sollte es natürlich kommen, wenn man sich doch noch zu einem Stimulusprogramm einigen könnte, auch ist heute wieder „Impfstoffta“. Dieses Mal mit einer neuen Komponente – den Startsignalen für die größte Impfaktion in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

Und dann haben wir in dieser Woche noch den großen Verfallstag am Freitag. Ich habe schon vor zwei Wochen auf die große Bedeutung für die Aktienmärkte in diesem Quartal hingewiesen, mit der größten Call-Spekulation seit Jahren, fehlenden Absicherungen und dem Zwang der Market Maker sich die Basiswerte trotz hoher Bewertungen ins Depot zu holen. Aber wird man bis Freitag mit den Glattstellungen warten? Sicherlich nicht, auch dürften manche Kontakte in das neue Jahr „gerollt“ werden, es gibt auch noch so etwas wie die Santa Claus Rally über Neujahr hinaus?

In Deutschland gibt es in dieser Woche noch ein sehr bedeutendes Datum. Was macht der neueste Ifo-Index? Er ist seit seinem Hoch im September mit 93,2 Punkten schon zweimal gefallen – auf 92,5 und dann auf 90,7 Punkte. Sollte er ein drittes Mal fallen, spräche man von einem Trend und eine Double-Dip-Recession für Deutschland würde wahrscheinlicher, zumindest für das nächste Quartal. Oder haben die 7000 Unternehmenslenker schon die Aussichten für die nächsten sechs Monate auf die Impfstoffhoffnung angepasst?

Fazit

Irgendwie hat sich schon ein eigenartiges Gleichgewicht an den Märkten herausgebildet, Positives und Negatives hält sich ein wenig die Waage. Oder, wie es Börsenanalyst Robert Halver in seiner bildhaften Sprache umschrieben hat, „die Börsen befinden sich in einer stabilen Seitenlage“.

Aber es gibt in den letzten 11 oder 14 Handelstagen (Deutschland und USA) noch einige Ereignisse mit Kursrelevanz: Re-Belancing Anleihen – Aktien, Kontraktschließungen (Verfallstag), Branchenrotation, Window Dressing oder was man sonst noch alles machen kann zum Jahresausklang inmitten eines Lockdowns in vielen westlichen Ländern.

Große Einbrüche der Aktienmärkte sind eher nicht zu erwarten, angesichts der vielen Investoren, die bereits schon einige Prozente tiefer in den Markt wollen, wie es verschiedene Sentimentauswertungen zeigen. Aber wie viele aktive Fondsmanager müssen noch in den Markt, weil sie hinter der Benchmark liegen und auch nicht die richtigen Werte im Depot haben? Von einem zwingenden Ausbalanzieren der Aktien/Anleihequoten bei Mischfonds sehe ich in Deutschland keine allzu große Notwendigkeit: Der Eröffungskurs des Dax im Jahr 2020 lag bei 13.249 Punkten, sein Schlusskurs am Freitag bei 13.114 Punkten. Die Hoffnung auf eine Jahresendrally der Aktienmärkte schwindet, heißt es in manchen Marktkommentaren, aber beerdigen sollte man sie deshalb dennoch noch nicht. Das Potenzial dürfte aber begrenzt sein, der November hat Vieles vorweggenommen.

Ist die Jahresendrally der Aktienmärkte schon im November gelaufen?



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