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Minsky-Moment Allianz-Chefvolkswirt warnt vor Gefahr eines neuen “finanziellen Unfalls“

Laut dem Chefvolkswirt der Allianz besteht die Gefahr neuer "finanzieller Unfälle". Es geht um stark schuldengehebelte Finanzmärkte.

Was hat man schon gesehen? Ab 2007 war es der US-Immobilienmarkt, der die US-Finanzkrise 2008 auslöste. Dann gab es die Euro-Staatsschuldenkrise, dann 2020 Coronakrise, dann die Inflation, und dann den Ukraine-Krieg. Immer wieder gibt es Ereignisse, die von der breiten medialen Öffentlichkeit und auch von der breiten Masse der „Experten“ nicht vorhergesehen werden, oder auch einfach nicht vorhergesehen werden können (siehe Corona). Wobei gerade die höhere Inflation von einem Teil der Analysten- und Ökonomengemeinde sehr wohl prognostiziert wurde. Und so ist es auch heute mit dem Blick auf womöglich weitere anstehende „finanzielle Unfälle“.

Wird es weitere Zusammenbrüche bei US-Banken geben? Diese Krise läuft seit zwei Monaten? Crashen zahlreiche übermäßig engagierte Hedgefonds, die voll auf Kredit zocken? Stürzen verbriefte Kreditpakete für Firmenübernahmen in sich zusammen? Bricht der Markt für Gewerbeimmobilien zusammen? Vor allem in den USA ist das eine Gefahr. Anleger an den Finanzmärkten sollten sich nach Ansicht des Chefvolkswirts der Allianz auf monatelange Marktanpassungen einstellen, die von der Gefahr eines neuen “finanziellen Unfalls” überschattet werden. “Wir haben alle Zutaten für einen so genannten Minsky-Moment”, so erklärte es Ludovic Subran heute bei Bloomberg TV. Der Ökonom Hyman Minsky hatte Situationen beschrieben, in denen stark schuldengehebelte Finanzmärkte jäh zusammenbrechen. “Man sieht das überall, diese Liquiditätspools oder Liquiditätsengpässe werden langsam sichtbar.”

Seit die Krise der Regionalbanken in den USA andauert, haben sich bereits andere in dieser Hinsicht geäußert. Subrans Ausführungen unterstreichen jedoch, dass die Umstände, die in den USA zur panischen Anlegerflucht aus Bankaktien geführt und in Europa den Zusammenbruch der Credit Suisse eingeläutet hatten, nicht verschwunden sind. “Natürlich sind die Gewerbeimmobilien und der Teufelskreis mit den Regionalbanken in den USA besorgniserregend”, erklärte er. “Ich bin besorgt über die falsche Bewertung von Unternehmenskreditrisiken — vor allem wenn man sich anschaut, dass die Risikoprämien für Hochzinsanleihen immer noch zu zu klein sind, um ehrlich zu sein. Für mich stehen zudem die Finanzintermediäre außerhalb des Bankensektors im Fokus.”

Zu den aktuellen Spannungen habe die globale geldpolitische Wende hin zu aggressiven Zinserhöhungen geführt (siehe EZB und Fed), so Subran, der früher bei der Weltbank und im französischen Finanzministerium arbeitete. Es stecke jedoch noch mehr dahinter. “Die sehr abrupte Straffung ist für jeden ein Problem. Doch es gibt zudem noch die Ebene des falschen Risikomanagements. Ein neuer finanzieller Unfall könnte aus dem Bankensektor kommen, aber auch von einigen sehr stark auf Gewerbeimmobilien spezialisierten Hedgefonds”. Möglich sei aber auch ein Problem, dass sich aus einer Mischung dieser beiden Faktoren ergebe.

“Wir glauben nicht, dass wir uns in einer Neuauflage der globalen Finanzkrise befinden”, so der Allianz-Chefökonom. “Doch ich denke, diese Momente der Entladung, der Katharsis werden in den nächsten Monaten mit Sicherheit häufiger werden.“

FMW/Bloomberg

Vermietungsschild für Immobilien in San Francisco
Vermietungsschild für Immobilien in San Francisco. Photographer: Jason Henry/Bloomberg


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2 Kommentare

  1. Ja, der Allianz-Chefvolkswirt wird sich wohl Gedanken darüber machen, wie er seinen Kunden erklären soll, dass die Auszahlungen der Lebensversicherungen zwar nominal vielleicht in der erwarteten Höhe erfolgen wird, aber kaufkraftmäßig in den letzten 2 Jahren etwa 14% verloren hat. Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange.
    Wer in 5 oder erst 10 Jahren die Auszahlung der LV für eine größere Investition vorgesehen hat, sollte mal nachrechnen.

    Viele Grüße aus Andalusien
    Helmut

  2. “Wir glauben nicht, dass wir uns in einer Neuauflage der globalen Finanzkrise befinden”, so der Allianz-Chefökonom. “Doch ich denke, diese Momente der Entladung, der Katharsis werden in den nächsten Monaten mit Sicherheit häufiger werden.“

    1. Der Allianz kann man schon mal zuhören,die haben durchaus gute Leute da im Laden.
    2. Die Großen saugen die Kleinen auf,so weit so gut.
    3. Der schwarze Schwan wird aber eine fallender Großer sein .Mit richtig open Netto-Gegenparteirisiko.

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